Viele Portfolios oder Websites von Berufsfotografinnen und Fotografen bilden ein breites Spektrum ab. Zu viele Themen für ganz unterschiedliche Kundengruppen und Genres. Dazu fehlen manchmal auch eine kreative Bildsprache und neben den ganzen Jobs auch freie Projekte. Sie präsentieren von vielem etwas, anstatt weniges gut zu vertiefen. Für eine aussichtsreiche Positionierung im Foto-Business sollten Fotografen sich nicht nur fragen, was ihnen am Herzen liegt und für welche Themen sie sich wirklich interessieren, sondern das auch zeigen. Mag sein, dass es genug Kunden gibt, die durchschnittliche Bilder benötigen, aber warum geben sich Fotografen damit zufrieden und bemühen sich nicht mehr für ein spannendes Portfolio und eine aussagekräftige Positionierung?
Eins ist klar, eine schlaue Positionierung allein kann das Problem der Bilderflut in der Berufsfotografie heute nicht lösen. Es ist noch nicht lange her, da war eine fokussierte Positionierung der Schlüssel zum Erfolg für Fotografen. Sich auf ein bis zwei Felder innerhalb der Auftragsbereiche zu konzentrieren und darin unverwechselbar zu sein. Quasi Expertentum zu entwickeln. So, dass Kunden nur den einen (oder die zwei/drei) Namen im Sinn haben, wenn sie eine Fotoproduktion in diesem Genre planen wollen.
Das zu erzielen, ist schwieriger geworden und aktuell gibt es deutlich mehr „Experten“ in fast jedem Feld der angewandten Fotografie. Viele Portfolios von Fotografen zeigen hochkarätige Arbeiten und innerhalb eines Genres, wie zum Beispiel Porträt, Mode oder Architektur, findet sich eine Menge gute Konkurrenz.
Ich sehe viele Fotografen-Portfolios oder Websites, die mich irritieren, weil sie Bilder zeigen, die aus vielen unterschiedlichen Bereichen stammen, keine zusammenhängende Bildsprache haben oder nicht gut zusammengestellt sind. Manchen Fotografen fehlt nicht nur das Händchen, ihre Arbeit zu kuratieren und auch mal etwas wegzulassen, sondern die Entschlossenheit, ausgesuchte Bilder oder Themen zu pushen. Dazu kommt für viele die Suche nach dem wirtschaftlichen Erfolg, sie fragen sich, was braucht der Markt und was kann ich folglich tun, damit ich erfolgreich bin? Sie stopfen ihr Portfolio mit vielem voll, von dem sie vermuten, dass Kunden es „gebrauchen“ könnten. Der falsche Ansatz in einem so spannenden Beruf wie der angewandten Kunst der Fotografie. Denn Kunden wollen Glaubwürdigkeit und Expertise anstatt Alleskönner.
David Ogilvy, legendärer Werbetexter, einst Gründer einer New Yorker Werbeagentur hat Positionierung einmal so definiert: „Positionierung bedeutet zu erkennen, was das Produkt oder der Service für wen leisten kann.“ Nach seinem Verständnis geht es darum, sich in die Bedürfnisse eines Kunden hineinzuversetzen und nachzuempfinden, welcher Service – und das ist die Berufsfotografie in meinen Augen – hilfreich ist.
Oft konzentrieren sich Fotografinnen und Fotografen sehr auf sich selbst und kreisen mit ihren Gedanken um ihren kleinen Kosmos, anstatt diese Antwort zu finden. Sie ist die Grundlage für gute Positionierung und hilft, die eigene Expertise zu bündeln. Und die Klammer ist immer die Zielgruppe: Wen spreche ich mit meiner Fotografie an? Sind es beispielsweise Werbeagenturen, Organisationen, Unternehmen, Soloselbständige oder gar Privatkunden? Kein Fotograf kann für alle hier aufgezählten Kunden-Gruppen Experte zugleich sein. Niemand der in der Kampagnen-Werbung für namhafte Marken im Food-Bereich arbeitet, kann mit derselben Glaubwürdigkeit im Markt der Architekturfotografie oder der Automobilwerbung auftreten.
In meinem Gespräch für den Picdrop-Podcast zum Thema „Erfolg & Scheitern“ wurde ich kürzlich gefragt, warum manche Fotografen so berühmt und erfolgreich geworden sind (und andere nicht). Ich glaube an eine Art kreative Rücksichtslosigkeit und dass diese Fotografinnen und Fotografen es geschafft haben, sich durch Persönlichkeit und entschiedenen Fokus am Markt durchzusetzen.
„Positionierung bedeutet nicht herauszufinden, was der Markt braucht oder wo der Markt einen haben möchte. Es bedeutet vielmehr herauszufinden, wo man steht und diese Position in Besitz zu nehmen.“ Ein Zitat von Robert Paulman, das ich sehr mag. Es drückt aus, dass Positionierung auf Leidenschaft UND Können gründet.
Und wie „rücksichtslos“ sind Sie?
Silke Güldner coacht Fotografinnen und Fotografen dabei, ihr Potenzial und ihre Kompetenz im Foto-Business zu entwickeln, zu präsentieren und zu verkaufen.
www.silkegueldner.de