Nicht immer sind Akquise-Aktionen von Fotografinnen und Fotografen erfolgreich. Es ist ein mühsames Geschäft, denn das Gespräch mit dem Kunden verläuft oft anders als erwartet. Der Akquise-Moment passt nicht oder der auserwählte Kunde hat vielleicht gerade kein Interesse an der Fotografie, die angeboten wird. Aber viele Kunden haben trotzdem einen Bedarf. Um sie aus der Reserve zu locken oder ihre Einwände zu parieren, fehlt manchen Fotografen Schlagfertigkeit und Übung. Deshalb lassen Fotografinnen und Fotografen oft Chancen auf eine neue Zusammenarbeit ungenutzt. Das muss nicht sein, wenn sie im Gespräch mit einem neuen Kunden mehr Fantasie und Kreativität einsetzen. Denn den eigentlichen Bedarf im Gespräch herauszukitzeln, ist eine kleine Kunst, aber keine Zauberei.
Erfolgreiche Fotografie ist eine Charakterfrage. Dieses Statement kristallisierte sich kürzlich im Profifoto-Talk auf Clubhouse heraus. Und gemeint war hier im Besonderen die Auftragsfotografie für die Werbebranche. Die Talkexperten waren sich nahezu einig, dass es eine Frage der Persönlichkeit ist, wie gut sich eine Fotografin oder ein Fotograf durchsetzt am Markt und persönliche Skills, wie Engagement, Kommunikationsstärke oder Überzeugungskraft ausschlaggebend sind für die Sichtbarkeit und den Erfolg in der Akquise und in der Selbstvermarktung.
Wahrscheinlich sind wir einer Meinung, wenn ich behaupte, dass ein gutes Netzwerk, zufriedene Kunden und Empfehlungen die beste Akquise sind. Und wenn es gut läuft, kommen Fotografen so über lange Zeit ohne klassische Kaltakquise aus, denn die Anzahl der aktiven Kunden bleibt hoch und damit auch die Auftragslage. Fast schon schade, denn die Kunst der Akquisition macht auch Spaß, besonders um die eigene Geschicklichkeit in der Kommunikation zu üben und sich auszuprobieren.
Neben Präsentation, Empathie und Überzeugungsvermögen zählen Schlagfertigkeit, Moderations-Kompetenz, Verhandlungsgeschick und rhetorische Fähigkeiten zu den wichtigen Kommunikations-Kompetenzen. In Akquise-Gesprächen mit Kunden müssen Fotografinnen und Fotografen diese Kompetenzen abrufen und gekonnt einsetzen. Auch wenn das Business gut läuft, gilt es dranzubleiben. Denn in guten Zeiten ist auch Akquise-Kommunikation einfacher – man ist lockerer und es kommt nicht auf jeden Kunden an. Das spielt in der eigenen Haltung und für eine flüssige Gesprächsführung eine wichtige Rolle. Leider erlebe ich es oft, dass Fotografen und Kreative zu schnell „aufgeben“, wenn sie im Gespräch mit dem Wunschkunden sind. Egal ob am Telefon, im digitalen Meeting oder persönlich, ihre Gesprächsziele beschränken sich darauf, das eigene Portfolio vorzustellen und ein paar Sätze zu sich selbst zu sagen. Dabei ist ein persönliches Gespräch mit einem Kunden DIE Gelegenheit, nicht nur über die Arbeit oder die Projekte des Kunden mehr herauszufinden, sondern auch über den Bedarf, das Interesse oder die Probleme. Und zu erfahren, welche Marketing- und Kommunikationsthemen gerade anstehen oder gelöst werden müssen.
Hier wünsche ich mir von manchen Fotografinnen und Fotografen mehr Fantasie und Kreativität, neben dem eigenen Fotografie-Portfolio ein Gespür für die grundsätzlichen Perspektiven einer Zusammenarbeit zu haben.
Wenn ich in einem Akquise-Gespräch merke, dass mein Angebot zwar gut ankommt, aber gerade kein Bedarf ist, werfe ich Steinchen. Als stünde ich vor einer hohen Mauer und dahinter liegt ein kleiner See mit dicken Fischen. Steinchen werfen ist eben nicht, sich an dem Punkt eines Gesprächs freundlich zu verabschieden, sondern im Gespräch zu bleiben. Ich versuche herauszufinden, womit sich der Kunde gerade beschäftigt, mache Bemerkungen, stelle Fragen und höre aktiv zu, so lange, bis es „platsch“ macht. Denn auch wenn gerade keine Fotografie benötigt wird, ist es vielleicht Film oder etwas anderes, wobei ich eventuell vermitteln oder unterstützen kann und damit trotzdem in eine Kundenbeziehung einsteige, die irgendwann auch zu einem Fotografie-Auftrag führt.
Wer fragt der führt! Denn durch gutes Zuhören und das Herausfinden von Kundenbedarf durch Fragetechniken können sich Fotografen ein echtes Bild von der Situation des Kunden machen und darauf mit passenden Angeboten eingehen. Irgendwann wird ein Steinchen treffen!
Und werfen Sie schon Steinchen?
Silke Güldner coacht Fotografinnen und Fotografen dabei, ihr Potenzial und ihre Kompetenz im Foto-Business zu entwickeln, zu präsentieren und zu verkaufen.