Die aktuelle Ausschreibung des Felix Schoeller Photo Awards ersetzt die Kategorie Architektur / Industrie durch die neue Kategorie Modefotografie. ProfiFoto sprach mit dem Juryvorsitzenden Michael Dannenmann über die Gründe.
ProfiFoto: Michael Dannenmann, welche Gründe gibt es, Modefotografie als neue Kategorie des Felix Schoeller Photo Award aufzunehmen?
Michael Dannenmann: Seit Beginn der Fotografie haben Fotografen die Mode als Ausdruck ihrer Zeit und des Zeitgefühls abgelichtet – von Edward Steichen über Horst P. Horst, Nick Knight und vielen anderen. Mir geht es in unserer neuen Kategorie Modefotografie um eben diesen Zeitgeist, der zwischen Alltag, Politik, Kommerz und Kunst die Strömungen unseres Lebens prägt und darum, wie sich die Mode dieser Strömungen bedient. Mode ist damit ein Spiegel unserer Gesellschaft, egal, ob wir uns die Fünfziger, Achtziger oder nur das Jahr 2018 anschauen. Die Modefotografie hält diese Impulse fest.
ProfiFoto: Die historische Leistung als Inszenierung der Kulturgeschichte ist unbestritten. Was leistet Modefotografie heute?
Michael Dannenmann: Mode ist immer und überall auf der Welt ein Zeichen kultureller Entwicklung und wirtschaftlicher Veränderungen. Die Modefotografie erhöht diesen Ausdruck, indem sie inszeniert: Sie verleiht der Mode und ihrer kulturellen Aussage einen eigenen, individuellen Blick. Sie übertreibt und überzeichnet, um differenzierte Wahrnehmung und neue Sichtweisen zu erzeugen. Modefotografen haben mit ihrer Arbeit gesellschaftliche Trends gesetzt. So verlegten Fotografen wie David Bailey oder Helmut Newton den Aufnahmeort vom Studio in die Außenwelt, und Peter Lindberg fokussierte sich auf den Ausdruck der Modelle und schuf so die Supermodels der 90er. Modefotografen können einen enormen Einfluss auf die gesellschaftliche Wahrnehmung von Mode ausüben. Auch im Digitalen Zeitalter. Wir wollen junge wie erfahrene Modefotografen ansprechen, damit sie uns ihre neuen Sichtweisen übermitteln.
ProfiFoto: Die angesprochenen Fotografen haben sich eher in der westlichen Wahrnehmung durchgesetzt. Wie sieht es im östlichen Teil des Globus aus?
Michael Dannenmann: In unserer – westlichen – Wahrnehmung haben wir natürlich in erster Linie auch die Modezentren des Westens im Blick: New York, Paris, London, Mailand oder Berlin. In Asien sind es Städte wie Seoul, Tokio, Hongkong oder Shanghai. Auch die dort ansässigen Fotografen wollen wir ansprechen, uns ihre Sicht der Mode vorzustellen und sie auf eine Weltbühne zu heben. Diese Strömungen der globalen Modefotografie möchten wir in der neuen Kategorie aufspüren und zeigen.
ProfiFoto: Dieser Anspruch spiegelt sich wahrscheinlich auch in der Jury wider, oder?
Michael Dannenmann: Definitiv. Es war unser Anspruch, für das Thema Modefotografie auch spezielle Kompetenz in die Jury zu holen. Wir freuen uns, dass Andrea Vollmer-Hess Teil der diesjährigen Jury ist. Andrea verantwortet seit 26 Jahren als Photo Editor das visuelle Gesicht der Vogue in Deutschland. Und wer dieses Modemagazin kennt, weiß, dass Vogue immer die Trendsetter im Magazin hatte. „Before it’s fashion, it’s in Vogue!“ heißt der Slogan des Magazins, und der beschreibt die Historie ebenso wie die Zukunft der Vogue. Andrea Vollmer-Hess wird gerade für das Thema Mode eine wichtige Stimme in der neuen Jury sein. Aber es geht ja nicht ausschließlich um Mode bei der Juryarbeit. Wir haben ja noch vier weitere Kategorien und die Sonderkategorie Nachwuchspreis zu beurteilen. Und das bei international steigenden Einreicherzahlen. Mit Clare Freestone von der National Portrait Gallery in London konnten wir eine international erfahrene Jurorin gewinnen. Seit dem Jahrtausendwechsel ist Clare in verschiedenen Funktionen verantwortlich für die Sammlung und berät bei Zukäufen dieses weltweit renommierten Kunstmuseums. Es freut mich sehr, dass Clares tiefes Kunst- und Fotoverständnis, das sich auch in etlichen kuratierten bzw. begleiteten Ausstellungen widerspiegelt, demnächst unsere Juryarbeit bereichert.
Der internationale Felix Schoeller Photo Award ist seit 2013 einer der höchstdotierten Fotowettbewerbe im deutschsprachigen Raum. Er richtet sich alle zwei Jahre ausschließlich an Profifotografen und den fotografischen Berufsnachwuchs in aller Welt. Seit Beginn ist ProfiFoto offizieller Medien-Kooperationspartner des Awards.
Der Wettbewerb wird 2019 in fünf thematischen Kategorien und einer Sonderkategorie ausgeschrieben: Porträt, Landschaft/Natur, Mode, Fotojournalismus/Editorial und freie/konzeptionelle Fotografie. Zudem können in der Sonderkategorie „Beste Nachwuchsarbeit“ Fotografen in Ausbildung ihre Arbeiten einreichen. 2017 wurden ca. 2.400 Arbeiten aus 92 Ländern eingereicht.