Die Deutsche Fotografische Akademie, DFA, widmet sich seit über 100 Jahren der künstlerischen Fotografie und nimmt mit ihren zahlreichen Online-Aktivitäten eine Vorreiterrolle ein. ProfiFoto sprach mit Jürgen Scriba, DFA-Geschäftsführer und technischer Leiter der Tagungs-Streamings, und Boris Eldagsen (DFA Head of Digital) über ihr Konzept und ihre Erfahrungen.
ProfiFoto: Die DFA ist seit einiger Zeit mit diversen Online-Aktivitäten auffallend aktiv. Welche Strategie steckt dahinter?
Jürgen Scriba: Unser primäres Ziel ist, die Reichweite und den Bekanntheitsgrad der DFA innerhalb der deutschsprachigen Fotoszene zu erhöhen und neue Netzwerke schaffen. Außerdem haben wir beim Relaunch unserer Internetpräsenz durch vollständige Zweisprachigkeit (deutsch/englisch) auch die Basis für zusätzliche internationale Reichweite gelegt. Das setzen wir jetzt mit den aktuellen Online-Aktivitäten fort. Grundsätzlich wünschen wir uns eine Verjüngung, Parität der Geschlechter und Diversität der Ansätze.
Boris Eldagsen: Ich habe für die Aktivitäten des letzten Jahres die Photobubble in zehn Zielgruppen eingeteilt. Für jede Zielgruppe wurde ein individuelles Onlineformat entwickelt und umgesetzt. Die Formate werden zur Zeit von sieben Mitgliedern umgesetzt. Ich entwickle die Strategie, mit Alex Hagmann die neuen Ideen und gehe dann mit dem Präsidium und unserem Verbundpartner ins Feintuning. Für unsere Aktivitäten im nächsten Jahr haben wir sogar 15 Zielgruppen definiert.
Seit 2016 betreue ich die digitalen Aktivitäten der DFA. Das, was man jetzt sieht, hat vor sechs Jahren als Facebook-Livestream mit der Kamera eines Laptops angefangen und ist seitdem organisch gewachsen. Da ich seit 20 Jahren freiberuflich als Stratege und Kreativkonzeptioner arbeite, habe ich in der Vorbereitung der 100-Jahr-Feier der DFA gemerkt, dass ich mich einbringen muss. Das habe ich getan, und das hat unser Präsidium unterstützt.
Mehr zu den verschiedenen Schritten der Digitalisierung kann man meinem Vortrag von November 2021 entnehmen, der im Rahmen des „Netzwerk Fotografie“ Symposiums gehalten wurde. (https://youtu.be/1uSwvh0lbfE ab Minute 50:00)
Jürgen Scriba: Diese relativ lange Erfahrung hat uns auch bei den Förderanträgen geholfen, schlüssige Konzepte zu formulieren, die offenbar überzeugt haben.
ProfiFoto: Die DFA gibt auf ihrer Homepage an, von KULTUR.GEMEINSCHAFTEN gefördert zu werden, ein Förderprogramm für digitale Content-Produktion in Kultureinrichtungen der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, sowie von NEUSTART KULTUR und der Kulturstiftung der Länder. Um welche Art von Förderung handelt es sich dabei? In welcher Höhe liegen die damit verbundenen Fördermittel und welche Verpflichtungen sind damit verbunden?
Jürgen Scriba: Die Fülle der Logos, zu deren Nennung wir verpflichtet sind, täuscht. Die Fördermittel der genannten Institutionen fließen über das Programm Kultur.Gemeinschaften. Auf welche Weise dieses Programm die Digitalisierung und die digitale Contentproduktion fördert, lesen Interessenten am besten auf der Website www.kulturgemeinschaften.de. Die Förderung beträgt in unserem Fall knapp 50.000 Euro pro Projekt. Dabei ist die Aufteilung der Summe in den Bereichen Technik-Ausstattung, Content-Produktion und Fortbildung unterschiedlich. Die geförderten Institutionen müssen auch einen bestimmten Eigenanteil aufbringen. Unser erstes Projekt lief von Juli 2021 bis Juni 2022. Jetzt sind wir gerade im Übergang zum zweiten Projekt, das voraussichtlich bis Juni 2023 läuft. Leider ist noch immer nicht ganz klar, ob die Fördergelder auch über den Jahreswechsel zur Verfügung stehen werden, weil sich der Projektablauf gegenüber den Haushaltsjahren wegen diverser Verzögerungen verschoben hat.
Im zweiten Projekt arbeiten wir mit einem Verbundpartner zusammen, dem Mannhiemer „OFF//FOTO“-Verein und ergänzen die nationale und internationale Perspektive der DFA mit der regionalen unseres Partners.
Die Durchführung dieser Projekte ist relativ aufwendig. Wir haben in der Antragsphase einen detaillierten Contentplan eingereicht und alle Posten in einem Finanzierungsplan hinterlegt. Zwischenergebnisse werden vierteljährlich dokumentiert. Die Mittel werden in bestimmten Raten abgerufen und sind in bestimmten Zeiträumen auszugeben. Alle Ausgaben müssen in Zwischen- und Endnachweis mit dem Finanzierungsplan abgeglichen werden.
ProfiFoto: Wie geht es weiter mit den Online-Aktivitäten der DFA, wenn die Fördermittel verbraucht sind?
Boris Eldagsen: Dass wir die Fördermittel erhalten haben, war zunächst Glück, weil wir nicht von selbst auf diese Programme gestoßen sind, sondern von einem befreundeten Kurator darauf aufmerksam gemacht wurde. Dank guter Teamarbeit ist es uns gelungen, noch recht kurz vor der Deadline einen tragfähigen Antrag auf die Beine zu stellen. Wir haben uns auch noch in einem anderen Förderprogramm beworben, sind dort aber abgelehnt worden. Also ist wohl auch bei guter Vorbereitung ein wenig Glück dabei. Inzwischen recherchieren wir bewusst nach Fördermöglichkeiten und setzen einen RSS-Feed auf, damit wir zukünftige Möglichkeiten nicht verpassen.
Jürgen Scriba: Unsere Aktivitäten sind vielfältig, und wir fassen natürlich auch andere Möglichkeiten ins Auge, diese Vorhaben zu finanzieren. Ich hoffe, dass es uns in der Summe gelingt, auf diesem Niveau weiterzumachen, insofern kann man nicht sagen, wenn dieses oder jenes Programm zu Ende ist, müssen wir in diesem oder jenem Bereich herunterfahren. Wir lernen ja ständig dazu, mit welchen Formaten und mit welchem Aufwand wir unser Kernanliegen voranbringen können – die offene und öffentliche Debatte über künstlerische Fotografie.
ProfiFoto: Was waren die erfolgreichsten Online-Projekte der DFA und woran bemisst sich das?
Boris Eldagsen: Reichweite und Bekanntheitsgrad messen sich quantitativ an den gängigen Kennzahlen (Reichweite, Engagement, Kommentare, Views, Follower). Aber auch qualitativ daran, wie oft man persönlich auf bestimmte Formate angesprochen wird, wie viele Stammzuschauer*innen wir haben und viele Emails und Anfragen der Verband erhält.
Das erfolgreichste Online-Format ist die Editing Challenge, in der zwei Fotobuchexperten (Wolfgang Zurborn und Gast) aus 150 unsortierten Fotos eines DFA-Mitglieds einen Buchdummy bauen und ihre Entscheidungen in einem Zoomgespräch begründen.
Wir werden wir in den kommenden 12 Monaten weitere neue Formate ausprobieren, die auf dem gleichen Gedanken gründen: zwei Expert*in
nen lösen ein künstlerisch-fotografisches Problem einer dritten Person. Das zweiterfolgreichste Format ist der DFA Instagram Talk, in dem Alexander Hagmann und ich uns Gäste zu den Themen „künstlerische Fotografie & Markt“ und „Über Fotografie schreiben & Reden“ einladen.
Fotos: Ruth Stoltenberg