Unglaublich, wie viele Anbieter es gibt, die „Erfolg in 10 Schritten“ versprechen und mit einer „garantiert erfolgreichen Online-Marketing-Automatisierung zu enormer Reichweite für deine Zielgruppe“ verhelfen wollen. Kürzlich das Versprechen auf LinkedIn, „in nur 5 Tagen wird sich dein Business komplett verändern“, wenn du JETZT dieses einmalige Angebot abschließt. Klingt ja erst mal verlockend.
Ohne Frage können Fotografen Tools und Methoden besser nutzen, um sich als Marke zu positionieren. Aber der entscheidende Faktor für den beruflichen und fotografischen Erfolg ist nicht nur die Methodenkompetenz. Es geht insbesondere um die Persönlichkeit und das Einbeziehen der eigenen Stärken und Ressourcen in die Planung von Maßnahmen. Erst wenn es gelingt, die Tools zu individualisieren, kann ich eine eigene „Erfolgsgeschichte“ aufbauen.
Oft werde ich gefragt, was mich dazu bewogen hat, Kreative und Fotografen zu beraten und zu coachen und meine spannende Arbeit als Art Direktorin und Fotografen-Repräsentantin aufzugeben. Für viele ist es schwer vorstellbar, so einen Wechsel zu vollziehen, obwohl jeder, mit dem ich spreche sich (schon mal) mit Veränderungsgedanken beschäftigt hat. Durch eine Krisensituation, wie wir sie momentan erleben, rücken Überlegungen dieser Art wieder mehr in den Fokus. Mein Interesse gilt schon lange den Möglichkeiten und Gründen für persönliche Weiterentwicklung. Warum gehen Menschen einer bestimmten Arbeit nach, wie bringen sie dabei ihre individuellen Fähigkeiten und Neigungen ein. Was gibt ihnen diese Arbeit und ist es das, was sie am besten können oder wofür sie sich richtig gut eignen? Wann entscheiden sie sich für eine Veränderung? Ich habe mich oft gefragt, was bringt mich weiter und was erfüllt mich. Meine eigene berufliche Aufgabe sollte zuallererst mal Sinn ergeben, sinnstiftend sein, für andere Menschen und mich, im Kontext meiner persönlichen Wertvorstellungen. Zugleich soll sie meine Fähigkeiten und Interessen integrieren. Das setzt voraus, dass ich meine Kompetenzen und mich selbst gut kenne. Denn unsere Fähigkeiten und Interessen verändern sich. Sie sind nach ein paar Jahren im Beruf nicht dieselben, wie z.B. im oder nach dem Studium.
Und das erlebe ich auch in Gesprächen mit Fotografinnen und Fotografen, sie arbeiten sehr gerne und oft richtig gut in ihrem Beruf. Nur manchmal fehlt (ausreichender) Erfolg und Anerkennung. Mit einem Toolkoffer oder einem Tutorial wie „zum Erfolg in 10 Schritten“ ist es dann nicht getan. Hier ist Persönlichkeit gefragt. Als Coach poche ich nicht primär auf Methodenkompetenz, sondern arbeite intensiv daran, zum einen die Stärken der Person herauszufinden und zu betonen und zum anderen die Schwächen abzufedern und kreative Alternativen zu finden. Dabei spielt unter anderem auch ein bekanntes Modell für die menschliche Orientierung eine Rolle, das Riemann-Thomann-Modell*. Es ist eine Art Quartett für individuelle Bedürfnisse von Menschen, die auch in beruflicher Hinsicht relevant sind. Es veranschaulicht persönliche Unterschiede und ihre Auswirkungen auf unsere Art der Kommunikation und unsere Beziehungen. Nach Riemann-Thomann werden vier gegensätzlich Bedürfnis-Richtungen unterschieden: „Nähe – Distanz“ und „Dauer – Wechsel“. Durch eine Übung dazu lässt sich feststellen, wo auf dem Fadenkreuz die eigenen Bedürfnisse überwiegend liegen. Jemand der durch seine Antworten beispielsweise im Quadranten „Distanz – Dauer“ verortet ist, arbeitet gerne allein, braucht Freiraum und konstante (berufliche) Beziehungen. Hier stehen die persönlichen Bedürfnisse im Gegensatz zur Selbständigkeit als Fotografin oder Fotograf. Denn im Beruf spielen Offenheit, Kommunikationsgeschick und Kontaktfreudigkeit zu anderen Menschen eine wichtige Rolle. Jemandem, der hingegen im Quadranten „Wechsel – Nähe“ ankert, fällt genau das leicht. Er wird keine Berührungsängste mit Menschen haben, arbeitet gerne im Team und liebt die Abwechslung und Aufregung der Selbständigkeit.
Wie passt die Persönlichkeit zu den eigenen Zielen? Einem Porträtfotografen, der nicht gerne kommuniziert, nützt ein Tutorial „erfolgreiches Selbstmarketing in 10 Schritten“ nicht viel. Hier müssen kreative Perspektiven und Alternativen geschaffen werden. Denn ehrliche Selbsterkenntnis über die eigenen Stärken und Komfortzonen sind das wichtigste Fundament für den persönlichen Erfolg.
Und was sind Ihre Bedürfnisse?
Silke Güldner coacht Fotografinnen und Fotografen dabei, ihre Begeisterung und ihre Kompetenz im Foto-Business zu entwickeln, zu kommunizieren und zu präsentieren.
www.silkegueldner.de
*Quelle: Fritz Riemann, Grundformen der Angst