Corona hat auch den Markt für Fotokunst verändert. Weil Ausstellungen geschlossen, Messen abgesagt oder verschoben wurden und Galerien drohen, pleite zu gehen, folgen immer mehr Künstler dem Direct-to-Consumer-Trend und verkaufen ihre Kunst selbst – oft auch über Instagram und zusätzlich beflügelt durch den erhöhten Einkaufsetat für die Kunstsammlung des Bundes.
Umfrage Direktverkäufe auf dem Kunstmarkt
Corona hat auch den Markt für Fotokunst verändert. Weil Ausstellungen geschlossen, Messen abgesagt oder verschoben wurden und Galerien drohen pleite zu gehen, folgen immer mehr Künstler dem Direct-to-Consumer-Trend und verkaufen ihre Kunst selbst – oft auch über Instagram und zusätzlich beflügelt durch den erhöhten Einkaufsetat für die Kunstsammlung des Bundes.
1.
Wie sind Ihre Erfahrungen damit, Kunst direkt vom Künstler zu kaufen bzw Ihre eigene Kunst direkt an Sammler oder Museen zu verkaufen?
2.
Wird dieser Trend auch nach dem Ende der Pandemie anhalten und was würde das für die Galerienszene bedeuten?
3.
Bei einem Kunstkauf direkt vom Künstler: Worauf sollte man als Käufer, worauf als Fotograf unbedingt achten?
4. Welche Möglichkeiten habe ich als Fotograf, meine Direktverkäufe anzukurbeln?
Stefan Heyne, Künstler, Instagram: @heyneheyne
1.
Das Interesse an guter Kunst in allen Preisklassen ist ungebrochen. Die Menschen brauchen Kunst zum Leben. Die Pandemie hat das gerade noch verstärkt. Stehen die eher tradierten Verkaufskanäle wegen des Lockdowns nicht zur Verfügung entstehen automatisch andere. Unfreiwillig waren ja viele Leute mal wieder richtig lange in ihrem Zuhause und haben auf einmal gemerkt, dass die Wände leer sind.
2.
Die Pandemie hat ja nur etwas verschärft, was ohnehin ansteht: Eine Art Marktbereinigung. Galerien haben sich in dieser Zeit sicher nicht als die zuverlässigsten Geschäftsmodelle erwiesen – zumindest dann, wenn sie eben nur auf Präsenz im weißen Raum gesetzt haben. Strukturell ist es sicher ein Problem, dass viele Galerien einen zu großen Overhead haben: Teure Mieten, weil sie eine museumsähnliche Verkaufsatmosphäre bieten wollen, viele Mitarbeiter und immer diese Dinner. Diese Kosten müssen sie natürlich auf die Künstler umlegen. Dieses Modell macht sicher nur bei den Big Five Sinn. Das der Staat die Landwirtschaft und Autoindustrie mit Milliarden subventioniert, den Kunstmarkt – und dazu gehört ja die gesamte Galerielandschaft – jedoch nicht oder völlig unzureichend, kommt erschwerend hinzu und ist besonders für ein Land der Dichter und Denker eine Schande.
Aber die Kunst selbst steht ja auch immer für Veränderungen und das Gehen neuer Wege. Warum soll das dann nicht auch für den Verkauf dieser gelten? Auch verkaufen ist eine Kunst. Instagram hat sich aus meiner Sicht längst zu eine Art Amazon für Kunst entwickelt, sicher nicht in jeder Preiskategorie.
3.
Wir hatten von Beginn an viele direkte Anfragen von Interessenten. Das Schöne ist doch: Künstler und Sammler/Käufer lernen sich direkt kennen und die Kunst selbst steht sofort im Mittelpunkt. Weiter ist es wie bei jedem anderen Kauf auch und im Besonderen beim Kaufen von Kunst: Kaufe nur, was dir wirklich gefällt und warte vielleicht mit einer Entscheidung etwas ab. Sicher sind viele Künstler bereit eine gewisse Rabattierung einzuräumen.
4.
Liebe wirklich, was du machst und sei präsent. Kunst sind Emotionen, die Emotionen auslösen. Lass andere daran teilhaben, was du tust und wie du es tust und stelle nicht nur ein „Produkt“ zur Schau. Bilde eine Community. Mein Team und ich gehen nur noch gezielte projektbezogene Zusammenarbeiten ein, auch mit Galerien.
Michael Volkmer, Künstler, michael-volkmer.de
1.
Insgesamt sind meine Erfahrungen als direkter Verkäufer meiner Kunst sehr gut. Ich kann mich nur an ein negatives Beispiel erinnern, da stand ich mit einer Arbeit, die sich ein Architekt ausgesucht hatte – er kannte einiges von mir über Ausstellungen und Sammler – in einer schönen Wohnung vor zwei netten Menschen, die sich nicht über den richtigen Platz für die Arbeit einigen konnten. Was zu einem Streit zwischen beiden führte und dazu, dass ich die Arbeit wieder mitgenommen habe. Den Kauf hätte ich einklagen können, aber ich will keine Arbeit verkaufen, die nicht gemocht wird. An der Kunst soll man sich ja freuen.
Der Direktverkauf hat natürlich den positiven Aspekt, nicht die Hälfte des Erlöses abgeben zu müssen. Eine Galerie „lohnt“ sich also nur, wenn sie entsprechend viel verkauft, durch die größere Anzahl an Kontakten und über Messen. Zudem kenne ich auch genügend Künstler, die wenig Arbeiten verkaufen, obwohl sie eine Galerie haben, die aber an diese Galerie gebunden sind und somit immer – auch bei öffentlichen Ankäufer – einen Anteil an die Galerie zahlen müssen. Wenn es aber eine Galerie ist, die die Künstlerin oder den Künstler richtig fördert, hat das natürlich enorme Vorteile.
2.
Während der Pandemie habe ich etwas mehr an Privat verkauft, das hat die ausgefallenen Projekthonorare aufgefangen. Ich arbeite oft installativ, somit schwer verkaufbar und bekomme dann Honorare. Zuerst hatte ich die Befürchtung, dass das Geld zurückgehalten wird und keine privaten Kunstkäufe stattfinden. Tatsächlich hatte ich auch zwei Fälle, bei denen Kaufankündigungen für konkrete Arbeiten zurückgezogen wurden. Aber dann ging es Ende 2020 doch wieder los und ich habe den Eindruck, dass die weniger geschäftige und hektische Zeit genutzt wird, sich Kunst nach Hause zu holen. Es wäre schön, wenn es so weiter ginge.
Galerien vertreten viele Künstlern und können oft keine neuen mehr aufnehmen. Ich glaube kaum, dass die Direktverkäufe der Galerieszene insgesamt schaden.
3.
Als Käufer sollte man sich über einen Kaufvertrag absichern. Falls es zu einem Versicherungsschaden kommt, ist so der Wert der Arbeit belegt. Auch wenn ein Fehler in der Verarbeitung vorliegt, sich etwa durch schlechte Verklebung etwas ablöst, kann der Künstler haftbar gemacht werden.
Ich biete bei Bedarf auch Ratenzahlung an. Hier muss ich mich als Künstler natürlich auch mit einem entsprechenden Vertrag absichern. Gerne berate ich auch in der Wahl des richtigen Platzes in der Wohnung und bei Bedarf auch einer farblichen Wandgestaltung oder Neuordnung des Interieurs, um die Kunst ins beste Licht zu rücken.
4.
Mit dem Verkauf über Online-Plattformen habe ich keine Erfahrung. Immer wieder stelle ich fest, wie wichtig es ist, die Arbeiten im Original (und in der Originalgröße) – sei es im Atelier, sei es in Ausstellungen – zu sehen.
Julia Rosenbaum, Art Advisor, juliarosenbaum.com
1.
Als Kunstberaterin vermittle ich hauptsächlich Werke, die entweder direkt vom Künstler aus dem Atelier oder über eine Galerie verkauft werden. Der Austausch mit dem Künstler im Vorfeld über Inhalte der jeweiligen Arbeit, Entstehungsprozesse und Hintergründe ist immer etwas ganz Besonderes – für meine Kunden, aber auch für mich, da ich immer wieder etwas Neues lerne. Grundsätzlich macht es aber keinen großen Unterschied, ob ich direkt vom Künstler oder über eine Galerie Arbeiten vermittle.
2. Ich würde im Bereich der Kunstberatung nicht von einem Trend sprechen, direkt vom Künstler zu kaufen. Besonders wenn man in der jungen, auf dem Markt noch nicht etablierten Kunst unterwegs ist, ist das keine Seltenheit. Nicht jeder Künstler hat eine Galerie, manche entscheiden sich sogar bewusst dagegen.
Grundsätzlich wird Corona aber den Markt verändern. Leider wird es besonders die Galerien treffen, die im Mittelsegment arbeiten, ihre Hauptumsätze auf Messen gemacht haben, mehr als einen Galeriestandort und eine Anzahl an Mitarbeitern haben. Für die Galerienszene heißt das weniger Vielfalt und das hilft keinem – nicht den Künstlern, nicht den Sammlern und uns Kunstberatern auch nicht. Es schadet dem gesamten Marktumfeld.
Hinzukommt, dass nicht jeder Künstler gut im Verkauf der eigenen Kunst ist. Ganz im Gegenteil, ich finde Künstler sollen allein die Möglichkeit haben, sich auf ihre Arbeit zu konzentrieren und weniger auf ihre Vermarktung und Verkauf. Ohne eine Vertretung sind Werke von guten, aber stilleren Künstlern vielleicht weniger sichtbar, das macht mir Sorgen. Da ist die Funktion von Galerien oder Vermittlern wichtig.
3.
Als Kunstberaterin versuche ich meine Kunden darin zu unterstützen, eine Arbeit zu wählen, die eine besondere Stellung im Oeuvre hat, besonders charakteristisch oder einzigartig ist. Da haben die Galeristen natürlich immer eine unschätzbare Kenntnis, aber Künstler bringen den unmittelbarsten, persönlichsten Blick mit. Dies lässt sich in einem persönlichen Gespräch hervorragend vorab erfahren. Bei einem direkten Verkauf ist es wie auch durch eine Galerie wichtig, dass die Arbeit in einem einwandfreien Zustand ist, dass es ein Zertifikat oder ein Nachweis gibt, dass die Arbeit vom Künstler ist und es einen Hinweis auf Werkangaben und Auflage gibt. Toll ist es immer, wenn der Kunde einen Katalog mit dazu erhält, wo die erworbene Arbeit enthalten ist.
4.
Ich bin immer dankbar für interessante Hinweise von Kollegen, aber auch von Künstlern selbst. Daher ist mein Rat an Fotograf eher ein allgemeiner: Netzwerke bilden, sich mit Kollegen zusammentun, um gemeinsam Projekte zu realisieren. Aber auch sich gegenseitig die eigene Arbeit zu zeigen, scheint mir ähnlich wichtig wie Kuratoren, Autoren und anderen Kunstleuten auf dem Laufenden zu halten. Ich finde es auch ratsam, regelmäßig zu einem Atelierbesuch einzuladen, um neue Werke zu zeigen und zu erklären. Die Pandemie hat mir aber gezeigt, dass dies auch online durch digitale Plattformen wie Zoom sehr individuell möglich und sinnvoll ist. Darüber hinaus kann Instagram für die Sichtbarkeit ein gutes Tool sein.
Rob Hornstra, Fotograf, robhornstra.com
1.
Meine Erfahrung mit dem Direktverkauf von Kunst ohne über eine Galerie zu gehen ist sowohl positiv als auch negativ. Die positive Seite ist der direkte Kontakt mit Käufern und die Freiheit, die ich genieße, selbst zu entscheiden, wie viel Geld ich für ein Werk verlange. Ich selbst bin ein großer Verfechter der Zugänglichkeit von Kunst und das gilt auch für die Welt des Kunstmarktes. Deshalb möchte ich die Freiheit haben, meine Arbeiten nicht zu teuer und einige meiner Arbeiten sogar für einen sehr niedrigen Preis zu verkaufen. Auf diese Weise versuche ich, den Verkauf von Kunst weniger elitär zu gestalten.
Die Galerien, mit denen ich gearbeitet habe, waren immer sehr abgeneigt, Kunst zu einem niedrigen Preis zu verkaufen. Sie sind der Meinung, dass Exklusivität gut ist, um die Preise in die Höhe zu treiben. In all den Jahren habe ich jedoch festgestellt, dass ich mich sehr unwohl fühle, wenn meine Arbeit nur für Leute mit einer dicken Brieftasche zugänglich ist.
Die Kunstwelt – insbesondere Galerien, Kunstmessen und Kunstkäufer – ist unglaublich konservativ. Das ist ein Nachteil, wenn man unabhängig arbeiten will. Viele Kunstkäufer schauen nur darauf, was Galerien machen und kaufen auf Kunstmessen. Viele Galerien schauen kaum auf Qualität und Inhalt, sondern in erster Linie auf die Verkäuflichkeit der Arbeiten. Natürlich können Qualität und Verkäuflichkeit Hand in Hand gehen. Aber wenn ich mich auf Kunstmessen umschaue, deprimiert mich, was ich dort sehe, denn es dominieren bombastische und vorhersehbare Ästhetiken. Und die Kunstkäufer nehmen das als selbstverständlich hin, weil es von einer Galerie „abgesegnet“ wurde.
Ich hoffe, dass die Zeit kommen wird, dass sich mehr Künstler aus dem Griff der Galerienwelt befreien. Und dass mehr Kunstkäufer, auch Kuratoren, ihren Horizont ein wenig erweitern und versuchen zu verstehen, warum manche Künstler keinen Bezug zu Galerien und Kunstmessen haben wollen. Es ist hauptsächlich eine elitäre und geldbesessene Pseudowelt mit nur wenigen Ausnahmen.
2.
Ich denke, es ist ein wenig mehr Offenheit gegenüber neuen Verkaufsmöglichkeiten entstanden, aber wie ich schon schrieb, ist die Welt der Kunstkäufer wirklich beispiellos konservativ. Und obwohl ich es hoffe, glaube ich nicht, dass es in den Jahren nach der Pandemie einen revolutionären Wandel geben wird.
3.
Ich denke, dass drei Dinge sehr wichtig sind, wenn Sie die Arbeit eines Künstlers kaufen wollen: Am offensichtlichsten ist, dass das Werk Sie als Käufer ansprechen muss. Zweitens ist es offensichtlich, dass Ihr Kauf einen Beitrag zur Karriere eines Künstlers leistet, denn der Erwerb von Kunst bedeutet viel mehr als nur eine finanzielle Transaktion. Und schließlich ist es wichtig, mehr über die handwerkliche Ausführung der Arbeit herauszufinden. Die Art des Drucks, die Art, wie das Foto aufgezogen ist, die Rahmung, das Zertifikat. Jedes Detail ist wichtig und sollte von hoher Qualität sein.
Ich sagte bereits, dass ich dafür plädiere, Kunst zugänglich zu machen, aber das sollte niemals ein Argument dafür sein, bei der handwerklichen Qualität des Werks Abstriche zu machen. Neben teureren Werken verkaufe ich viermal im Jahr einen einzigartigen Druck aus meinem Archiv für 158 Euro in einer Auflage von maximal 25 Exemplaren. Was viele Leute nicht wissen, ist, dass mehr als die Hälfte der Einnahmen direkt in den manuellen Druck des Werks in höchstmöglicher Qualität fließt. Der Gewinn ist minimal, aber die Befriedigung, ein hochwertiges Werk zu einem niedrigen Preis anzubieten, ist unbezahlbar.
4.
Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, aber gleichzeitig muss man sich darüber im Klaren sein, dass es ein langer Prozess ist und viel Energie kostet. Da man nicht mit einem Netzwerk von Kunstkäufern aus einer Galerie arbeitet, muss man sich selbst ein Netzwerk von Menschen aufbauen, die sich für das interessieren, was man tut.
Dabei hilft alles: die sozialen Medien, Vorträge über die eigene Arbeit, das Organisieren von Präsentationen Ihrer Arbeit, die Aufmerksamkeit der klassischen Medien (die Sie wiederum oft durch das Organisieren von Präsentationen erhalten) und vieles mehr. Ich bin überzeugt, dass es jede Menge Möglichkeiten gibt, Aufmerksamkeit für Ihre Arbeit zu bekommen und Unterstützer oder Käufer zu finden. Man muss nur eine Antenne dafür entwickeln und diese Chancen ergreifen. Do It Yourself. Ich liebe diesen Teil meines Berufes.
Simone Klein, Art Advisor, simoneklein.de
1.
Kunst direkt vom Künstler zu kaufen sollte aus meiner Sicht nur dann eine Option sein, wenn der Künstler über keine Galerievertretung verfügt oder nicht mit einem Agenten oder sonstigen Repräsentanz zusammenarbeitet. Ob man beim Besuch im Atelier kauft oder über eine Online-Plattform, spielt keine Rolle. Jedoch würde ich persönlich – und das rate ich auch jedem meiner Kunden – niemals ein Kunstwerk kaufen, das ich nicht im Original gesehen habe und dazu eine Beziehung aufgebaut habe. Nur wenn man das Werk des Künstlers und dessen Wirkung als Objekt wirklich gut kennt, könnte man einen Online-Kauf in Erwägung ziehen. Dies gilt beispielsweise für posthume fotografische Abzüge.
2.
Dass ein Künstler sich selbst vermarktet, ohne Galerie, ist ja kein Phänomen von 2020. Der spektakulärste Fall war die sehr erfolgreiche Auktion „Beautiful inside my head forever“ 2008 bei Sotheby’s in London, die ausschließlich mit Arbeiten direkt aus dem Atelier von Damien Hirst bestückt war, ohne dass seine Galerie beteiligt war. Dann gab es ja den berühmten Fall des australischen Fotografen Peter Lik, der über ein umspannendes Netz von eigenen Galerien verfügt und schon früh einen Online-Shop hatte, über die seine eigenen Fotografien in sehr großen Auflagen (bis zu 1.000 Exemplaren pro Motiv) verkauft werden. Eine seiner Fotografien soll 2014 in einer Charity-Auktion in Las Vegas für 6,5 Millionen US-Dollar verkauft worden sein. Kein einziges der Fotos von Peter Lik hat es jemals erfolgreich auf den Auktionsmarkt geschafft.
Grundsätzlich funktioniert der nachhaltige Kunstmarkt ja so, dass Künstler ihre Kunst machen und eine Galerie sich um die Vermarktung und die Platzierung der Werke in Sammlungen und Ausstellungen kümmert und damit seinen Wert auf dem Markt etabliert und innerhalb der Kunstszene aufbaut. An dieser Grundregel des Kunstmarktes wird sich meiner Meinung nach nichts ändern.
3.
Wenn ein Künstler direkt verkauft, dann sollte er in jedem Fall eine transparente, seriöse Preisstruktur haben, dieselbe, mit der auch seine Galerie arbeiten würde. Preise dürfen sich nicht widersprechen. Bei Fotografien heißt das: Es muss eine klare Strategie geben, was die Auflagen angeht, und eine anerkannte Terminologie, die das Werk beschreibt. Die Arbeiten müssen signiert sein, ein Zertifikat sollte beigefügt werden, denn die Provenienz ist beim eventuellen Weiterverkauf besonders wichtig.
Hendrik Faure, Künstler, Galerist, Sammler
1.
In Deutschland versuche ich gar nicht erst, meine Héliogravuren an Museen oder andere öffentliche Einrichtungen zu verkaufen. Deren Leiter oder Kuratoren reagieren in aller Regel nicht auf Nachrichten außerhalb ihrer eigenen Seilschaft. Zudem bin ich nicht gut vernetzt.
In den USA habe ich sehr gute Erfahrungen mit Sammlern gemacht. Durch den Ankauf eines spezialisierten Sammlers konnte ich meine gesamten Materialkosten eines Jahres finanzieren.
Meine Hauptzielgruppe als Photograph(iker) und Galerist sind aber Leute, die sich sonst Kunst nicht leisten können. Diese honorieren mich oft mit Tauschgeschäften und Gegenleistungen wie Holz hacken, Brennmaterial für die Galerieöfen, mit Objekten für Stillleben oder über die Spendendose. Von anderen Künstlern kaufe ich Fotografie nur, wenn diese nicht digital hergestellt ist und wenn ich ich den Fotografen persönlich kenne und fördern möchte.
2.
Das oben genannte hat mit seuchenrechtlich bedingten Einschränkungen nichts zu tun. Nach deren Ende werden wir aber ein Eröffnungskonzert für die Galerie in der Dorfkirche nachholen. Wir werden mehrere Künstler zu Ausstellungen einladen, die bereits ein Interesse an unserem speziellen Konzept gezeigt haben. Alle kommen aus der osteuropäischen Hochschulszene oder aus der Deutschen Fotografischen Akademie.
3.
Als Käufer kommt es darauf an, wie viel Geld man hat und wofür man es ausgeben will.
a) Mit wenig Geld empfehle ich, von Künstlern direkt zu kaufen, die man mag, persönlich aufsuchen kann und die einen Blick in ihre Werkstatt erlauben.
b) Mit sehr viel Geld wendet man sich für Anlagezwecke am besten an eine Galerie, die schon längere Zeit einen guten Ruf hat. Oder man sucht kein Anlageobjekt, sondern einen Künstler, den man besonders mag und gibt ihm ein Stipendium für die in dieser Zeit erstellten Werke.
c) Im Bereich dazwischen sollte man erst ein Buch über das Sammeln von Fotografie kaufen und sich unabhängig davon über die Haltbarkeit der zur Anwendung kommenden Materialien informieren.
4.
Jeder Verkauf lässt sich durch realistische Preisgestaltung ankurbeln. Ich selbst habe zudem eine eigene Galerie in einem Dorf mit 550 Einwohnern eröffnet. Dort werden neben meinen Héliogravuren auch andere Künstler aus den Bereichen Fotografie und Druckgraphik ausgestellt.
Ich drucke dort meine Kupferplatten vor den Augen der Besucher, egal ob diese etwas kaufen oder nicht. Zusätzlich informiere ich über traditionelle Verfahren der Fotografie und Druckgrafik.
Norbert Moos, Künstlerischer Leiter das Forums für Fotografie und Herausgeber, forum-fotografie.info
1.
Die Frage berührt eine Grundentscheidung bei jedem Kunstkauf. Kaufe ich aus Spekulationsgründen oder mit dem Auge, also aus Liebe zur Kunst? Gehe ich von der Liebe zur Kunst aus, ist es ein besonderes Erlebnis beim Künstler direkt zu kaufen. Die persönliche Begegnung mit dem Künstler schafft emotionale Nähe und ein besseres Verständnis seiner Arbeiten. Viele Sammler erzählen gern und begeistert über die Besuche bei „ihren“ Künstlern. Besonders in der fotografischen Szene sind die Anekdoten oft fast ebenso wichtig wie die Fotografien selbst. Künstler einer Galerie sind aber oft vertraglich gebunden, was neben Nachteilen aber im günstigen Fall auch den großen Vorteil einer Markterschließung haben kann. Besteht ein solches positiv förderndes gemeinsames Verhältnis zu einer Galerie über Jahre, sollte es nicht leichtfertig verletzt werden. Oft sind solche Vertragsbindungen aber geographisch begrenzt. Daher bieten sich beim Ankauf von Arbeiten ausländischer Künstler oft günstigere Bedingungen an, übrigens auch aufgrund der niedrigeren Besteuerung von Kunstkäufen in vielen Ländern.
2.
Die Galerieszene wird eine erhebliche Umstrukturierung vornehmen müssen. Das Vorhalten von Galerieräumen ist bereits vor der Corona-Pandemie wegen des zunehmenden Mangels von Besuchern für die Umsätze immer unwichtiger geworden. Ein Großteil der Umsätze verschob sich in das Messegeschäft. Dieses hat sich als besonders verletzlich erwiesen und wird in der alten Form keine Renaissance erleben. Der Trend geht, auch wenn das der Kunst nicht unbedingt gut tut, zu Lifestyle -Eventveranstaltungen oder zum Internet-Kunsthandel. Damit gewinnen in Zukunft, auch wegen der steuerrechtlichen Begünstigungen, Kunstagenturen mehr und mehr an Marktbedeutung.
3.
Ich empfehle dringend bei einem Kauf direkt beim Künstler zu einem schriftlichen Kaufvertrag. In diesem sollte der Künstler festlegen, ob er neben dem haptischen Bild auch und evtl. welche Bildrechte er an den Käufer überträgt. Will ein Sammler z.B. eine Publikation mit Abdruck seiner gesammelten Kunstwerke, ein Plakat zu einer Ausstellung etc. anfertigen, benötigt er das entsprechende Bildrecht, das nicht automatisch mit dem Besitz eines Kunstwerks verbunden ist. Darüber hinaus ist bei einem späteren Verkauf der schriftliche Nachweis der Provinienz und des rechtmäßigen Erwerbs oft sehr wichtig. Nicht zuletzt ist auch der Nachweis der gezahlten Umsatzsteuer oft nicht unverzichtbar.
4.
Ich rate jedem Künstler darüber Buch zu führen, welche Käufer bereits ein Werk von ihm erworben haben. Diese Käufer sind oft bereit weitere Werke anzukaufen, vielleicht auch um eine Sammlung mit Arbeiten dieses Künstlers aufzubauen. Oft freuen sich diese Käufer ehrlich, wenn sie vom Künstler eingeladen werden, an seiner weiteren künstlerischen Entwicklung teilnehmen zu können. Diese Einladung kann durchaus auch Galeriebesuche, organisierte Künstlergespräche oder auch ein gemeinsames Abendessen beinhalten. Die persönliche Ansprache erscheint mir sehr wichtig.
Foto oben: Petra Gerwers