Die Hasselblad Foundation vergibt ihren mit 2.000.000 SEK (knapp 180.000 Euro) dotierten Award in diesem Jahr an Ingrid Pollard. Die Preisträgerin des Hasselblad Award 2024 nutzt in ihrer vier Jahrzehnte währenden Praxis die Fotografie, um tief verwurzelte soziale und kulturelle Konstruktionen hinter Rasse, Identität, Gemeinschaft und Geschlecht zu hinterfragen.
Ingrid Pollard ist eine führende britische zeitgenössische Fotografin und Künstlerin. Sie wurde 1953 in Georgetown, Guyana, geboren und wuchs in London auf. Derzeit lebt und arbeitet sie in Northumberland im Nordosten Englands.
In ihren Arbeiten hinterfragt und erforscht Pollard Aspekte von Rasse und Kolonialismus, die häufig auf ihren Erfahrungen und Recherchen beruhen. Ihr besonderes Interesse gilt der Frage, wie sich diese Themen in städtischen Räumen und Landschaften manifestieren. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht ein grundlegendes Interesse an der Fotografie, an ihren technischen Aspekten, ihrer Materialität und ihrem Potenzial sowie an ihrer historischen Verwendung bei der Ausübung von Kontrolle und Macht.
Ingrid Pollards fotografische Laufbahn begann in den frühen 1980er Jahren. In dieser Zeit arbeitete sie im Lenthall Road Workshop in East London, der Kurse in Siebdruck und Fotografie anbot. Die Organisation richtete sich sowohl an Mitglieder der lokalen Gemeinschaft als auch an politische Aktivisten, unter anderem aus feministischen, antirassistischen und LGBTQI-Kreisen. Sie wurde zu einem wichtigen kreativen Zentrum, in dem missachtete Menschen sich Gehör verschaffen konnten. Ingrid Pollard beschrieb die fotografische Arbeit in der Organisation als ein politisches Handwerk. Ihre Erfahrungen im Lenthall Road Workshop und ihre Lehrtätigkeit in verschiedenen Ad-hoc-Gruppen und Universitäten legten den Grundstein für ihre Auseinandersetzung mit der Geschichte der Fotografie und der experimentellen Bildgestaltung. Ihre künstlerische Methode verbindet autobiografische Erzählungen mit Bildern und Texten, Geschichte und Theorie in Werken, die sich mit der zeitgenössischen Welt auseinandersetzen.
Die Jurybegründung: „Durch ihre Auseinandersetzung mit der britischen Landschaft, Ikonografie und Identität deckt Ingrid Pollard subtile und offensichtliche Ungerechtigkeiten auf und hinterfragt das Medium der Fotografie und seine Geschichte. Formal kombiniert sie in ihren Arbeiten Porträts, gefundenes Archivmaterial, Objekte und Texte zu komplexen Installationen. Die in Guyana geborene und in Großbritannien aufgewachsene Künstlerin hat sich sowohl in ihrer künstlerischen Praxis als auch als Dozentin für Fotografie immer wieder mit der Kolonialgeschichte und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft auseinandergesetzt. Ingrid Pollard hat einen tiefgreifenden Einfluss auf jüngere Generationen von Künstlern und Denkern.“
Ingrid Pollard: „Den Hasselblad Award zu erhalten, ist eine große Ehre. Er kommt zu einem Zeitpunkt in meinem Leben, an dem ich schon recht reif bin, und er gibt mir die Möglichkeit, jüngere Fotografen und Forscher zu unterstützen, was ich auch tun möchte. Ich wünsche mir, dass der Preis über mich hinausgeht.“
Die Preisverleihung an Ingrid Pollard findet am 11. Oktober 2024 in Göteborg, Schweden, statt. Am selben Tag wird im Hasselblad Center eine Ausstellung mit Ingrid Pollards Werken eröffnet und eine neue Publikation über die Künstlerin veröffentlicht. Im Rahmen des Besuchs von Ingrid Pollard in Göteborg soll außerdem ein Workshop mit ihr und ein Konzert der Göteborger Symphoniker, dem schwedischen Nationalorchester, stattfinden.
Die von der gleichnamigen Firma vollkommen unabhängige Hasselblad Foundation wurde 1979 auf der Grundlage des Testaments von Erna und Victor Hasselblad gegründet. Der Zweck der Stiftung ist die Förderung der wissenschaftlichen Ausbildung und Forschung in den Bereichen Fotografie und Naturwissenschaften. Der jährlich von der Stiftung verliehene internationale Preis für herausragende Leistungen in der Fotografie gilt als einer der renommiertesten Fotografiepreise weltweit. Die Stiftung besitzt eine Fotosammlung mit Schwerpunkt auf Hasselblad-Preisträgern und nordischen Fotografen. Das Hasselblad Center ist der Ausstellungsraum der Stiftung, der sich im Kunstmuseum Göteborg befindet. Jedes Jahr werden Stipendien für die fotografische Förderung vergeben, und die Stiftung selbst engagiert sich im Bereich der akademischen und künstlerischen Forschung durch die Veröffentlichung von Büchern, Symposien und die Zusammenarbeit mit schwedischen und internationalen Universitäten.
https://www.hasselbladfoundation.org/en/hasselblad-award-winner-2024/