Maryam Jafri (* 1972, Karatschi, Pakistan) und Ian Waelder (* 1993, Madrid, Spanien) sind die diesjährigen Preisträger des Förderstipendiums der Kunststiftung DZ BANK.
Das einjährige Stipendium von insgesamt 12.000 Euro bietet den Geförderten die Möglichkeit, intensiv an ihren Projekten zu arbeiten. Im Herbst 2024 werden die entstandenen Arbeiten für die Sammlung erworben und in der Ausstellungshalle der Kunststiftung DZ BANK erstmalig der Öffentlichkeit vorgestellt. Thematisch erweitert wird die Präsentation mit Ankäufen vorhandener Werkgruppen von Heba Y. Amin, Adam Harrison und Barbara Proschak. Alle ausgewählten Künstlerinnen und Künstler eint die Betrachtung gesellschaftlich relevanter Themen, die sie anhand von vorgefundenem fotografischem Material in ihren Werkreihen verarbeiten und dabei die Grenzen zwischen den Gattungen aufbrechen.
Maryam Jafri (* 1972, Karatschi, Pakistan) arbeitet medien- und gattungsübergreifend in Fotografie, Video, Skulptur und Performance. Ihre künstlerische Praxis gründet in einem kulturanthropologischen Interesse an unterschiedlichsten Gegenständen, wie Objekten der Pop- und Konsumkultur oder historischen Fotografien, die sie in Bildarchiven recherchiert. Durch künstlerische Strategien der Aneignung und Rekontextualisierung integriert sie diese Objekte in ihr Werk und öffnet sie für neue Lesarten. Maryam Jafris oft szenografisch anmutende Anordnungen zentrieren nicht das ästhetische Objekt, sondern die Fragestellungen, die an ihm verhandelt werden – die rechtlichen, ökonomischen und ethischen Verstrickungen von Bildkulturen, das Verhältnis von Kapital und Macht oder die Bezüge von Dekolonialsierung und Dekarbonisierung. In ihrer Projektarbeit für die Kunststiftung DZ BANK wird sich die Künstlerin mit kollektiver mentaler Gesundheit der Menschen, aber auch der Erde beschäftigen. Dafür verbindet sie vorgefundene Fotografien mit skulpturalen Elementen, um den Bildern eine körperliche Qualität zu verleihen. Maryam Jafri lebt und arbeitet in Kopenhagen, Dänemark und New York, USA.
Ian Waelder (* 1993, Madrid, Spanien) beschäftigt sich in seinem vielschichtigen Werk mit dem Potenzial von Fotografie als Medium der Erinnerung. In den letzten Jahren hat er eine Serie von Werken geschaffen, die sich der Geschichte seines Großvaters Friedrich Wälder – einem jüdisch- deutschen Pianisten und Fotografen – widmet, der in den 1930er Jahren nach Chile floh. Mit dem Förderstipendium der Kunststiftung DZ BANK plant der Künstler in Zusammenarbeit mit dem chilenischen Historiker Camilo Araya Fuentes, das fotografische Archiv seines Großvaters zu digitalisieren und dieses als Ausgangspunkt für eine Serie von neuen Werken zu verwenden, die sich in Sound, Fotografie und einer skulpturalen Installation manifestieren sollen.
Durch Ian Waelders sensibles Gespür für Archivmaterial schafft er es, Werke mit komplexen Themen entlang von Fragen nach Identität, Migration und Erinnerungskultur zu kreieren, die nicht nur visuell beeindrucken, sondern die Betrachtenden auch auffordern, ihre eigene Position in bestehenden Systemen von Macht und Unterdrückung zu hinterfragen. Der Künstler lebt und arbeitet in Frankfurt am Main.
Heba Y. Amin (* 1980, Kairo, Ägypten) bezieht sich in ihren medienübergreifenden und recherchebasierten Werken ebenfalls auf historische Fotografien, die sie durch Nachweben des Motivs als Teppich oder in Form von Miniaturmodellen in installative Formate überführt. In diesen medialen Transformationen werden kulturelle und historische Narrative für postkoloniale Perspektiven eröffnet. Die Künstlerin lebt und arbeitet in Berlin und Stuttgart.
Adam Harrison (* 1983, Vancouver, Kanada) ist seit 2013 Teil des Kollektivs Studio for Propositional Cinema. Das Kollektiv, bestehend aus Künstlerinnen und Künstlern sowie Kuratorinnen und Kuratoren, widmet sich in unterschiedlichsten Aktionen, Publikations- und Ausstellungsformaten dem Ausloten der Möglichkeiten und Beschränkungen fotografischer und cinematischer Medialität. Dabei werden mitunter ungewöhnliche Wege verfolgt wie etwa der völlige Verzicht auf das Herstellen und Zeigen eines fotografischen Bildes und stattdessen das Verfassen und Ausstellen eines Manifests oder der spekulativen Überlegung »Was wäre, wenn Fotografie über Nacht verschwände?«. Wie lässt sich die Kulturtechnik der Fotografie mit möglichst einfachen Mitteln neu erfinden? Adam Harrison lebt und arbeitet in Berlin.
Barbara Proschak (* 1984, Eggenfelden, Deutschland) hat in den letzten Jahren einen gänzlich eigenständigen Bilderkosmos geschaffen, den sie immer weiter verdichtet. Sie überarbeitet Fotografien, um die so entstehenden Bilder erneut zu fotografieren. Die Bilder arrangiert sie zu Tableaus, die sie wiederum mit einer Kamera aufnimmt. So entstehen neue Formen einer Bildökonomie, die in ihrer Logik und Konsequenz beeindrucken. Barbara Proschak lebt und arbeitet in Leipzig.
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