Der italienische Fotograf Oliviero Toscani (* 28. Februar 1942 in Mailand) ist am 13. Januar 2025 verstorben. Bekannt wurde er durch seine kontroverse Gestaltung der Benetton-Werbekampagnen ab 1983.
In seinen letzten Jahren litt Oliviero Toscani an Amyloidose. 2024 machte er dies öffentlich und ließ sich krank und abgemagert vom Corriere della Sera ablichten.
Toscanis Vater, Fedele Toscani, war Fotoreporter des Corriere della Sera und schenkte seinem Sohn bereits im Alter von sechs Jahren seine erste Kamera. Von 1961 bis 1965 studierte Toscani Fotografie und Grafik an der Kunstgewerbeschule Zürich. Anschließend arbeitete er für Modezeitschriften wie Elle und Vogue. Bei Aufenthalten in New York lernte er Andy Warhol kennen, der sein Vorbild wurde.
Toscani wurde vom Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e. V. (BFF) und vom ADC Deutschland zum Ehrenmitglied ernannt.
Erste Aufmerksamkeit erlangte Toscanis Gestaltung einer Werbekampagne für die italienische Marke Jesus Jeans von 1973.
Die italienische Modemarke Benetton plante Anfang der 1980er Jahre ihre internationale Expansion. Als Gestalter der dazugehörigen Werbekampagne wurde 1983 Toscani engagiert. In den Folgejahren wurden beide für ihre kontroversen wie polarisierenden Kampagnen international bekannt.
Anfang der 1990er Jahre verwendete Toscani für die Benetton Werbekampagnen mehrfach Pressefotografien, etwa ein Bild des sterbenden Aids-Aktivisten David Kirby und seiner trauernden Familie, das an eine Pièta-Darstellung erinnert. Andere Plakate aus der Serie zeigen ein überladenes Flüchtlingsschiff vor der albanischen Küste oder die Leiche eines erschossenen Mafioso und seine trauernde Familie.
In späteren Kampagnen setzten sich diese sozialkritischen und kontroversen Bilder fort. Etwa in den Fotografien nackter Körperteile mit dem Stempelaufdruck ‚H.I.V. positive‘ oder der Aufnahme des blutigen Hemds mit Einschussloch eines gefallenen Soldaten im Bosnienkrieg.
In Deutschland sorgten diese als Schockwerbung bezeichneten Kampagnen zu einem Streit zwischen Zivil- und Verfassungsrichtern. Während der Bundesgerichtshof sie wegen Verstoßes gegen die guten Sitten für unzulässig erachtete, entschied das Bundesverfassungsgericht, dass solche sozial- und gesellschaftskritischen Motive von der Meinungsfreiheit gedeckt seien, worauf sich auch die Wirtschaftswerbung berufen darf.
Nach einer Werbekampagne im Jahr 2000, die Porträtaufnahmen von zum Tode verurteilten Gefängnisinsassen in den USA zeigte, verließ Toscani Benetton. Benetton-Mitbegründer Luciano Benetton hatte sich zuvor öffentlich von ihm distanziert.
Ende 2017 kehrte der mittlerweile 75-jährige Luciano Benetton an die Spitze des Aufsichtsrats der Benetton Group zurück und er wollte auch wieder mit Toscani zusammenarbeiten. Fabrica, das Zentrum für Kommunikationsforschung von Benetton, sollte gemeinsam umgewandelt werden zum Fabrica Circus 7/7×24.
Im Februar 2020 trennte sich Benetton von Toscani. Hintergrund war, dass sich Toscani abfällig über den Brückeneinsturz in Genua 2018 geäußert hatte. Das für die Brücke zuständige Unternehmen wurde über eine Holding der Familie Benetton kontrolliert.