Gemeinsam mit dem Museum Folkwang hat die Wüstenrot Stiftung vier Förderpreise für Dokumentarfotografie vergeben. Die vier Gewinner sind: Jana Bauch, Hochschule Düsseldorf, Marc Botschen, Hochschule für bildende Künste Hamburg, Ramona Schacht, Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig, und Dudu Quintanilha, Hochschule für Bildende Künste – Städelschule. Für den Preis, der jeweils mit 10.000 Euro dotiert ist, gingen in diesem Jahr 72 Bewerbungen von Absolventinnen und Absolventen deutscher Kunsthochschulen und fotografischer Ausbildungsstätten ein.
Die Mitglieder der internationalen Jury waren René Hartmann, Wüstenrot Stiftung, Ludwigsburg Anna Planas, Freie Kuratorin, Paris, Anne Rugt, Kuratorin, FOMU Fotomuseum Antwerpen, Thomas Seelig, Leiter Fotografische Sammlung, Museum Folkwang, Essen, und Joscha Steffens, Künstler, Preisträger DF13, Heidelberg/Amsterdam
Die Jury begründet ihre Auswahl wie folgt: „Die eingereichten Bewerbungen für die Förderpreise verdeutlichen einmal mehr das anhaltend starke Interesse an der Auseinandersetzung mit dem dokumentarischen Blick. Die prämierten Projektvorhaben zeichnen sich durch stringente politische Haltungen aus und finden ihre künstlerischen Ausdrucksformen in unterschiedlichen Variationen. Die Bandbreite reicht von Fotografien des Widerstands, Videodokumentationen von sozialen Zusammenkünften, bis hin zu Archiv- und Collage-Arbeiten sowie drucktechnischen Experimenten in Form von Zines und Installationen im Raum.“
Die Dokumentarfotografie Förderpreise werden seit 1994 alle zwei Jahre von der Wüstenrot Stiftung in Zusammenarbeit mit der Fotografischen Sammlung des Museum Folkwang ausgelobt. In diesem Jahr, in dem der Preis zum vierzehnten Mal vergeben wird, wurde die Ausschreibung erneut im Nominierungsverfahren durchgeführt. Hochschullehrerinnen und Hochschullehrer aller deutschen Universitäten und Akademien, die einen explizit dokumentarischen Ausbildungsschwerpunkt haben, wurden aufgerufen, Absolventinnen und Absolventen, deren Abschluss nach dem 1. Januar 2019 erfolgte, zu nominieren. Mit der Bewerbung wurde jeweils eine Dokumentation der Abschlussarbeit sowie ein neues Projektvorhaben eingereicht. Die Preise sind mit jeweils 10.000 Euro dotiert und ermöglichen die Realisierung des eingereichten Projektvorhabens. Nach Ablauf eines Jahres wird aus den Arbeitsergebnissen eine Wanderausstellung mit Begleitkatalog konzipiert. Ausstellung, Katalog und Tournee sind Teil des Förderpreises und werden in vollem Umfang von der Wüstenrot Stiftung getragen.
Die 1990 gegründete Wüstenrot Stiftung fördert Arbeiten von jungen Fotografinnen und Fotografen, die sich dezidiert mit den Darstellungsweisen einer wirklichkeitsorientierten Fotografie auseinandersetzen und dabei thematische Zielsetzungen und formale Aspekte in einen neuen Diskussionszusammenhang bringen.
Jana Bauch dokumentiert mit Ihrem Projekt Y-Topia die Protestbewegungen ihrer Generation, die der Auffassung ist, dass jetzt die letzte Möglichkeit besteht, der scheinbar unausweichlichen Klimakatastrophe entschieden entgegenzutreten. Wir begegnen in Ihren Arbeiten jenen jungen Menschen, die bereit sind, für uns und das Überleben unserer Welt, sowie für die Möglichkeit einer gerechteren Welt zu kämpfen.
Marc Botschen erforscht in seinen künstlerischen Prozessen, wie sich Identität bildet. Ausgehend vom Ahnenpass seines Urgroßvaters seziert er die Ideologien und Strukturen hinter Identität und Identifikation. Die Jury schätzt seine präzise Schichtung von Bildern und Text, die von der Buchseite bis zur Installation reicht. Seine offene Herangehensweise gibt dem Betrachter Raum, seine eigene Erzählung auf eine zum Nachdenken anregende Weise zu konstruieren.
Ramona Schacht erforscht mit My covered (fem) history archivarische Sammlungen der Textilindustrie und macht die Beziehung von Frauen zur Arbeitstätigkeit sichtbar. Ihre künstlerische Intervention konzentriert sich auf Körper, Gesten, Empfindungen und Erfahrungen. Schacht sieht ihre Arbeit als neue Form eines feministischen Manifests, das die weibliche Sozialisation und ihre Geschichte untersucht.
Eduardo Alcón „Dudu“ Quintanilha unternimmt in seinem Projekt An Unstable Group eine Recherche im Graubereich zwischen Realität und Inszenierung. Seine Gruppe setzt sich aus Menschen im Alter zwischen 60 und 75 zusammen, die allesamt Mitglieder eines Chores sind. Quintanilha beobachtet die Teilnehmer wie eine Theater- oder Therapiegruppe bei Ihren Proben zu einer „Beschwerde“. Quintanilha dokumentiert die Prozesse, die zur finalen Aufführung kommen und zielt dabei auf die persönlichen, sozialen und kulturellen Ebenen dieser „klagenden Erzählung“.
https://www.museum-folkwang.de/de
https://wuestenrot-stiftung.de