Grünen-Urgestein Claudia Roth soll die neue Staatsministerin für Kultur und Medien werden. Damit wird die langjährige Schirmherrin des Fotogipfels Oberstdorf und Fotografie-Liebhaberin die Nachfolgerin von Monika Grütters. Von der erbt Claudia Roth damit die Auseinandersetzung der möglichen Standorte eines „Bundesinstituts für Fotografie“. Eine Bestandaufnahme zum Stand der Dinge:
Bis zur Bundestagswahl Ende September 2021 konnte die bisherige Staatsministerin für Kultur und Medien, Monika Grütters, keine Entscheidung zum Standort des geplanten Fotoinstituts herbeiführen. Dort sollen bekanntlich alle durch ein solches Institut abzudeckenden Kompetenzfelder an einem Ort und unter einem Dach zusammengefasst sein. Dabei ist neben der Standortfrage ebenfalls strittig, welche das sind …
Eine von Grütters eingesetzte Expertenkommission und eine von ihr beauftragte Machbarkeitsstudie hatten sich in mehrmonatigen Prozessen 2020 und 2021 für das UNESCO-Welterbe Zollverein in Essen als Standort für das Bundesinstitut für Fotografie ausgesprochen.
Aufgrund seiner langen Tradition in der Landeshauptstadt setzt sich jedoch Düsseldorf bereits seit über zehn Jahren nachdrücklich für die Gründung einer solchen Institution für die Fotografie ein und hatte im Bundeshalt und im Etat des Landes NRW bereits Finanzierungszusagen in Höhe von rund 80 Millionen Euro erhalten. Die Stadt Düsseldorf bietet als Bauplatz ein zentral in der Innenstadt gelegenes Areal neben dem Kunstpalast und den NRW Forum an.
Dort soll das Deutsche Fotoinstitut ein offener Ort sein, der die Lücken schließt, die das Netzwerk an oft individuell agierenden, föderal organisierten Fotosammlungen und -archiven offenbart. Zu den Kernaufgaben des geplanten Kompetenzzentrums soll es gehören, Fachleuten und einem breiten Publikum die Begegnung mit dem komplexen Medium der Fotografie und den damit verbundenen zukunftsorientierten Diskursen zu ermöglichen. Eine solche Institution wäre weltweit einmalig und visionär.
Seit Ende November unterstützt offiziell auch die Kunstakademie Düsseldorf die Landeshauptstadt Düsseldorf, den DFI e.V. (Verein zur Gründung und Förderung eines Deutschen Fotoinstituts e.V.) und die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur (Köln) beim Prozess zur Planung und Gründung des Deutschen Fotoinstituts am Standort Düsseldorf. Prof. Karl-Heinz Petzinka: „Die Kunstakademie ist so zusagen die Geburtsstätte der Düsseldorfer Fotoschule und ist glücklich, zusammen mit der Landeshauptstadt Düsseldorf und der Photographischen Sammlung in Köln die wichtige Arbeit des DFI unterstützen zu können.“ Zu deren Vorstandsmitgliedern zählt der renommierte Fotokünstler Andreas Gursky: „Ich freue mich, dass die Kunstakademie, der ich durch meine Zeit als ehemaliger Student und Lehrender verbunden bin, unsere Bemühungen um den Aufbau eines Fotoinstituts in Düsseldorf unterstützt.“
Vor dem Hintergrund der Institutsplanung bieten die Kooperationspartner für das nächste Jahr ein gemeinsames Semesterprogramm an, das für die Studierenden der Kunstakademie Düsseldorf ein Angebot von Kolloquien, Workshops sowie Atelier- und Institutionsbesuchen vorsieht. Parallel ist eine öffentliche Veranstaltungsreihe der Landeshauptstadt und dem DFI e.V. in Planung.
Als erneuter Appell zum geplanten Bundesinstitut für Fotografie auf Zollverein ist dagegen bereits die zweite Ausgabe des Magazins „Fotostadt Essen“ erschienen. Partner sind hier die Folkwang Universität der Künste, Historisches Archiv Krupp, Museum Folkwang und Stiftung Ruhr Museum. Als Baufeld des Bundesinstituts auf Zollverein ist eine Fläche unmittelbar neben der Folkwang Universität der Künste vorgesehen.
Am 3. Und 4. Dezember 2021 richtet das Zentrum für Fotografie Essen unter dem Titel „Von unikal bis unlimitiert. Werte des Fotografischen“ ein Symposium aus, das weiteren Anlass für Gespräche und Diskussionen zum Bundesinstitut für Fotografie geben will. Im Fokus stehen die unterschiedlichen Felder der Fotografie: Kunst, Wissenschaft, Archiv, Kuratorisches, Restaurierung sowie der Kunstmarkt.
Was beide Initiativen eint ist der dringende Wunsch einer zentralen Institution für die Fotografie in Deutschland. Jetzt muss Claudia Roth als designierte Staatsministerin für Kultur und Medien den von Grütters nicht gelösten Konflikt um die Standort- und konzeptionelle Fragen lösen.
Foto oben: Hans-Georg-Lohe, Prof. Karl-Heinz Petzinka, Andreas Gursky, Dr. Stephan Keller, Moritz Wegwerth und Gabriele Conrath-Scholl (v.l.) vor der Kunstakademie