Lewkowicz erzählte, dass sie ursprünglich eine Fotoreportage über Ex-Gefangene machen wollte und deren Schwierigkeiten, sich in der Gesellschaft einzufügen. Bei einem Volksfest sprach sie den tätowierten Shane an und traf so auch dessen Freundin und deren Kinder. Als nach einem Bar-Besuch ein Streit eskalierte, kam es zu der entscheidenden Situation. Lewkowicz wusste, dass sie körperlich nichts ausrichten konnte und rief sofort die Polizei, fotografierte aber weiter. Wie sie sagte „funktionierte“ sie einfach als Fotografin. Das kleine Mädchen wurde sofort von einer dritten Person in ein Zimmer gebracht. Ihrer Verantwortung wurde Lewkowicz menschlich und fotografisch gerecht, doch der entscheidende Moment zwischen Eingreifen und dem Drücken des Auslösers blieb ein Thema.
Im Pressegespräch mit Mary Ellen Mark, die für ihr Lebenswerk ausgezeichnet wurde, nannte sie eine wichtige moralische Rechtfertigung. Sie wurde gefragt, inwiefern sie das Elend anderer ausbeute, indem sie etwa indische Prostituierte – wenn auch mit deren Einwilligung – ablichtete. Die Antwort war, dass es Ehrlichkeit gegen sich selbst und den anderen erfordere. Sowohl Lewkowicz als auch Mark hielten beispielsweise Kontakt zu den Fotografierten und kümmerten sich im Nachhinein um sie.
Zwei deutsche Fotografen gehören zu den Gewinnern in weiteren Kategorien, Mario Wezel und Paulina Metzscher. Sie siegten in der Profikategorie „Menschen“ beziehungsweise im Jugendwettbewerb. Zum „Open Photographer of the Year“, also der Kategorie für Amateurfotografen“ wurde Chen Li aus China gekürt. Ein Interview und eine Bildstrecke mit dem deutschen Fotografen Holger Schmidtke, Gewinner des German National Awards, ist in der kommenden Ausgabe von FOTO HITS zu finden, die am 21. Mai 2014 erscheint.
Bild: Copyright Sara Naomi Lewkowicz, USA, courtesy of SWPA 2014