Ist es das nächste große digitale Ding? Ich spreche von „Non Fungible Token“, oder kurz NFT. Das steht für ein nicht manipulierbares eindeutiges digitales Asset, das fälschungssicher mit Hilfe der Blockchain Technologie digital gespeichert und gehandelt werden kann. Was so nüchtern technologisch klingt, ist wohl nicht weniger als ein weiterer disruptiver Meilenstein der Digitalisierung. Nachdem Krypto-Währungen wie Bitcoin mit der Idee eines dezentralisierten Finanzmarkts Banken weiter massiv unter Druck setzen, macht sich nun NFT auf, unter anderem die Regeln des Kunstmarkts neu zu schreiben und das Business der Fine Art Fotografie nachhaltig zu verändern.
Spätestens seit der spektakulären Versteigerung eines rein digitalen Assets des Künstlers Beeple bei Christie‘s für 42.329,453 Etherium (umgerechnet satte 69,3 Millionen US-Dollar) war klar, NFT ist mehr als eine Spielwiese für Informatiker und „Nerds“. Es ist ein anerkanntes Medium für den Handel mit Kunst in der realen Welt! Dabei fing die NFT Art alles andere als künstlerisch an. In meinem Gespräch mit dem Digitalexperten Christoph Baumeister* erfahre ich mehr zu den Hintergründen. Das erste NFT stammt aus der Feder von zwei Softwareentwicklern der Firma Lava Labs, die ein Programm entwickelten, um automatisiert tausende unterschiedliche Videospielfiguren zu produzieren. Ein Experiment, wie sie sagten. Die wenig aufwändig gestalteten zweidimensionalen Pixelfiguren erinnern dementsprechend auch an ein einfaches Videospiel der 80er Jahre. Der erste „CryptoPunk“ erblickte am 23. Juni 2017 das Licht der digitalen Welt. Er wurde als NFT „geprägt“ (minted), damit man ihn weitergeben und sammeln konnte. Ein smarter Schachzug und ein Grundstein für die NFT Art. 2021 werden sie ebenfalls bei Christie‘s versteigert. Startpreis: 7 Millionen US-Dollar. Doch was bedeutet das für die Fine Art Fotografie? Sollen Fotokünstlerinnen und Künstler ihre Werke nicht mehr als Prints über Galeristen verkaufen, sondern einfach als NFT prägen? Ja und Nein.
Um zu verstehen, welche Auswirkungen NFT auf Fotokünstler hat, lohnt ein genauerer Blick auf die Business-Möglichkeiten, wie Baumeister erläutert: „Alles, was digitalisiert werden kann, kann als NFT geprägt werden. Also zum Beispiel Bilder, Videos, 3D-Animationen, Musik und Fotografie. Der Clou: den NFTs können nicht nur die digitalen Informationen zum Asset selbst mitgegeben werden, sondern auch die Bedingungen des Handelns. Das heißt der „Präger“ kann eine Provision im NFT hinterlegen. Ist es mal am Markt und wird gehandelt bekommt er bei jedem Verkauf seine Prozente. Die digitale Quelle sprudelt und das unbegrenzt. Ganz ohne Zwischenhändler.“
Soweit so gut. Die Fine Art Fotografie als NFT in den Umlauf zu bekommen, ist allerdings, wie im klassischen Kunstmarkt, eine große Herausforderung. Ohne eine gute, glaubhafte Geschichte der Werke und eine starke Positionierung des Künstlers, gibt es auch hier keine Käufer, die bereit sind, in Kunst zu investieren. So spielen Galeristen und Kuratoren auch in der digitalen Welt weiterhin eine wichtige Rolle. Sie sind es, die den Werken Aufmerksamkeit und die erhoffte Wertigkeit verschaffen. So wie im Fall von Christie‘s. Aber nicht nur, der Fotokünstler sollte auch selbst für Nachfrage sorgen. Über Soziale Medien das eigene Profil aufbauen und schärfen. Die eigene Community, eine Fanbase und schließlich einen Hype für sich und seine Arbeit erzeugen, sind die ersten und wichtigsten Schritte, um in diesem Markt erfolgreich zu sein. Erst dann kommt der nächste Schritt: Verkaufen und handeln lassen.
„Natürlich ist es verlockend, eine Abkürzung zu nehmen und die Werke mehr oder weniger für 0 Euro in den Markt zu spülen. Sobald sie für irgendeine Summe gehandelt werden, gibt es ja Prozente. Allerdings ist diese Methode eher etwas für CryptoPunks, CryptoKitties und all die anderen CryptoPunks-Klone, nicht für Fine Art“, sagt Baumeister. Sie ist geprägt von Haltung, einer Geschichte und kein reines Geschäftsmodell. Auch wenn das nicht außer Acht gelassen werden sollte, so ist der künstlerische Aspekt, die Glaubwürdigkeit der Arbeit für die Akzeptanz des Kreativen für nachhaltigen Erfolg unerlässlich“.
Hinzu kommen die technischen Hürden der Krypto-Welt. Wie genau und wo man am besten NFTs prägt, erklären die größten Marktplätze, wie OpenSea oder Makersplace auf ihren Webseiten. Es braucht allerdings ein wenig Geduld und Zeit sich mit Wallets, Krypto-Währungen und dem Gaspreis für Etherium zu beschäftigen. Für Beeple hat es sich jedenfalls gelohnt.
Und sind Sie schon im Krypto-Art-Rausch?
Silke Güldner coacht Fotografinnen und Fotografen dabei, ihr Potenzial und ihre Kompetenz im Foto-Business zu entwickeln, zu präsentieren und zu verkaufen.
https://www.silkegueldner.de
www.silkegueldner.de
*Christoph Baumeister / www.baumeister-consulting.de