Der Deutschen Fotorat hat den Antrag auf offizielle Anerkennung analoger Fotoverfahren durch die UNESCO als immaterielles Kulturerbe gestellt.
Bei seinem Antrag geht es dem Deutschen Fotorat um den Erhalt des immateriellen Kulturerbes im Bereich traditioneller Techniken mit dem Ziel des Wissenstransfers über die Durchführung beziehungsweise Anwendung analoger fotografischer Verfahren.
Immaterielles Kulturerbe
Als immaterielles kulturelles Erbe definiert die UNESCO kulturelle Ausdrucksformen, die unmittelbar von menschlichem Wissen und Können getragen, von Generation zu Generation weitervermittelt und stetig neu geschaffen und verändert werden. Sie sind im Gegensatz zu den bekannten Welterbestätten oder dem Weltdokumentenerbe nicht materiell greifbar. Die Bundesrepublik Deutschland ist 2013 dem entsprechenden UNESCO-Übereinkommen beigetreten. Im Bundesweiten Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes befinden sich derzeit 131 Einträge. Es soll von Jahr zu Jahr wachsen und langfristig die Vielfalt kultureller Ausdrucksformen sichtbar machen. Erstellt wird das Verzeichnis in einem mehrstufigen Verfahren von der Deutschen UNESCO-Kommission und verschiedenen staatlichen Akteuren.
Neben Bayern hat auch Nordrhein-Westfalen aufgrund der Vielfalt seines kulturellen Lebens zudem eigene Landeslisten eingerichtet. Dort hat der Fotorat seinen Antrag eingereicht: „Die analoge Fotografie ist eine weltweite Kulturform, aber in keinem anderen Bundesland gibt es so viele Galerien und Museen, in denen Fotografie gezeigt wird, wie in NRW“, so der Analog-Fotograf Christian Klant, der den Antrag gemeinsam mit Thomas Gerwers formuliert hat. „Darüber hinaus hat der antragstellende Deutsche Fotorat seinen Sitz in Köln“, ergänzt der Fachjournalist.
Nur vier Anträge pro Bundesland kommen in die engere Auswahl, über die im März 2024 entschieden wird. Die Begutachtung und Evaluation der Vorschläge durch das einberufene Fachkomitee soll nicht vor Ende 2024 abgeschlossen sein.
Breite Unterstützung
Unterstützt wird der Antrag von führenden Experten, so unter anderem von Prof. Dr. Rudolf Gschwind: „Das fotografische Bild selbst ist kein immaterielles Kulturerbe, aber die Fotografie ist ein technischer Prozess, der vom Fotografen ein erhebliches handwerkliches Können verlangt, bis ein fotografisches Bild entsteht“, so der emeritierte Leiter des Imaging & Media Lab der Universität Basel in seinem den Antrag begleitenden Gutachten.
Professorin Ute Mahler, die ebenfalls mit einem Gutachten den Antrag des Fotorats auf Anerkennung der analogen Fotografie als immaterielles Kulturerbe der UNESCO unterstützt: „Die Bewahrung und die Anwendbarkeit dieser historischen und zugleich heutigen Technik muss auch in Zukunft gesichert sein.“
Der Deutsche Fotorat als Antragsteller vertritt die Interessen der Fotografierenden aus unterschiedlichen Bereichen und engagiert sich auch allgemein für die Fotografie als Kulturgut und visuelles Kulturerbe. Verschiedene der im Deutschen Fotorat vertretenen Organisation, deren Mitglieder an der Erstellung des Antrags mitgewirkt haben, waren an der Arbeitsgruppe beteiligt, darunter Experten im Bereich der analogen Fotografie, als auch solche, in deren fotografischer Anwendungspraxis analoge Fotoverfahren keine oder nur eine untergeordnete Rolle spielen. Allgemein anerkannt ist jedoch unabhängig davon die Bedeutung dieser Verfahren als immaterielles Kulturerbe. Thomas Gerwers: „Der Wissensverlust durch das altersbedingte Schwinden traditioneller Kompetenzträger im Bereich analoger Fotoverfahren wird unter anderem dadurch beschleunigt, dass diese auch im Rahmen der beruflichen Bildung innerhalb der Fotografie von den Lehrplänen verschwindet. Ziel des Antrages ist, den Zugang zu dem alten Wissen über die zahlreichen historisch überlieferten analogen fotografischen Verfahren zu bewahren, weiterzugeben und deren Anwendung und Durchführung zu überliefern sowie die Verfügbarkeit der dazu notwendigen Chemikalien und Gerätschaften für künftige Generationen sicherzustellen und zu bewahren, damit dieses weitergeben und gepflegt werden kann“, so der Publizist.
Christian Klant: „Die Analogfotografie erfährt nur wenige Jahre nach ihrem vermeintlichen Ende eine Renaissance als Kunstform und Kult. Seit Ende des 20. Jahrhunderts entdecken einige Fotografen außerdem die frühen Edeldruckverfahren sowie die Technik der Kollodiumfotografie wieder. Das täuscht allerdings darüber hinweg, dass viele andere fotografische Techniken drohen, in Vergessenheit zu geraten oder durch neue gesetzliche Bestimmungen nicht mehr durchgeführt werden dürfen. Es bedarf eines großen, praktischen Erfahrungswissens, um sich die teils komplexen Handlungsschritte unterschiedlicher analoger fotografischer Verfahren anzueignen.“
Nicht vor Anfang 2025 wird mit einer Entscheidung über den Antrag des Fotorats gerechnet, so er denn angenommen wird. Bei erfolgreicher Anerkennung auf nationaler Ebene sind Vernetzungen mit internationalen Akteuren geplant, um in einem zweiten Schritt auch eine internationale Anerkennung zu erreichen.
Foto: Christian Klant , by Karl Kratz