Seit rund einem Jahr bilden die drei Fotografen Alexandra Lechner, Florian W. Müller und Götz Schleser den Vorstand des BFF (Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e.V.). ProfiFoto sprach mit ihnen über aktuelle Entwicklungen in der professionellen Fotoszene und innerhalb des Verbandes.
ProfiFoto: Ihr seid vor rund einem Jahr gewählt worden. Normalerweise zieht man eine erste Zwischenbilanz nach 100 Tagen, in Zeiten von Corona dauert aber vieles etwas länger. Wie ist der BFF durch die Krise gekommen?
Alexandra Lechner: Der BFF ist gut durch die Coronazeit gekommen, die Mitgliederentwicklung ist stabil. Wir haben viele neue, interessante Fotografen, die sich für eine Mitgliedschaft interessieren, unter anderem auch aufgrund unserer Coronanews in den vergangen anderthalb bis zwei Jahren. Die bekommen immer zuerst unsere Mitglieder, und erst danach gehen diese Informationen online. Viele haben bemerkt, dass der BFF sich um die Belange der Fotografen kümmert, sie informiert und ihnen konkrete Hilfestellung bieten kann.
Götz Schleser: Unter den neuen Mitgliedern sind vor allem viele junge Fotografen. Der BFF verjüngt sich dadurch. Wir hatten uns bei unserer Wahl vorgenommen, den BFF nahbarer zu machen. So haben wir Events wie in Zingst, zur BPW und auf der PHOTOPIA Hamburg genutzt, um Präsenz zu zeigen und ansprechbar zu sein. Dass der BFF eben kein elitärer Verein ist, muss man den Leuten ja erst mal vermitteln.
Wir hatten durch Corona übrigens mehrere Kollegen, denen es wirtschaftlich wirklich sehr, sehr schlecht ging und die aus finanziellen Gründen ihre Mitgliedschaft aufgeben wollten. Hier ist es uns gelungen, individuelle Angebote zu machen, die das verhindert haben. Wir sind sehr dankbar, dass hier ein offener Austausch stattfand.
ProfiFoto: Bereits der vorherige Vorstand verfolgte ja das Ziel, weg vom elitären Charakter des BFF, hin zum Verband mit Exzellenz-Anspruch zu kommen. Dazu wurden vor Jahren verschiedene Mitgliedskategorien eingeführt. Hat sich das bewährt?
Götz Schleser: Es gibt die Mitgliedskategorien Member, Professional und Junior. Wer als Member aufgenommen wird, hat drei Jahre Zeit, sich als Professional zu bewerben.
Alexandra Lechner: Man kann sich aber auch gleich als Professional bewerben. Wer zunächst Member wird, hat die Chance, den BFF erst mal näher kennenzulernen. Der Beitrag in dieser Zeit ist niedriger, gleichzeitig hat man aber auch nicht die vollen Möglichkeiten eines BFF Professional-Mitglieds. In diesem Jahr sind rund 70 % der Neumitglieder deshalb gleich als Professional eingetreten.
ProfiFoto: Macht die Member Kategorie denn überhaupt Sinn, wenn nur ein Drittel der Neu-Mitglieder sie für sich in Anspruch nehmen will?
Florian W. Müller: Ja, zum Reinschnuppern auf jeden Fall. Gerade junge Bewerber profitieren davon, da wir bei einer Bewerbung für die Aufnahme als Professional strengere Kriterien anlegen, während bei einem Member zählt, welches Entwicklungspotenzial wir erkennen können. Es gibt durchaus Fälle, in denen sich jemand als Professional bewirbt, wir ihm aber raten, erst einmal als Member einzusteigen. Viele sind für dieses Angebot dankbar, denn so werden sie nicht komplett abgelehnt und haben die Chance, sich als Member weiterzuentwickeln.
ProfiFoto: Die erste große Initiative des neuen BFF Vorstands war die Gründung der BFF Akademie. Welche Strategie steckt dahinter?
Götz Schleser: Wer sich als Profifotograf weiterbilden will, findet kaum qualifizierte Angebote. Die weitaus meisten Workshops sprechen Enthusiasten an. Hier wollen wir ein hochkarätiges Angebot schaffen. Unser Claim ist „Von Profis für Profis“, und den nehmen wir ernst.
Alexandra Lechner: Bei der BFF Akademie geht es eher um Themen auf der Metaebene, weniger um praktische Fragen wie die, welche Blende ich wähle, um ein bestimmtes Bild zu machen. Vielmehr stellt sich doch die Frage, warum mache ich dieses Bild. Der BFF hat in seinen Reihen viel Know-how und ein großes Netzwerk innerhalb der Kreativszene, das wir aktivieren können. Mit der Erfahrung von über 50 Jahren können wir der Fotoszene hier ein attraktives Angebot machen. Aber natürlich hat uns Corona in der Startphase gehindert, ein durchgängiges Programm anbieten zu können. Das wird sich im kommenden Jahr hoffentlich anders gestalten lassen. Wir wollen deutschlandweit Workshopangebote machen, bei denen es unter anderem auch um Themen wie Kundengewinnung für Fotografen geht.
ProfiFoto: Wer stellt denn die Angebote der Akademie zusammen? Im Moment wirkt das Programm noch recht unstrukturiert.
Alexandra Lechner: Zum Start war das eine Aufgabe von uns Dreien, aber es gibt inzwischen ein größeres Panel, das sich um Themen, Inhalte und Referenten kümmert. Bei Events spielt bei der Themensetzung immer auch die Frage der jeweiligen Zielgruppe eine Rolle. Es entwickelt sich gerade ein Team über die Regionen verteilt, das sich um die Programmentwicklung kümmern wird.
Götz Schleser: Durch die Vielfalt unserer individuellen Kontakte entsteht ein vielfältiges und hochkarätig besetztes Programm. Die Leitung der Akademie hat Klaus Einwanger, der mit Teams aus den verschiedenen BFF Regionen zusammenarbeitet.
ProfiFoto: Eines der Ziele, die der BFF mit der Akademie verfolgt, ist die Querfinanzierung des Verbandes. Wie sieht denn da der Businessplan aus? Schließlich ist die BFF Akademie ja ein Unternehmen.
Alexandra Lechner: Der Plan ist, dass die Akademie sich wirtschaftlich nicht nur selbst trägt, sondern auch Gewinne erwirtschaftet. Corona-bedingt mussten im ersten Jahr der Akademie aber zu viele Angebote abgesagt oder verschoben werden, so dass davon aktuell noch keine Rede sein kann. Unsere Akademie ist ein Start-up mit 50 Jahren Erfahrung, und in zwei Jahren wird sich diese Initiative sicher konsolidiert haben.
ProfiFoto: Der BFF ist ja bekannt für eine Vielfalt an Initiativen. Eine davon ist die vor rund zwei Jahren ins Leben gerufene Art Initiative. Wie hat die sich denn entwickelt?
Florian W. Müller: Die Gründung liegt schon etwas länger zurück und ist dem Umstand geschuldet, dass viele BFF Fotografen nicht nur angewandt arbeiten und Aufträge ausführen, sondern auch eigen-initiativ freie Projekte verfolgen und diese präsentieren und vermarkten wollen. Mittlerweile wurde diese Initiative umbenannt in Art Lab, denn es geht darum, gemeinsam einen Markt zu durchdringen, den viele Fotografen nicht gut genug kennen und verstehen. So hätten viele Fotografen gerne eine Galerie, die sie vertritt, wissen aber nicht, wie sie eine finden. Christian Klant und ich kümmern uns mit weiteren Kollegen im BFF um das Art Lab und starten jetzt mit einer Podcast-Serie zu dem Thema, in deren Rahmen wir Leute zu Wort kommen lassen, die auf spezifische Fragen zum Kunstmarkt eine Antwort geben können. Klar ist aber auch, dass es auf viele dieser Fragen unterschiedliche Antworten geben wird, je nachdem, wen man fragt. Wir möchten ein realistisches Abbild schaffen, was nicht auf Hörensagen, Gerüchten oder Vermutungen basiert. Es geht darum, wie wird kuratiert, wie stelle ich selbst eine Ausstellung zusammen, wie gestalte ich meine Mappe? Wie editiere ich, wie mache ich Editionen, wie gehe ich bei der Preisfindung vor? Das Art Lab will BFF Fotografen beim Zugang zum Kunstmarkt helfen, und das, ähnlich wie bei der Akademie, über die Aktivierung unseres großen Netzwerks.
ProfiFoto: Die letzte Initiative war die Gründung des Deutschen Fotorats. Zwei Jahre zuvor war der BFF Gründungsmitglied der Initiative Bild. Hätte man beides nicht besser unter einem Dach vereinen sollen?
Alexandra Lechner: Man muss das unterscheiden. Die Initiative Bild hat eine andere Ausrichtung als der Deutsche Fotorat. Die Initiative Bild setzt durch ihre Eingliederung in den Bundesverband digitale Wirtschaft (BVDW) ihren Schwerpunkt bei anderen Themen als der Deutsche Fotorat. Dort geht es um den Dialog mit Unternehmen, die mit Fotografie und Fotografen arbeiten, während hier das Ziel die Eingliederung einer eigenständigen Foto-Sektion in den Deutschen Kulturrat ist. Während es der Initiative Bild darum geht, in der Wirtschaft als Stimme für die Interessen der Fotografie wahrgenommen zu werden, will der Fotorat dies im Kulturbetrieb erreichen. Allein die Tatsache, dass verschiedene Verbände sich zu diesen unterschiedlichen Themen zusammengeschlossen haben, um gemeinsam Ziele zu vertreten, finde ich schon spannend. Für uns ist klar, dass wir an beiden Initiativen weiter mitarbeiten wollen und sehen hier auch Potential der Zusammenarbeit von beiden Initiativen.
ProfiFoto: Bei Gründung der Initiative Bild war aber doch explizit eine ihrer Zielsetzungen, die Wertschätzung der Fotografie im kulturellen Kontext zu stärken. Ist die Initiative Bild mit Gründung des Fotorats gescheitert? Vereinbart war, nach zwei Jahren Zwischenbilanz zu ziehen. Wie bewertet der BFF diese Frage?
Alexandra Lechner: Während der Coronazeit hat die Initiative Bild ja durchaus an die Wirtschaft und auch die Politik appelliert, die Situation der Fotografen zu verbessern und auf die Notwendigkeit aufmerksam gemacht. Im BVDW arbeitet die Initiative in verschiedenen Arbeitsgruppen mit. Da wird vieles direkt im Dialog mit den politisch relevanten Gremien in den Bundesministerien geleistet, was man als Außenstehender nicht so stark wahrnimmt. An der Öffentlichkeitsarbeit muss daher sicher nachgebessert werden.
Götz Schleser: Auch hier hat Corona vieles ausgebremst.
ProfiFoto: Freelens hat auf dem Klageweg in dieser Zeit bei Facebook hinsichtlich der Löschung von IPTC Daten mehr durchgesetzt, als die Initiative Bild mit ihrer angeblich so guten Vernetzung im BVDW.
Götz Schleser: Wir denken dennoch, es ist besser, miteinander zu reden, als sich zu verklagen – und dazu nutzen wir die sehr guten Kontakte des BVDW.
ProfiFoto: Bei der Novellierung des Urheberrechts hat man jedenfalls wenig vom Einfluss des BFF und der Initiative Bild wahrnehmen können. Hat der BFF dieses Thema bewusst der VG Bild Kunst überlassen, in deren Beirat seine Mitglieder ja durch die BFF-Justiziarin Dorothe Lanc vertreten werden?
Alexandra Lechner: Im Beirat der VG Bild Kunst sitzen ja auch Vertreter von Freelens und anderer Verbände, so dass solche Themen dort diskutiert werden. Die Information zum Stand dieser Diskussionen kam und kommt schon bei unseren Mitgliedern an.
Insbesondere Gesetzgebungsverfahren wie das zum Urheberrecht sind ja auch so komplex, dass man da als Fotograf kaum mitreden kann. Daher ist es gut, dass Dorothe Lanc als Juristin den Vorstand und auch die Mitglieder hierzu informiert und berät.
ProfiFoto: Ist der BFF denn zufrieden mit dem Ergebnis der Urheberrechts-Aktualisierung?
Alexandra Lechner: Ich denke, es wird sich in der Praxis zeigen, wie das zu beurteilen ist. Ich persönlich habe das neue Urheberrecht ehrlich gesagt noch nicht durchdrungen, obwohl ich mich einen kompletten Tag damit beschäftigt habe. Für mich persönlich ist das Thema Plattformlizenz nicht ganz so wichtig. Dennoch kann ich verstehen, wenn Fotografen das neue Regelwerk kritisch sehen. Möglicherweise ist es tatsächlich so, dass die Fotoszene das ein wenig verschlafen hat. Gleichzeitig ist der Wandel des Digitalen wahnsinnig schnell. Vielleicht ist Facebook in drei Jahren schon gar kein Thema mehr.
Florian W. Müller: Dass sich etwas ändern musste, ist aber unabhängig davon sicher richtig. Wir müssen die Entwicklung in jedem Fall im Blick behalten und weiter diskutieren.
ProfiFoto: Der aktuell ausgeschriebene „Neue BFF Förderpreis“ hat modifizierte Teilnahmebedingungen. Was ist das Ziel? Was soll damit erreicht werden?
Götz Schleser: Wir haben den Wettbewerb in diesem Jahr auch für freie Assistenten geöffnet, die mindestens zwei Jahre in dem Beruf tätig sind, aber nicht älter als 30 Jahre sein dürfen. Diese Altersgrenze gilt für alle Bewerber. Einen 40-jährigen Quereinsteiger in die Fotografie sehen wir nicht als Nachwuchs. Wir wollen die zwölf besten Bewerber fördern, unabhängig davon, aus welchem Bereich diese kommen. Um die Lücken zu füllen, die es in der Ausbildung gibt, wird es im Rahmen des Mentoren-Programms außerdem mehr praktische Hilfestellung geben als bislang. Ganz wichtig: Es werden keine bereits begonnenen Projekte mehr beim Nachwuchsförderpreis zugelassen. Teilnehmer müssen ihr komplettes Projekt innerhalb von drei Monaten erarbeiten.
Alexandra Lechner: Der BFF schiebt ganz allgemein viele neue Projekte an, die nicht zuletzt den Mitgliedern viele Möglichkeiten eröffnen, sich zu engagieren und sich zu zeigen, um sichtbarer zu werden. Denn das ist etwas, was der BFF leisten kann, ob durch den Nachwuchspreis, das Art Lab oder die Akademie. Wir haben viel vor und machen uns auf den Weg, mit und für Profifotografen, die den BFF als Plattform für ihre Sichtbarkeit nutzen können. Das ist uns allen wichtig, denn wir wollen auch zukünftig von unserer Fotografie leben können.
Foto oben: Bilden seit einem Jahr den Vorstand des BFF: Götz Schleser Alexandra, Lechner und Florian W. Müller (v.l.n.r.), Foto: © Per Schorn