Schon lange zählt sie zu den wichtigsten und renommiertesten deutschen Fotografinnen: Nun wurde Herlinde Koelbl für ihr Lebenswerk mit dem Leica Hall of Fame Award ausgezeichnet.
Die Ehrung war Teil der diesjährigen Celebration of Photography im Leica Headquarter in Wetzlar. Die begleitende Ausstellung wird in der Leica Galerie Wetzlar bis zum 19.01.2025 präsentiert. Als Leica Picture of the Year 2024 wurde ebenfalls ein Motiv der Fotografin ausgewählt.
Koelbl ist eine genaue Beobachterin, erfahrene Autorin, vielseitige Künstlerin und sensible Chronistin der Zeit: Die deutsche Fotografin hat in den letzten fünf Jahrzehnten ein vielschichtiges Werk erarbeitet. Intensiv widmet sie sich ihren Themen und veröffentlicht ihre Langzeitstudien zumeist in Buchform, begleitet von umfangreichen Ausstellungen. Schon ihr erster Bildband „Das Deutsche Wohnzimmer“ von 1980, angelegt als soziologische Studie, war ein großer Erfolg. Die Verbindung von dokumentarischen Bildern mit persönlichen Statements der Abgebildeten sollte ein Markenzeichen der Fotografin werden. Viel beachtet war das beeindruckende und über Jahre verfolgte Projekt „Jüdische Porträts“, erstmals 1989 publiziert, bei dem die direkten Schwarzweißaufnahmen durch lange Zeitzeugeninterviews ergänzt werden und eine bewegende Auseinandersetzung mit der deutschen Zeitgeschichte liefern. Die größte Bekanntheit brachte ihr das Projekt „Spuren der Macht – Die Verwandlung des Menschen durch das Amt“ ein, bei dem sie deutsche Politikerinnen und Politiker ab 1991 über einen Zeitraum von acht Jahren beobachtete. In der Fortsetzung blieb sie Angela Merkel darüber hinaus noch bis ins Jahr 2021 im Porträt und mit Interviews verbunden. Allein die sechs für die Ausstellung ausgewählten Bildpaare aus der Serie „Spuren der Macht – Angela Merkel. Porträts 1991–2021“ belegen eindrücklich Koelbls konzeptionelle Arbeitsweise. Wichtigste und bewährte Strategie der Fotografin ist es, sich vorurteilsfrei, neugierig, unbefangen, aber immer bestens vorbereitet neuen Themen zu stellen.
Ob „Feine Leute“, „Kleider machen Leute“, „Schlafzimmer“, „Haare“, „Künstlerporträts“ und „Schriftstellerhände“ oder „Metamorphosen“ – um nur einige der Projekte zu nennen, die in der aktuellen Ausstellung jeweils in einer Auswahl präsentiert werden – ist es Koelbl immer wieder auf faszinierende Weise gelungen, ihre thematisch und stilistisch höchst unterschiedlichen und ambitionierten Langzeitprojekte für ein großes Publikum zu erarbeiten und dieses dabei auch für gesellschaftspolitische Fragen zu sensibilisieren. Ein bevorzugtes Werkzeug für viele ihrer Serien waren Leica Kameras, anfangs aufgrund der nötigen Diskretion, aber auch in digitalen Zeiten sind sie verlässliche Instrumente, um feinste Nuancen festzuhalten. Die Ausstellung in der Leica Galerie Wetzlar gibt mit 47 Arbeiten aus zehn Serien erkenntnisreiche Einblicke in das reiche Lebenswerk der Fotografin.
Herlinde Koelbl wurde am 31. Oktober 1939 in Lindau geboren. Nach einem Modestudium entdeckte sie ab Mitte der 1970er-Jahre die Fotografie als ihr kreatives Ausdrucksmedium. In der Folgezeit begann sie neben Auftragsarbeiten für Magazine eine enorm produktive Veröffentlichungsreihe von selbstgestellten fotografischen Langzeitprojekten, die oft von Interviews begleitet wurden. Aus einigen Projekten resultierten auch Dokumentarfilme. Ihre einfühlsamen und oft philosophischen Interviews erschienen regelmäßig im „ZEITmagazin“. Im Kleinbildbereich arbeitet sie vor allem mit Leica Kameras, im Mittelformat auch mit einer Hasselblad Kamera. Koelbl hat mehr als 20 Bildbände veröffentlicht und wurde vielfach ausgezeichnet, u. a. mit der Medal of Excellence (1987), dem Dr. Erich Salomon-Preis der DGPh (2001), dem Bundesverdienstkreuz am Bande (2009) und dem Bayerischen Verdienstorden (2013). Sie lebt und arbeitet in Neuried bei München.
Als Leica Picture of the Year wird exklusiv und limitiert eine Aufnahme Koelbls durch die 29 Leica Galerien angeboten. Das Motiv gehört zu ihrer jüngsten Serie der „Metamorphosen“, bei der die Fotografin der Schönheit von Vergänglichkeit in Form verwelkender Blumen auf der Spur ist. Seit 2021 widmet die Leica Camera AG das Leica Picture of the Year herausragenden Leica Fotografen, die in die Hall of Fame berufen wurden. Nach Ralph Gibson, Thomas Hoepker und Elliott Erwitt ist nun Herlinde Koelbl die Fotografin des diesjährigen Leica Picture of the Year.
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