Vor nun knapp zwei Jahren bahnte sich die KI-Thematik ihren Weg in aller Munde und in alle Medien. Abgesehen von den neuen Möglichkeiten der Text- oder Konzepterstellung mit ChatGPT wurde schnell klar, dass die generative KI in der Bildgestaltung große Veränderungen bewirken würde. Niemand ahnte zu dem Zeitpunkt, wie schnell sich die Technologie in manchen Bereichen der Bildproduktion etablieren würde und vielen wurde klar, wie viel KI schon damals in Kameras und Software steckte, die von Fotografinnen und Fotografen täglich genutzt wurde. In der Fotobranche bahnte sich eine Welle der Entrüstung ihren Weg, darüber, dass bildgenerierende KI-Tools Fotografien ersetzen könnten und damit Fotografinnen und Fotografen in ihrem Berufsfeld maßgeblich beeinträchtigt würden. Heute haben manche von ihnen die künstliche Intelligenz in ihre Arbeit voll integriert.
Der Hype-Zyklus beschreibt, wie eine neue Technologie wie die künstliche Intelligenz von der Gesellschaft oder einem Fachbereich aufgenommen, bzw. angenommen wird. Die typische Kurve des Hype-Zyklus startet bei null und entwickelt sich rasch, ähnliche wie eine Parabel nur in ansteigender Richtung zu einem Gipfel. Der sogenannte „Gipfel der überzogenen Erwartungen“ an die neue Technologie. Dann fällt die Kurve unmittelbar wieder ab, ins sogenannte „Tal der Enttäuschung“, bevor sie sanft, aber stetig ansteigt, genannt der „Pfad der Erleuchtung“ und sich auf einem mittleren Niveau hält, dem „Plateau der Produktivität“.
Wo stehen Fotografinnen und Fotografen im Hype-Zyklus und wie verhalten sich Auftraggeber und Produzenten von Werbefotografien knapp zwei Jahre nach der Einführung? KI-generierte Bilder sind mittlerweile kommerziell nutzbar, wenn auch mit rechtlichen Einschränkungen und Unsicherheiten. Abgesehen von drängenden Fragen wie Urheberschaft, Urheberschutz oder Mehrfachnutzung und Vermarktung finden KI-generierte Bilder und Kampagnen einen wachsenden Markt wie beispielsweise in der Werbung. Die Schweizer Wäschefirma Calida ließ ihre neue Kollektion an Models in Wiesen voller blühender Blumen prompten. Dazu wurden zunächst Fotos der Kollektionsteile in passendem Licht und Setting angefertigt und als 3D Modelle nachgebaut. So konnte Calidas echte Unterwäsche-Kollektion mit allen Details in den künstlich generierten Motiven platziert werden. Qualität und Detailgrad der finalen Bilder wurden auf ein Maximum gepusht, um druckfähige Daten für den Point of Sale erzeugen zu können laut Aussagen der Postproduktion.
Die europäische Modemarke Mango, hat eine vollständig KI-generierte Kampagne gestartet, die mit internen Teams, wie Design, Kunst, Styling, Datensätze und KI-Model-Training sowie durch das Fotostudio, realisiert wurde. Der Prozess begann mit der Aufnahme realer Fotos der Kleidungsstücke, die dann in ein generatives KI-Modell eingespeist wurden, um Bilder zu generieren, die die realen Kleidungsstücke auf einem Modell positionierten.
Die Fotografin und Filmemacherin Monica Menez war eine der ersten, die für das Modelabel Luisa Cerano 2023 eine Augmented-Reality-Kampagne produzierte und deren Portfolio mittlerweile zu einem erheblichen Anteil aus KI-generierten Serien und Videos besteht.
Beim Betrachten des Hype-Zyklus musste ich schmunzeln, denn viele Fotografinnen und Fotografen haben zu Beginn der Technologie nach Wegen gesucht, die generative KI im Foto-Bereich zu verhindern. Mittlerweile sind nicht wenige dieser Fotografinnen und Fotografen diejenigen, die Spaß daran gefunden haben, ein umfassendes KI-Portfolio präsentieren und damit auch kommerziell arbeiten wollen. Ich würde sagen, sie sind auf dem „Plateau der Produktivität“ angekommen. Auch wenn digitale Fotografie durch KI in manchen Bereichen in Bedrängnis gerät, glaube ich persönlich daran, dass die Expertise der Fotografinnen und Fotografen für das Prompten von exzellenten Bildern künftig gebraucht wird. So sieht das auch Robert Anderson, Managing Creative Director Jung von Matt „… strategische und kreative Arbeit wird weiterhin nicht durch KI zu ersetzen sein. Hinzu kommt, dass Bild-Kreationsprozesse immer noch mit Fotografinnen und Fotografen oder Regisseurinnen und Regisseuren stattfinden. Nicht, weil es nicht anders geht, sondern weil sie einen wesentlichen Einfluss auf die Qualität des Endproduktes haben.“
Künstliche Intelligenz braucht eben auch intelligente Künstler wie Claudia Bußjäger, Repräsentantin von AI-Künstlerinnen und Künstlern sagte.
Und wo stehen Sie im KI-Hype-Zyklus?
Silke Güldner coacht Fotografinnen und Fotografen dabei, ihr Potenzial und ihre Kompetenz im Foto-Business zu entwickeln, zu präsentieren und zu verkaufen.
www.silkegueldner.de