Neun deutsche Fotografen haben es bei den Sony World Photography Awards 2021 auf die Shortlist geschafft, Frank Machalowski steht in der Kategorie Architektur und Design sogar im Finale.
Die Sony World Photography Awards werden in diesem Jahr zum 14. Mal vergeben. Für die vier Wettbewerbe bei den Awards gingen über 330.000 Bilder aus 220 Ländern ein, davon mehr als 145.000 in den zehn Kategorien des Profi-Wettbewerbs – die bislang höchste Anzahl von Einsendungen.
In diesem Jahr wurde die neue Kategorie „Portfolio“ eingeführt, die den Fotografen die Möglichkeit gibt, Bilder einzureichen, die zwar aus verschiedenen Serien stammen, vom Stil und technischen Können her jedoch konsistent sind. Der Profi-Wettbewerb zeichnet Arbeiten aus, die durch ihre technische Brillanz beeindrucken und zeitgenössische Themen von einer neuen Seite beleuchten.
Der Gewinner des Titels „Photographer of the Year 2021“ wird aus den Finalisten des Profi-Wettbewerbs ausgewählt und am 15. April bekannt gegeben. Aus diesem Anlass wird am 15. April auf den digitalen Plattformen der World Photography Organisation ein Live-Stream übertragen, in dem die Gewinner präsentiert werden. Die Moderatoren sind die Kunsthistorikerin Jacky Klein und der Entertainer Nish Kumar.
Die Finalisten der Sony World Photography Awards 2021 und ihre Projekte sind:
Architektur & Design
In „Hymn of the Building Site“ (Hymne an die Baustelle) zeigt Gu Guanghui (China) Bilder von Baustellen in Ninghai, Provinz Zhejiang. Von oben aufgenommen, werden die Baugelände und Arbeiter auf abstrakte Formen reduziert. Einen abstrakten Ansatz verfolgt auch Frank Machalowski (Deutschland), dessen Serie „Meisterhäuser Bauhaus-Dessau“ einander überlagernde, durch Mehrfachbelichtungen erzielte Bilder von Walter Gropius‘ Meisterhäusern in Dessau umfasst. Tomáš Vocelka (Tschechien) fotografierte für sein Projekt „Eternal Hunting Ground“ (Ewige Jagdgründe) einen ehemaligen Militärkomplex, der von dem minimalistischen Architekten Petr Hajek in ein Tierkrematorium umgewandelt wurde.
Kreativ
Sasha Bauer (Russland) schafft aus Familienerbstücken visuelle Metaphern und erforscht ihre Familiengeschichte durch das Prisma des bewegten Lebens ihres Großvaters – von seiner Kindheit in einem Waisenhaus bis hin zu seinen Dienstjahren in der russischen Armee. Luigi Bussolati (Italien) zeigt in „Ampelio and I“ (Ampelio und ich) Fotografien aus einem alten Familienalbum, die auf Aufnahmen von Landschaften rund um Parma und die Po-Ebene projiziert wurden. Das Projekt entstand in Erinnerung an Bussolatis Onkel, der selbst ein leidenschaftlicher Fotograf war und sich 1942 das Leben nahm. In Mark Hamilton Gruchys (Großbritannien) „The Moon Revisited“ (Der Mond, neu betrachtet) wurden bisher unverarbeitete Fotos von den Apollo-Missionen der NASA und des JPL mit urheberrechtsfreien Bildern aus wichtigen Perioden der Geschichte kombiniert, von vergangenen Kriegen über die Pop-Art-Bewegung bis hin zur aktuellen Pandemie. Die so entstandenen Komposit-Fotografien setzen die unveränderliche Oberfläche des Monds in Kontrast zur pausenlosen Abfolge von Ereignissen auf der Erde.
Dokumentation
In „Thatcher’s Children“ (Thatchers Kinder) untersucht Craig Easton (Großbritannien) chronische Armut und die Auswirkungen der Sozialpolitik mehrerer aufeinanderfolgender Regierungen, wie sie von drei Generationen einer Familie im Norden Englands erlebt wurden. „The Killing Daisy“ (Das tödliche Gänseblümchen) von Vito Fusco (Italien) befasst sich mit dem Pyrethrum, auch als „Blume des Todes“ bekannt. Dieses zarte, aber für Insekten tödliche Gänseblümchen steht im Zentrum einer florierenden Bioinsektizid-Industrie in Kenia. Lorenzo Tugnolis (Italien) eindrucksvolle Serie „Beirut Port Explosion“ (Explosion im Hafen von Beirut) dokumentiert die Verwüstungen nach der Explosion, die im August 2020 Beirut erschütterte. Damals detonierten 2.750 Tonnen Ammoniumnitrat im Hafen der Stadt; Hunderte von Menschen wurden getötet und Tausende verletzt oder obdachlos.
Umwelt
Mohammad Hossein Madadis (Iran) „A City Under Dust Clouds“ (Eine Stadt unter Staubwolken) zeigt Stadtansichten von Ahvaz, einer der am stärksten luftverschmutzten Städte der Welt, überzogen von einer sepiafarbenen Wolke aus Staub und Schmutz. In „The Sea Moves Us, the Sea Moves Fuvemeh“ (Das Meer bewegt uns, das Meer bewegt Fuvemeh) bildet Antonio Pérez (Spanien) die Bewohner von Fuvemeh ab, einem kleinen Fischerdorf in Ghana, und stellt ihren Porträts Fotos ihrer verlassenen Häuser gegenüber, die aufgrund des steigenden Meeresspiegels und der Küstenerosion jetzt in Trümmern liegen. „Net-Zero Transition“ (Netto-Null-Umstellung) von Simone Tramonte (Italien) beschäftigt sich mit Island, das mittlerweile 100 % seines Stroms aus erneuerbaren Quellen erzeugt, als erfolgreiche Fallstudie für andere Nationen, die eine nachhaltigere Zukunft anstreben.
Landschaft
In „Silent Neighbourhoods“ (Stille Gegenden) präsentiert Majid Hojati (Iran) Landschaften rund um verlassene Gebäude, die in ihrer einsamen Stille auf poetische Weise die Geschichten derjenigen heraufbeschwören, die sie einst bewohnten. Zaïm von Andrea Ludovico Ferro (Italien) untersucht Vorstellungen von Ikonografie und Frömmigkeit, wie sie in den politischen Propagandapostern zum Ausdruck kommen, die die Stadtlandschaften im libanesischen Tripolis dominieren. „Volcano“ von Fyodor Savintsev (Russland) zeigt die leuchtenden Farben, die natürliche Vielfalt und die außerweltliche Atmosphäre des Vulkangürtels auf der Halbinsel Kamtschatka, Russland.
Portfolio
Der Fotojournalist Brais Couto (Spanien) präsentiert eine Reihe ergreifender und dramatischer Szenen, aufgenommen in und um seine Heimatstadt Ourense in der Region Galizien. Dabei setzt er sich mit lokalen Ereignissen und Themen auseinander, von den Auswirkungen der Pandemie über Waldbrände bis hin zum Karneval. In „Citizens of Tomorrow“ (Bürger von morgen) lässt die Kreativdirektorin und Fotografin Loli Laboureau (Argentinien) alltägliche, lebendige Straßenszenen aus der Welt, „wie wir sie kannten“, mit farbenfrohen und dramatisch inszenierten Porträts kontrastieren, die die „neue Normalität“ verkörpern. Die auf sozialdokumentarische Arbeiten und Porträts spezialisierte Fotografin Laura Pannack (Großbritannien) arbeitet in ihren Bildern, die aus einer Vielzahl persönlicher Projekte stammen, mit Symbolen und einer gedämpften Farbpalette, um die Persönlichkeit ihrer Sujets und deren Verletzlichkeit zu offenbaren.
Porträt
Craig Eastons (Großbritannien) zweites Projekt auf der Shortlist ist „Bank Top“, eine Kooperation mit dem Schriftsteller und Dozenten Abdul Aziz Hafiz, die die Darstellungen und Falschdarstellungen örtlicher Gemeinschaften in Nordengland untersucht und dabei speziell auf die Bewohner eines kleinen Viertels in Blackburn fokussiert. In „Looking Out from Within“ (Von drinnen nach draußen sehen) begab sich Julia Fullerton-Batten (Großbritannien) 2020 auf die Straßen ihres Stadtviertels im Westen von London, um ihre Nachbarn im Lockdown zu dokumentieren – akribisch in Szene gesetzt an den Fenstern ihrer Häuser, aus denen sie verloren hinausstarren. Inspiriert von John Houstons Film The Misfits (1961), bietet „Drag Queen Cowboys“ von Jane Hilton (Großbritannien) Schwarzweiß-Porträts von Drag Queen-Performern aus Las Vegas, aufgenommen in Western-Kostümen vor der Wüstenkulisse Nevadas.
Sport
In „Sport and Fun Instead of War and Fear“ (Sport und Spaß statt Krieg und Angst) stellt Anas Alkharboutli (Syrien) auf bewegende Weise Wasim Satots Karateschule für Kinder vor, die sich im Dorf Aljiina in der Nähe von Aleppo befindet. Jungen und Mädchen im Alter von 6 bis 15 Jahren, mit und ohne Behinderung, kommen dort zusammen, um gemeinsam die Traumata des Kriegs zu überwinden. „Iron Fit Kenya“ von Patrick Meinhardt (Spanien) zeigt Sportler aus ganz Ostafrika, die am zweiten Iron Fit Bodybuilding-Wettbewerb in Nairobi teilnehmen. Und Farzam Saleh (Iran) bildete in „Rooftops“ (Dächer) iranische Sportler ab, die sich während der Pandemie auf den Dächern ihrer Stadt fit halten.
Stillleben
Für die Schwarzweiß-Serie „Still Life Composition, shot on Wet Plate“ (Stilllebenkomposition, auf Nassplatte fotografiert) hat Peter Eleveld (Niederlande) mithilfe einer Großformatkamera und des Nassplatten-Kollodiumverfahrens Bilder von Glasvasen, Früchten und Blumen kunstvoll aufgenommen und entwickelt. „Volatile Interests“ (Flüchtige Interessen) von Alessandro Pollio (Italien) bietet eine visuelle Schilderung der häuslichen Umgebung des Fotografen, in der schlichte und oft humorvolle Kompositionen aus Lebensmitteln und Alltagsgegenständen an Tage erinnern, die in Abgeschiedenheit verbracht wurden. „Mexican Feast“ (Mexikanisches Fest) ist eine Hommage an das Essen und die handwerklichen Traditionen Mexikos: Mit Studioinszenierungen in einem kraftvollen, hell ausgeleuchteten Mix aus Farben und Texturen zollt Paloma Rincon (Spanien) ihren kulturellen Einflüssen Tribut.
Natur und Tierwelt
„Sea Drops“ (Meerestropfen) von Angel Fitor (Spanien) ist ein fotografischer Essay, der das Leben im Inneren von Meerwassertropfen erforscht. Mithilfe von Mikropipetten und einem selbst entworfenen Mikrostudio-Setup öffnet Fitor ein tropfenförmiges Fenster in die herrlich vielfältige Welt der Planktonarten. „Raw Nature“ (Unverstellte Natur) von Graeme Purdy (Großbritannien) fängt mit Nahaufnahmen, Luftbildern und Unterwasserfotos die ungezähmte, majestätische Schönheit wilder Tiere ein. „Locust Invasion in East Africa“ (Heuschreckeninvasion in Ostafrika) von Luis Tato (Spanien) dokumentiert eine zerstörerische Invasion von Wüstenheuschrecken in Ostafrika, die ganze Felder, Pflanzungen und Ernten vernichtet. Diese jüngste Heuschreckenplage war die schwerste, die die Region seit Jahrzehnten betroffen hat, zusätzlich verschlimmert durch die Covid-19-Beschränkungen, die die Lieferketten für Pestizide unterbrechen.
Mike Trow, Vorsitzender der Jury über die diesjährigen Finalisten und die Shortlist: „Die Integrität, Intentionalität und die wohldurchdachten Bearbeitungen in den diesjährigen Projekten haben die Jury zu Diskussionen angeregt und ihr hohe Wertschätzung abgewonnen. Die Fotografen haben sich den Herausforderungen des Jahres 2020 gestellt und die Zeit genutzt, um sich mit persönlichen Projekten zu beschäftigen und die Geschichten zu erforschen, die sich in ihrer eigenen Umgebung abspielen. Und diese Bemühungen haben sich wirklich ausgezahlt, denn die Arbeiten der vorausgewählten Fotografen und der Finalisten lassen einen deutlichen Qualitätssprung erkennen, der den diesjährigen Wettbewerb zu etwas Besonderem macht.“