Die renommierte Deutsche Fotografische Akademie (DFA) kommt derzeit intern nicht zur Ruhe. ProfiFoto wirft einen Blick hinter die Kulissen der traditionsreichen Institution.
Ende November fand die Wintertagung der Deutschen Fotografischen Akademie (DFA) in Kooperation mit der Folkwang Universität der Künste in Essen statt. Wie es bei der DFA Tradition ist, stellten an diesem Wochenende Mitglieder und geladene Gäste ihre fotografischen Arbeiten zur Diskussion. Diese Präsentationen wurden live auf Facebook gestreamt.
Die 1919 gegründete DFA ist die älteste und einzige Fotografenorganisation, die sich vorrangig mit künstlerischer Fotografie beschäftigt. In der Pandemie hatte die DFA dank der geschickten Nutzung von Fördermitteln und dem Engagement ihrer Mitglieder auf vorbildliche Weise umfangreiche Online-Aktivitäten entfaltet. Zur 100-Jahr-Feier präsentierte das Haus der Photographie in den Deichtorhallen Hamburg zuvor eine viel beachtete Jubiläumsausstellung. Dennoch steht aktuell vor allem der langjährige Präsident der DFA, Ingo Taubhorn, in der Kritik. Weitere Mitglieder des aktuellen Präsidiums sind Ute Behrend und Wolfgang Zurborn.
Dass es hinter den Kulissen der DFA seit geraumer Zeit erheblich brodelt, zeigte zuletzt die nicht-öffentliche Mitgliederversammlung in Essen, die die Gastgeberin Prof. Elke Seeger wie folgt kommentierte: „Wenn so viele so intensiv um die Deutsche Fotografische Akademie kämpfen, hat das etwas Positives, auch wenn es anders klang. Jedenfalls wurde hier in diesen Räumen, glaube ich, noch nie so hart gestritten.“ Was war geschehen?
Bereits im Frühjahr 2024 war der langjährige Geschäftsführer der DFA, Dr. Jürgen Scriba, von seiner Funktion zurückgetreten. Zeitgleich beendete der für die DFA-Online-Aktivitäten verantwortliche Boris Eldagsen seine Tätigkeit für den Verein. In beiden Fällen gab es im Vorfeld Differenzen mit dem Präsidium.
Das ehemalige, langjährige DFA-Präsidiumsmitglied Andreas Langen fordert seitdem stellvertretend für eine Reihe weiterer Mitglieder eine personelle Neuausrichtung des Vorstands. Über dessen Zusammensetzung und eine von einer Kommission vorbereiteten Runderneuerung der Satzung sollen die Mitglieder nun im Frühjahr 2025 entscheiden , nachdem es im Rahmen der eigens dazu einberufenen, außerordentlichen Mitgliederversammlung in Essen aufgrund einer vierstündigen Diskussion über Verfahrensfragen nicht zur abschließenden Abstimmung des Antrags kam.
Ziel der umfangreichen Satzungsänderungen ist mehr Partizipation und Transparenz auf der einen Seite und eine Amtszeitbegrenzung des dann von einer Doppelspitze abgelösten Präsidenten auf der anderen. Dessen Neuwahl muss nun gemäß der alten Satzung stattfinden.
Das satzungsgemäß eigentlich fünfköpfige Präsidium ist zwischenzeitlich nach dem Rücktritt von Ruth Stoltenberg auf drei amtierende Mitglieder geschrumpft; Versuche der Nachbesetzung waren gescheitert. Die Aufgaben des Geschäftsführers übernahm kommissarisch das Präsidiumsmitglied Ute Behrend, während die gewählten Kassenprüfer ihr Amt niederlegten, weil sie ihre Unparteilichkeit gefährdet sahen . Unstimmigkeiten über das Protokoll der letzten regulären Mitgliederversammlung im Mai führten außerdem zur Verstimmung zwischen dem DFA-Ehrenmitglied Corinna Weidner und Ingo Taubhorn. Seitdem kursieren zwei vom DFA-Ehrenrat alternativ zur Verfügung gestellte Protokolle.
Präsident Taubhorn bestätigt in einer Stellungnahme gegenüber ProfiFoto die Kritik an ihm als langjährigem Präsidenten sowie an der in seinen Augen bewährten Vereinssatzung. In einer weiteren in der DFA kursierenden Rundmail des Präsidenten, die der Redaktion vorliegt, wird Taubhorn konkreter: „Die außerordentliche Mitgliederversammlung vom 29. November dieses Jahres verlief nicht ohne emotionale Stimmung …“ und sei „… zu sehr von nicht zur Tagesordnung gehörenden Anträgen, von Vorwürfen und Unterstellungen geprägt“ gewesen, „um einen sachgerechten Ablauf und eine ordentliche Diskussion zu ermöglichen.“ Den Wunsch nach Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung im Januar 2025, um dies zeitnah nachholen zu können, lehnt er jedoch ab. Mehr noch: „Einzelne Mitglieder sind nicht befugt, … Online-Diskussionen durchzuführen“, so der Präsident. Für Unmutsäußerungen und Kritik sei seiner Meinung nach allein die Mitgliederversammlung im Rahmen des Tagesordnungspunktes „Bericht des Vorstands“ zuständig.
Einstweilen hoffe das Präsidium auf ein geordnetes Miteinander bis zu der im Frühjahr anstehenden ordentlichen Mitgliederversammlung, auf der das Präsidium neu gewählt wird. Ob Ingo Taubhorn als bislang in der Geschichte der DFA am längsten amtierender Präsident, wie von ihm angekündigt, nicht erneut kandidieren wird, ließ er gegenüber ProfiFoto offen.
Ein DFA-Mitglied*, das sich nur anonym zitieren lassen will, beklagt : „Bei all dem ist untergegangen, worum es eigentlich geht, nämlich Machtmissbrauch und Umgangsformen, Blockaden und Einschüchterung. Fakten werden alternativ dargestellt. Die meisten Mitglieder blicken gar nicht mehr durch. Das Publikum hält sich die Ohren zu. Aber vielleicht ist ja die Strategie, allen potenziellen Kandidaten die Lust auf jedes Engagement zu vermiesen.“
*Name und Anschrift sind der Redaktion bekannt
Foto: Petra Gerwers