Der Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e. V. kürt mit seinem „Neuen BFF-Förderpreis“ 2020 zum dritten Mal die besten jungen Nachwuchsfotografen. Das praxisorientierte Förderprogramm für Studierende steht diesmal unter dem Motto „elementar“.
Die Auszeichnungen, die erstmals in drei Kategorien verliehen werden, gehen gleichrangig an Tamara Eckhardt für „Children of Carrowbrowne“,
Laura Stromp für „Origin“
und das Fotografinnen-Duo Marina Cordes & Signe Heldt für „ebenda“.
Insgesamt hatten sich mehr als 130 Studierende der Fotografie mit ihren Ideen zum Thema „elementar“ um die Teilnahme am Neuen BFF-Förderpreis 2020 beworben. Im Rahmen des BFF-Mentoring-Programms konnten 12 Fotokonzepte realisiert werden. Den Gewinnerinnen ist die Umsetzung des Leitgedankens in besonderer Weise gelungen. Ihre fotografisch herausragenden Bildstrecken visualisieren gesellschaftlich relevante Fragestellungen und laden ein, die Sichtweisen und Gedankengänge der Fotografinnen nachzuvollziehen.
„Da alle Teilnehmer nach einer intensiven Jurydiskussion annähernd gleich viele Stimmen gewinnen konnten, wollen wir jede Arbeit angemessen präsentieren“, so Frank Stöckel, BFF- Vorstandssprecher. „So sehr die Corona-Krise die Preisverleihung beeinflusst, so wenig spiegelt sich die Pandemie in den Fotoarbeiten wider. Denn zum Zeitpunkt der Ausschreibung war Covid-19 noch kein Thema. In diesem Kontext zeigen die zwölf entstandenen Fotostrecken eindrucksvoll, dass Corona nur eine von vielen elementaren Herausforderungen ist, die unser Zusammenleben gegenwärtig prägen. Die hohe Qualität der Bildstrecken ist dabei auch das Ergebnis des intensiven Austauschs der Studierenden mit ihren BFF-Mentoren. Auch hierbei kam das diesjährige Förderpreis-Thema zum Tragen: Das intensive Miteinander während der Workshops, die gemeinsame verdichtende Arbeit an den Fotoserien war elementar für uns alle.“
Mit dem Neuen BFF-Förderpreis will der Verband dem fotografischen Nachwuchs und dessen Spektrum an bedeutenden Konzepten eine Öffentlichkeit geben. Gewünscht sind Denkanstöße für den Blick auf die Welt von morgen. Bei der Realisierung ihrer Projekte werden die Studierenden im Rahmen eines praxisbezogenen Förderprogramms von BFF-Professionals mit viel Engagement und Know-how unterstützt. Die ehrenamtlich tätigen BFF- Mentoren und die Workshops in Hamburg und Zingst erwiesen sich dabei erneut als wertvolle Stütze für den erfolgreichen Projektabschluss.
Die Serie „ebenda“ von Marina Cordes und Signe Heldt gibt Einblick in das Leben der Großwohnsiedlung Steilshoop in Hamburg. 1969 als Plattenbausiedlung für mehr als 20.000 Bewohner konzipiert, ist das Viertel bis heute geprägt vom Gegensatz zwischen der Bevölkerungsstruktur mit niedrigem Durchschnittseinkommen und überdurchschnittlich vielen Bewohnern mit Migrationshintergrund einerseits und den planerischen Idealen der Architekten andererseits, die von urbanem Wohnen umgeben von parkähnlichem Grün träumten. Die Serie verknüpft situative Porträts von Menschen verschiedener Kulturen und Altersgruppen in ihrem häuslichen Umfeld mit Außenansichten der Siedlung, die die Betonarchitektur ins Gesamtbild holen.
Ungeschönt und trotzdem ästhetisch sind die Porträts der „Children of Carrowbrowne“ , die Tamara Eckhardt am Stadtrand von Galway in Irland aufgenommen hat. Neben einer Mülldeponie haben die Traveller ihre Siedlung aus Wohnmobilen und Behelfsbehausungen errichtet. Gesellschaftlich stigmatisiert leben die Menschen hier unter einfachsten Bedingungen. Einfühlsam begegnet die Fotografin den Kindern, bildet Momente der Nachdenklichkeit ebenso ab wie Spiel und Interaktion. Die Perspektive auf die Figuren im Raum und ihre Positionierung auf der Bildfläche sind schlicht und spannungsvoll. Durch alle Aufnahmen zieht sich als roter Faden die Frage des Erwachsenwerdens, die hier mehr noch als anderswo auch Unsicherheit bedeutet. Gerade die absolut menschlich gesehenen Porträts aber deuten auch hoffnungsvoll in die Zukunft.
Die Zukunft – vielleicht sogar die Gegenwart? – von Dating und Partnerschaft in virtuellen Welten beschäftigt Laura Stromp in ihrer Arbeit „Origin“ . Als erzählerische Tableaus inszeniert die Fotografin Figuren in seltsam ungelenker Haltung an hochartifiziellen Orten. Obwohl physisch anwesend, scheinen die Personen – oder sind es Androiden – ihre Aufmerksamkeit ganz auf ihre Existenz in alternativen Realitäten zu konzentrieren. Viele von ihnen tragen Accessoires wie VR-Brille, Smartphone oder Selfiestick, die sie als mediale Nabelschnüre mit ihren Onlineprofilen und Avataren verbinden – oder ist es andersherum? Die Arbeit mit den Models, reale und virtuelle Locations, die Requisite, das Licht und die Post Production greifen perfekt ineinander, brechen mit unseren Sehgewohnheiten und lassen die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Virtualität verschwimmen.
Zur Fachjury gehörten Sebastian Lux (Stiftung F.C. Gundlach), Linn Schröder (Professur für Fotografie, HAW Hamburg, Department Design), Frank Stöckel (Fotodesigner, Vorstandssprecher des BFF, DGPh), Klaus Tiedge (Verleger, Kurator Umweltfotofestival »horizonte zingst«), Frances Uckermann (Kreativ-Direktorin) und Thomas Gerwers (Publizist, Chefredakteur ProfiFoto).Weitere Finalisten:
Shirin Abedi: „May I have this Dance?“
Delia Friemel: „Scratching the surface“
Barbara Haas: „Heritage“
Pia Hertel: „Natur-Ersatzprodukt“
Elias Holzknecht: „Schnee von morgen“
Patrick Junker: „Mutter ohne Kind“
Nerea Lakuntza: „Atempause“
Ingmar Björn Nolting: „The Dream of the Poets“
Jan A. Staiger: „AUTOnom“
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