Als Print-on-Demand-Verlag bietet Snap Collective Künstlern und Fotografen die Produktion und den Vertrieb ihrer Bildbände zum Nulltarif an. ProfiFoto Chefredakteur Thomas Gerwers hat sich das verlockend klingende Angebot genauer angeschaut und neben Vor- auch Nachteile herausgefunden.
Viele Fotografen haben den Wunsch, ihre Projekte und Arbeiten von einem Verlag als Bildband herausgeben zu lassen. Seit rund zehn Jahren ist dabei branchenüblich, dass Verlage die Fotografen am Risiko beteiligen, indem sie sich die Erstellungskosten der Bildbände von diesen zumindest teilweise vorfinanzieren lassen. Für eine Auflage von 1.000 Büchern kommt so schnell eine Summe von 20.000 Euro zusammen, für die der Fotograf einen Teil der Auflage erhält, während der Verlag den größeren Teil selber vermarktet. Über die damit verbundenen Tantiemen kann zumindest ein Teil der Erstellungskosten wieder zurückfließen, im Zweifel hat der Fotograf aber zumindest einen größeren Vorrat seiner Publikation und natürlich den damit verbundenen Imagegewinn.
Das Konzept
Eine andere Möglichkeit, ein Künstlerbuch herausgeben zu lassen, bietet Snap Collective. Hinter Snap Collective steckt ein innovatives und unkonventionelles Verlagskonzept, das von Yevgeniya und Dr. Philipp W. Müller umgesetzt wird und speziell darauf ausgerichtet ist, Portfolios internationaler Fotografen und Künstler zu veröffentlichen.
Die Besonderheit ist, dass die Bücher von Snap Collective ausschließlich im Print-on-Demand-Verfahren produziert werden, so dass es kein finanzielles Risiko gibt, denn die Bücher werden erst dann gedruckt, wenn sie bestellt werden.
Dieses Prinzip ist von Philipp Müller seit rund zwei Jahrzehnten erprobt, denn Snap Collective ist eine Marke der Print-on-Demand-Verlagsgruppe Rock N Books, die diverse Labels für unterschiedliche Buchgenres nutzt. Gestartet hat Philipp W. Müller 2002 das Konzept mit der Publikation wissenschaftlicher Abschlussarbeiten wie Bachelor-, Master- und Diplomarbeiten sowie Dissertationen. Es folgten Verlagsmarken für Belletristik und Fiktion sowie diverse Special-Interest Verlage. Snap Collective gibt es seit rund zwei Jahren, das Verlagsprogramm umfasst aktuell rund 80 Bildbände.
Das Ganze klingt verlockend: „Von unserer Seite aus bieten wir eine kostenlose Buchveröffentlichung und einen kostenlosen Vertrieb – im Grunde helfen wir Fotografen bei der Erstellung des Produkts, ohne dass sie etwas investieren müssen. Mehr als das – sie erhalten kostenlose Exemplare, wenn die Vorbestellungskampagne erfolgreich ist“, preist Yevgeniya Müller das Angebot.
Von den Autoren wird lediglich erwartet, dass sie gemeinsam mit dem Verlag ihr Buch schon vor dem Erscheinen über soziale Medien in Form von Videos, Posts und Texten bewerben. „Die Fotografen kennen Ihr Zielpublikum am besten und haben den direkten Draht und Kontakt zu ihnen. Schließlich ist jedes Buch nicht nur ein Kunstwerk, sondern auch ein kommerzielles Projekt, und wir arbeiten mit unseren Künstlern zusammen, um es erfolgreich zu machen“, so Philipp Müller.
Der Prozess
Der Prozess der Buchveröffentlichung ist einfach, schnell und geradlinig. Snap Collective verfügt über eine Online-Plattform, auf die Fotografen alle Fotos und sonstigen für die Veröffentlichung benötigten Informationen (z. B. Buchtitel, Format, Text usw.) hochladen können.
Yevgeniya Müller: „Die Zusammenarbeit mit dem Designer beginnt mit dem Umschlag, hier bieten wir zwei Varianten an. In dieser Phase kann der Fotograf fünf Korrekturen vornehmen. Wenn das Cover in die Vorbestellungskampagne aufgenommen wird und diese erfolgreich ist, beginnt der Designer mit der Arbeit am Innenteil des Buches. In diesem Teil des Prozesses hat der Künstler 40 Korrekturmöglichkeiten. Er kann also zum Beispiel zehn Seiten viermal ändern oder 40 Seiten einmal und so weiter.“
Um zunächst einmal festzustellen, ob das Buch überhaupt Potenzial hat, startet Snap Collective nur mit dem fertigen Cover die bereits beschriebene Vorbestellungskampagne. Der Fotograf erhält während dieser 14-tägigen Phase automatisch E-Mail-Benachrichtigungen über jede einzelne Buchbestellung, für die es 10 Prozent Subskriptionsrabatt auf den Verkaufspreis gibt.
Yevgeniya Müller: „Wenn mindestens 25 Buchbestellungen eingegangen sind, war die Kampagne erfolgreich und wir fahren mit dem Buchdesign fort. Normalerweise braucht man für ein Buch zwischen 100 und 180 Fotos“, so Müller, „das hängt jedoch vom Layout ab. Weniger als 100 Fotos reichen, wenn man sie auf Doppelseiten zeigt oder mehr Text beziehungsweise Leerseiten hinzufügt. Aber auch mehr als 200 Fotos sind möglich, wenn mehrere Fotos auf einer Seite unterbracht werden. Das hängt ganz vom Fotografen und der Gestaltung des Buches ab. Wir können auch einen Text für das Buch erstellen, wenn wir einige Stichwörter oder Richtlinien erhalten. Innerhalb weniger Tage erhalten Fotografen einen Designvorschlag für das Layout. Wenn sie mit dem Ergebnis zufrieden sind, können wir das Buch fertigstellen. Danach wird es mit einer ISBN-Nummer veröffentlicht und weltweit verfügbar gemacht.“
Der Verkauf
Konkret ist es im Snap Collective Online Shop erhältlich und die Vertriebsdaten werden an Vertriebspartner und Amazon gesendet, so dass ein Buch auch bei Großhändlern bestellt werden kann. Philipp Müller: „Es ist allerdings wichtig zu erwähnen, dass viele Distributoren selbständig entscheiden, welche Titel sie in ihre Kataloge aufnehmen, je nachdem, an welchem Thema sie interessiert sind.“
Wer sich daher besser nicht auf den Buchhandel verlassen möchte, sollte zusätzlich auch selbst sein Buch anbieten, etwa über seinen Social-Media-Account oder seine eigene Webseite. Philipp Müller: „Wir erwarten von unseren Künstlern, dass sie kommerziell denken und mit uns zusammenarbeiten, um ihr Buch zu vermarkten. Da wir einen kostenlosen Verlagsservice anbieten, sind keine zusätzlichen Marketingkampagnen oder Werbung möglich. Die Künstler profitieren nicht von unseren Marketingaktionen, sondern von ihrem eigenen Publikum, ihren Followern. Wir haben eine Liste mit Empfehlungen erstellt, was sie tun können, um Ihr Buch zu vermarkten.“
Wichtig zu wissen ist außerdem: Ab dem Zeitpunkt, an dem die endgültige Druckfassung freigegeben wurde, dauert der Prozess bis zum Erscheinen eines Bildbands im Normalfall etwa acht Wochen. Aber, so Yevgeniya Müller: „Wir können keine Termine versprechen, zu denen das Buch garantiert fertig ist. Das setzt uns alle unter enormen Stress und führt zu erheblicher Frustration, vor allem bei den Fotografen“, so ihre Erfahrung. „Der Grund dafür ist, dass ein hochwertiges, fadengebundenes Buch nicht einfach auf Knopfdruck verfügbar ist, sondern einen hochkomplexen Prozess von Handarbeit, verschiedenen Maschinen und langen Wegen erfordert, um das Ergebnis zu erzielen, das unsere Fotografen letztendlich erfreut. So legt jedes einzelne Buch 1.000 km über drei Standorte zurück, bis es schließlich freigegeben wird. Jedes einzelne Buch wird auf neun verschiedenen Maschinen verarbeitet und von etwa 15 Personen in die Hand genommen. Auf dem Weg dorthin kann es unendlich viele kleine und große Probleme geben: Fehler in der Druckdatei, Papier ist gerade nicht verfügbar, Druckmaschine in Wartung, Fadenheftung hat einen Defekt, menschliches Versagen, Versanddienstleister ist überlastet und so weiter“, so Müller, die rät, Planungen für Ausstellungen, eine Release-Party oder sonstige mit dem Erscheinen verbundene Events erst dann zu konkretisieren, wenn man das erste Exemplar physisch in den Händen halten kann.
Die Standards
Preis und Druckausstattung der Snap Collective Bildbände sind außerdem standardisiert. Der Buchpreis beträgt einheitlich 79 Euro, und der Umfang der Bücher liegt zwischen 120 und 180 Seiten inklusive Text/Leerseiten. Das Gewicht des Papiers beträgt etwa 170 g. Was bleibt, ist die Wahl zwischen A4 Quer- und A4 Hochformat.
Philipp Müller: „Wir verwenden mattes Premium-Papier. Es gibt nur eine begrenzte Auswahl an Optionen, da wir einen kostenlosen Veröffentlichungsservice anbieten und dies als Hauptbestandteil unseres Konzepts beibehalten wollen. Dennoch bieten wir Premium-Qualität und ein Format, das unserer Erfahrung nach sowohl für Künstler als auch für Leser das Beste ist.“
„Für das Preisniveau unserer Bücher sind verschiedene Faktoren verantwortlich“, ergänzt Yevgeniya Müller. „Erstens ist der Stückpreis im Print-on-Demand Digitaldruck höher, als beim Offsetdruck einer großen Auflage, und der Einband des Buches ist handgefertigt. Zweitens sind wir darauf angewiesen, dass der Preis des Buches die Verlagskosten deckt. Kostenlose Dienstleistungen für Künstler können nur erbracht werden, wenn wir in der Lage sind, diese zu decken und einen gewissen Gewinn zu garantieren.“
Damit auch der Künstler beim Wiederverkauf einen Gewinn erzielt, gewährt Snap Collective einen Preisnachlass von bis zu 40 Prozent. „Viele Künstler benötigen Bücher für Ausstellungen oder für den Direktverkauf, aber das bleibt ihnen überlassen – der Kauf von Büchern für die eigenen Zwecke ist immer optional, aber keine Bedingung“, stellt Philipp Müller klar.
Je mehr Bücher Snap Collective selbst verkauft, desto mehr Freiexemplare erhält der Fotograf außerdem als Tantieme: Bei 25 verkauften Büchern sind das zum Beispiel vier Freiexemplare, bei 35 Verkäufen acht und bei 100 Bestellungen 50 kostenlose Exemplare, was einem Verkaufswert von 300 bis 4.000 Euro entspricht. Weitere Tantiemen, etwa in Euro und Cent, erhalten Buchautoren von Snap Collective allerdings nicht.
Dennoch ist Philipp W. Müller der festen Überzeugung, dass Fotografen keine bessere Option finden werden als die, die er ihnen anbietet: „Wir bieten kostenlose Verlagsdienstleistungen an, was ein einzigartiges Geschäftsmodell darstellt. Bevor man sich für unser Angebot entscheidet, sollte man nicht nur die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Verlage, sondern auch die ästhetischen Qualitäten ihrer Bücher und Kataloge sowie ihre Buchvertriebe prüfen“.
Fazit
Wer ohne finanzielles Risiko einen Bildband über einen Verlag herausbringen will, ohne damit Gewinnabsichten zu verfolgen, dem bietet Snap Collective einen einfachen, fairen und vor allem risikofreien Weg, dies ohne Kapitaleinsatz zu realisieren. Die Alternative ist die Herausgabe im Selbstverlag, wobei ein hochwertiger Bildband in der von Snap Collective gebotenen Ausstattung und Qualität im Printing-on-Demand Verfahren schnell Erstellungskosten auslöst, die über dem Verkaufspreis der Snap Collecitve Bücher liegt. Hier profitiert man von den günstigen Einkaufspreisen, die Snap Collective durch die Einbindung in die weit gestreuten Verlagsaktivitäten von Rock N Books nutzen kann. Ob der Imagetransfer durch die Herausgeberschaft durch Snap Collective eher positiv oder negativ ausfällt, hängt dabei sicher davon ab, wie die individuelle Bewertung des dahinter stehenden Konzepts ausfällt. Einschlägig bekannte, renommierte Fotobuchverlage lassen sich für ihren Namen allerdings auch bezahlen, siehe oben.
„Wir wollen kein Geld von unseren Künstlern nehmen, denn wir glauben aufrichtig, dass wir das nicht müssen. Wir freuen uns, dass wir eine große Anzahl hochwertiger Werke veröffentlichen und vermarkten können, und wir möchten, dass dies auch so bleibt, indem wir dieses Geschäftsmodell anwenden“, so Philipp Müller.