Deutschlands Fotoszene hat eine neue „Elite“: Wer diese bislang unter den Mitgliedern von Organisationen wie dem BFF, der DFA oder der DGPh vermutete, wird staunend zur Kenntnis nehmen, dass Mitglieder im neuen Elite Club für Fotografen weder fotografieren können müssen, noch sonst einer Qualifikation oder Meriten bedürfen, um sich der selbsternannten „Photo Elite“ zugehörig fühlen zu können. Sie brauchen einfach nur Geld.
Auf Facebook erstmals veröffentlicht wurden Informationen zu diesem ominösen Club einen Tag vor dem 1. April. Das Angebot liest sich wie ein verfrühter Aprilscherz: Für eine Gold-Mitgliedschaft reichen aktuell zum Einführungspreis schon schlappe 749 Euro pro Jahr (regulär 899 Euro). So richtig zur Elite gehören aber erst die Platin-Mitglieder, die sich aktuell zum Early Bird Tarif von 1.299 Euro (regulär 1.499 Euro) entsprechend befähigen können.
Ihnen verspricht der Elite Club im Gegenzug „ganz besonders viele und außergewöhnliche Vorteile im Wert von über 3.000 Euro“.
Hinter der Aktion steckt das Marketingunternehmen Imaging Media House, kurz IMH. Wer nach dem Kürzel googelt, findet auf Rang 1 die „Internationale Medienhilfe“. Und tatsächlich: Wenn das Konzept des Elite Clubs irgendein erkennbares Ziel verheißt, dann das, IMH (unter anderem ein Verlag) und den dort herausgegebenen Fotofachmedien zu helfen. Denn wenn es tatsächlich gelingen sollte, auch nur 100 Mitglieder der Platinum-Kategorie zu finden, ergibt das einen erklecklichen Jahresumsatz von rund 150.000 Euro!
Der angegebene Gegenwert einer Mitgliedschaft in Höhe von rund 2.000 bis 3.000 Euro pro Jahr soll vor allem aus einer ganzen Reihe mehr oder weniger redundanter Online-Workshops bestehen. Neben einer monatlich zur Verfügung gestellten „Kreativschule“ im Wert von 300 Euro soll es auch ein entsprechendes Live-Format geben (Wertangabe 420 Euro). Die Teilnahme an einer monatlichen Online-Bildbesprechung ausgewählter Bilder anderer Fotografen wird mit 480 Euro eingepreist, während drei 1:1 Gespräche mit „Kreativ-Experten“ pro Jahr mit 270 Euro gelistet sind. Außerdem soll es einmal jährlich einen vier- bis fünfstündigen Fotokurs im kleinen Kreis im Gegenwert von 150 Euro geben, sowie zusätzlich eine persönliche Technikberatung, für die 90 Euro veranschlagt werden. Monatlich darf ein Elite-Club-Mitglied außerdem an einem virtuellen Stammtisch für Technikfreaks (Wertangabe 360 Euro) und einmal im Quartal an einem Live-Vortrag (Wertangabe 200 Euro) teilnehmen. Zusätzlich gibt es Zugang zur E-Learning-Plattform TutKit.com (Wertangabe 240 Euro).
Neben den von IMH herausgegebenen Fotozeitschriften ist eine Lizenz für eine Software inklusive, die das Marketingunternehmen praktischerweise im eigenen Haus als Kunden betreut. Die Rede ist ansonsten von nicht näher bezeichneten Gutscheinen und Vergünstigungen, zum Beispiel von „Fotobuch, Wandbild & Co.“ im Wert von 30 Euro.
Das Sahnehäubchen aber dürfte für viele wohl das folgende Versprechen der Website sein: „Alle Mitglieder von PHOTO ELITE haben die exklusive, nicht käuflich zu erwerbende Möglichkeit, ihre besten Bilder, die während der Monats-Sessions entstehen, in CHIP FOTO-VIDEO zu veröffentlichen.“ Potzblitz, jetzt dürfen Fotografen für die Veröffentlichung ihrer Bilder sogar bezahlen. Dass die echte Fotoelite eigentlich gewohnt ist, für solche Veröffentlichung honoriert zu werden, kommt vielleicht im Rahmen der diversen Onlinetalks mal zur Sprache …
Wer sich angesichts dieses Füllhorns an Gegenleistungen jetzt schon beschämt fühlt, sollte gar nicht erst herausfinden wollen, welche Expertinnen und Experten hinter den genannten Leistungen stehen. Aktuell 22 von demnächst 50 Cracks werden schon jetzt auf der Webseite des Clubs benannt. Allzu viele wirklich bekannte Namen sind zumindest bislang nicht darunter. Federführend ist zum Beispiel ein Landschafts- und Architekturfotograf, der nebenbei in seiner eigenen Fotoschule 18-monatige Fotokurse für knapp 10.000 Euro anbietet. Dagegen wirkt das Angebot des Elite Clubs schon kaum noch elitär…
Während die Elitetruppe hinter dem Angebot online ihre Liebe zur Fotografie beschwört, drängt sich vielmehr der Eindruck auf, es könnte möglicherweise vielmehr um die Liebe zum Geschäftsmachen gehen. Technikberatung bietet kostenfrei der Fotofachhandel, den Austausch mit anderen Fotografen bieten vielfältig etablierte Vereine, Clubs und Organisationen, und an Workshopangeboten mangelt es wahrlich auch nicht in der Fotoszene. Wie viele Fischlein letztlich diesen Köder nach dem Geschmack des Anglers zu schlucken bereit sind, bleibt abzuwarten. Ich wünsche allen Beteiligten: Wohl bekomms!
Thomas Gerwers
P.S.: Zur Stunde hat die Facebookseite des Clubs sieben (7) Likes von 16 Abonnenten …