Die Deutsche Fotografische Akademie, DFA, widmet sich seit über 100 Jahren der künstlerischen Fotografie. Als älteste deutsche Fotografen-Organisation ist die DFA jetzt die erste, die offiziell Position zur Bilderzeugung durch Künstliche Intelligenz bezieht. Wir geben die Stellungnahme im Wortlaut wieder.
„Verfahren zur Bearbeitung und Generation von Bildern mit Hilfe Künstlicher Intelligenz entwickeln sich derzeit mit enormer Geschwindigkeit. Sie werden in allen Bereichen der Fotografie Arbeitsprozesse grundlegend beeinflussen. Je nach Ausprägung eröffnen sie neue Möglichkeiten bei der Bearbeitung Kamera-basierter Bilder oder die Erschaffung gänzlich synthetischer Bilder.
Diese beruhen zumeist auf vorhandenen Bildwerken, die als Trainingsdaten für die KI-Systeme mit oder ohne Wissen der Schöpfer dieser Bilder verwendet wurden.
Kreative Freiheit und Urheberrecht
Als KünstlerInnen sind wir offen für alle Weiterentwicklungen der fotografischen Techniken und plädieren für das uneingeschränkte Recht, alle Methoden frei von Zensur für die Erschaffung von Bildwerken einzusetzen. Generative KI erlaubt neue Methoden der künstlerischen Produktion. Wir sehen sie nicht als Risiko durch die Verdrängung bisheriger Praktiken, sondern als Erweiterung des Spektrums künstlerischer Tätigkeiten.
Wir setzen uns für eine Anpassung des Urheberrechts ein, das den urheberrechtlichen Schutz solcher Bildwerke ermöglicht. Kriterien für den Schutz von Werken sollten nicht von der Art ihrer Entstehung oder den benutzten Werkzeugen abhängen.
Faire Beteiligung
Generative KI ermöglicht auch die Nachahmung von Bildwerken durch Vorgabe bestimmter Motive oder Anmutung oder durch Anweisungen wie „im Stil von“. Bei manchen KI-Systemen ist bekannt, dass für die Generierung der Bilder die Werke von bestimmten KünstlerInnen verarbeitet wurden. Bei anderen Systemen ist unklar, woher die Daten dafür stammen. Wir fordern eine Offenlegung der Bildquellen durch die Anbieter von KI-Systemen. Die Entwicklung dieser Systeme muss wirksame Mechanismen umfassen, mit denen KünstlerInnen das Verfügungsrecht über die Verwendung ihrer Werke ausüben können. Initiativen zur Anpassung des Urheberrechts sind nötig, so dass Kriterien der Rechteverletzung neben der klassischen Verwendung von Werken durch Vervielfältigung und Wiedergabe künftig auch die Verwendung beim Training von KI-Systemen einschließt. Findet eine solche Verwendung statt, muss es auch Mechanismen zur fairen Vergütung für SchöpferInnen von Bildwerken geben, die auf diese Weise genutzt werden.
Schutz dokumentarischer Wahrhaftigkeit
Mit großer Sorge sehen wir, dass die rasant wachsende Qualität von KI-generierten Bildern eine Unterscheidung zwischen synthetischen und Kamera-basierten Bildern immer schwieriger macht. In sehr naher Zukunft wird es nicht mehr möglich sein, die Dokumentation einer realen Szenerie von einem modifizierten oder komplett synthetisierten Bild visuell oder mit forensischen Methoden zu unterscheiden.
Zwar erlauben auch klassische Methoden der Bildbearbeitung solche Manipulationen, doch die Verbreitung von KI-Werkzeugen ermöglicht es, manipulierte Bilder mit minimalem Aufwand in fast beliebiger Menge zu erzeugen und in Umlauf zu bringen. Dadurch wird der demokratische Diskurs sowohl durch die Manipulation mittels überzeugender Bildfälschungen gefährdet, wie auch durch den gerechtfertigten generellen Zweifel an der Authentizität von Bildern.
Wenn die Manipulation wie auch die Wahrhaftigkeit von dokumentarischen Darstellungen nicht mehr plausibel nachweisbar ist, verliert der gesellschaftliche Konsens seine Basis. Wir unter- stützen die Entwicklung von technischen Methoden zur Verifikation der Bildentstehung in Kameras und die Protokollierung anschließender Bearbeitungsschritte, beispielsweise durch digitales Signieren von Bilddaten. Wir fordern alle Akteure in der Erstellung und Verbreitung dokumentarischer Bilder auf, sich möglichst schnell zur Verwendung solcher Methoden zu verpflichten.
Foto: Boris Eldagsen, „PSEUDOMNESIA | THE CONNAISSEUR…”, 2022, courtesy Photo Edition Berlin