Vor 50 Jahren – im Jahr 1970 – wurde der Bundesverband der Pressebild-Agenturen, Bilderdienste und Bildarchive (BVPA) gegründet. ProfiFoto im Gespräch mit dem BVPA Vorsitzenden Torsten Hoch über Vergangenheit und Zukunft der Bilderbranche.
ProfiFoto: Torsten Hoch, fünf Jahrzehnte nach seiner Gründung – wofür steht der BVPA heute?
Torsten Hoch: Seit seiner Gründung hat der Verband nicht nur ein erfolgreiches Branchennetzwerk aufgebaut, sondern ist auch ein wichtiges Sprachrohr für Bildanbieter und branchennahe Dienstleister im deutschsprachigen Bildermarkt geworden. Als führendes Mitglied der CEPIC und Gründungsinitiator der „Initiative Bild” im BVDW hat er sich in Europa und Deutschland als feste Größe etabliert. Der BVPA, der „Bundesverband professioneller Bildanbieter”, wie der Verband seit 2014 heißt, hat seinen Namen verdient, denn sein Markenzeichen ist, Standards zu setzen, zu halten und zu erneuern.
Seit 1970 hat sich die Bilderbranche aber doch grundlegend gewandelt. Was hält den BVPA lebendig?
Möglich wurde die Erfolgsgeschichte durch die Vision der 20 Agenturen, die den BVPA gegründet haben. Sie haben einen Unternehmensverband ins Leben gerufen, der bei allem Wettbewerb zwischen den Mitgliedern bis heute ein wichtiges und unabhängiges Forum des Meinungsaustausches und der Interessenvertretung bietet. Die Mitglieder sind es, die elementare Aufgaben wie die Interessenvertretung durch Lobbying und Beratung vorantreiben und wichtige Branchen-Events ermöglichen, darunter PICTAdays und PICTAnights. Seit nunmehr fünf Jahrzehnten gestalten sie Neuerungen und Entwicklungen der Bildvermarktung mit großem Engagement. Diese Aufgabe ist nicht immer leicht.
Analoge Bildauswahl, eine übersichtliche Rechtekontrolle und eine bunte Vielfalt an Anbietern – all das ist aber doch längst vorbei. Wie spiegelt die Verbandsarbeit diesen gravierenden Wandel der Bildvermarktung wider?
Das inzwischen vollständig digitalisierte und internationalisierte Geschäftsmodell ist immer schnelleren Entwicklungszyklen unterworfen. Dazu kommen eine komplizierte Gesetzeslage nach nationalem und europäischem Recht, eine exponentiell gestiegene Bildmenge durch verbesserte Kamera- und Smartphone-Technologien, neue Nutzungsarten sowie aggressive Mitbewerber und teils ruinöser Wettbewerb. Auf Kundenseite werden zudem – in einer Zeit, in der der Bedarf an visuellem Content so hoch ist wie nie zuvor – die Budgets gekürzt.
Der BVPA ist heute mehr gefordert denn je, um sein Hauptziel zu verwirklichen: die Wertigkeit des professionellen Fotos wieder stärker ins gesellschaftliche Bewusstsein zu rücken. Nur eine engagierte Interessenvertretung, die sowohl mit Gesetzgebern und Urheberverbänden als auch mit den neuen globalen Playern auf dem Bildermarkt im Dialog steht, kann diese Botschaft vermitteln. Eine Kernaufgabe ist, Positionen zu Themen wie Urheber- und Datenschutzrecht zu erarbeiten, diese an die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung und Gesetzgebung anpassen und sie effektiv zu kommunizieren.
Gutes Stichwort, denn die aktuelle Gesetzgebung lässt doch viel zu wünschen übrig?
Zu den wichtigsten Herausforderungen gehört die Repräsentation unserer Mitglieder und ihrer Kunden angesichts überhandnehmender und uneinheitlicher Reglementierungen oder der bundesländerregulierten DSGVO-Vorschriften. Die europaweit unterschiedliche Handhabe der Panoramafreiheit durch staatliche Institutionen und private Eigentümer bei Fotografen führt zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit.
Auch geht es darum, Regelungen zu finden, die unterschiedlichsten Anforderungen gerecht werden. Während zum Beispiel einigen Eigentümern der positive Aspekt der Publicity durch umfassende Bildberichterstattung besonders wichtig ist, steht für andere der kurzfristige wirtschaftliche Erfolg im Vordergrund, der sich mit zusätzlichen Einnahmen durch Fotografie-Genehmigungen oder mit der nachträglichen Rechteverfolgung erzielen lässt.
In Hinblick auf die Umsetzung der neuen EU-Urheberrechtsrichtlinie ist ein starker Verbandseinsatz im Sinne aller Mitglieder gefordert. Für Bildagenturen könnte diese Regelung durchaus begrüßenswert sein, weil nun nicht mehr die individuellen Nutzer, sondern die Plattformanbieter selbst (Facebook, Instagram, Twitter u. a.) in die Haftung für das Hochladen unlizenzierter, urheberrechtlich geschützter Bilder genommen werden sollen.
Aber was konkret ist der Nutzen des BVPA für Fotografen?
Ein Beispiel für das Engagement des BVPA sind die zahlreichen Initiativen, darunter der bundesweit bekannte Arbeitskreis „Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing”, der jährlich die aktuellen Honorare für Fotonutzungen in Deutschland ermittelt und diese als Broschüre unter dem Titel „Bildhonorare“ herausgibt. Die Publikation hat sich bei Bildlieferanten und -nutzern – sogar bei Gerichten – im gesamten deutschsprachigen Raum als Referenzmedium bei der Honorar- oder Entscheidungsfindung etabliert.
Und warum sollen Bildagenturen dem Verband angehören?
Dem BVPA liegt besonders am Herzen, seinen Mitgliedern ein vielfältiges und hochwertiges Dienstleistungsangebot zu bieten. Der Verband steht ihnen in Rechts- und Verhandlungsfragen beratend zur Seite und unterstützt sie beim Netzwerken mit wertvollen Kundenkontakten. Mit dem PICTAday veranstaltet der BVPA das wichtigste Bildbranchen-Event Europas.
Transparenz bedeutet für den Verband nicht nur, den Dialog mit Politik und Gesellschaft zu suchen und zu finden, sondern auch in Hinblick auf seine Mitglieder eine gute und effektive Kommunikationskultur zu pflegen. Mit branchenweit qualitativ überragenden Newslettern über aktuelle Marktentwicklungen und Branchen-News hält der BVPA sie stets auf dem Laufenden.
Nach einem halben Jahrhundert Verbandsarbeit, in dem sich die Welt der Bilder so grundsätzlich verändert hat, was erwartet der BVPA für die Zukunft?
Vieles haben wir erreicht, noch mehr möchten wir anpacken. Auf dem Plan steht zum Beispiel die weitere Unterstützung der „Initiative Bild” im BVDW, dem neuen Dachverband der wichtigsten deutschen Fotografie-Verbände. Der Rückblick zeigt uns, dass wir Herausforderungen, ganz gleich welcher Art, gewachsen sind. Darum schauen wir zuversichtlich auf alles, was kommen mag. Und mit einem erfahrenen, schlagkräftigen Team ist der BVPA bestens aufgestellt. Ein Verband kann aber nur erfolgreich arbeiten, wenn die Unterstützung der Mitglieder gewährt ist. Wir freuen uns jedenfalls auf viele weitere Jahre inspirierender und produktiver Zusammenarbeit.
Foto oben: Gründungsversammlung des BVPA imJahre 1970