Der Markt der Fotoagenturen ist seit langem hart umkämpft. Amateurfotografen auf der einen Seite und Billigangebote und Rahmenverträge wie jüngst beim Branchen-Primus Getty Images auf der anderen Seite sorgen dafür, dass Berufsfotografen oft nicht mehr wirtschaftlich arbeiten können. Wie gehen sie damit um? Und was bedeutet dieser Ausverkauf für die Qualität der angebotenen Fotos?
1. Wie hat sich die Situation für Agenturfotografen aus Ihrer Sicht konkret verändert?
2. Wann ist für Sie eine Schmerzgrenze erreicht?
3. Was bedeutet dieser Wandel für die fotografische Qualität?
4. Wie können sich Fotografen gegen diese Entwicklung wehren?
Peter Bitzer, Geschäftsführer Agentur laif, laif.de
1.
Für diejenigen unserer Fotografen, die zur Aufrechterhaltung ihrer freien Produktionen auf die Einnahmen aus der Verwertung über die Agentur angewiesen sind, hat sich die Situation durch die drastisch gesunkenen Preise für Bildlizenzierungen im Zeitungs-und Zeitschriftenmarkt deutlich verschlechtert. Die Konsequenz daraus: Es gibt weniger und/oder weniger gute freie Produktionen für die Agentur und ihre Kunden.
2.
Eigentlich schon lange. Angetrieben durch die sinkenden Auflagen und Werbeeinnahmen, dem fehlenden journalistischen Online-Geschäftsmodell und dem (zu) großen Angebot an Bildern befinden sich seit fast zehn Jahren die Bildlizenzierungshonorare im stetigen Sinkflug. Anders als andere Bildagenturen verweigert laif aber immer öfter die gewünschten Preissenkungen. Mit der Konsequenz, dass dort, wo wir keine thematisch oder bildsprachlich außergewöhnliche Fotos und Reportagen haben, wir bei Kunden, die glauben, auf überdurchschnittliche Qualität verzichten zu können, als Bildquelle immer öfter aussortiert werden.
3.
Natürlich nichts Gutes. Früher gab es entweder mehr anständig bezahlte Aufträge mit ausreichendem Zeitbudget oder freie Produktionen waren im Editorialmarkt gut refinanzierbar durch die Verwertung über die Agentur. Beides ist deutlich schwieriger geworden. Wer dann nicht doch noch einen qualitätsorientierten Kunden findet oder über Stipendien, Grants u.ä. seine freien Projekte finanzieren kann, dem bleibt oft zu wenig bis gar keine Zeit für Qualität.
4.
In dem wir (Fotografen und Agentur) uns v.a. auf die Kunden konzentrieren, die noch Interesse haben, sich über eine überdurchschnittliche Bildqualität zu definieren und deswegen bereit sind noch angemessen zu bezahlen. Einen Konkurrenzkampf um Billigangebote können wir nicht gewinnen.
Rainer F. Steußloff, Vorstand Freelens e.V., freelens.com
1.
Wer sich als Fotograf auf ein zusätzliches Honorar in relevanter Höhe durch Archivverkäufe über Agenturen verlässt, hat sicher schlechte Karten. Die Situation hat sich in den letzten Jahren immer weiter verschlechtert. Freie Verkäufe, außerhalb von Rahmenverträgen oder Haustarifen, sind seit langem im Abwärtstrend – laut einer mfm-Umfrage gibt es einen Rückgang von 20 bis 30 Prozent pro Jahr. Das wird natürlich durch Billigangebote und ständiges Unterbieten durch einige Agenturen noch weiter unterlaufen. Rahmenverträge und Haustarife tun ein Übriges zum Verfall der Honorarlandschaft. Während vor 15 Jahren die Zweitverwertung durch Agenturen noch eine gute Absicherung im Krankheitsfall oder zur Rente versprach, ist dies heute schlicht unmöglich geworden. Laut der letzten Freelens-Mitgliederbefragung hat sich die Anzahl der Bilder einzelner Fotografen in deutschen Agenturen in den letzten zehn Jahren halbiert, ebenso die daraus generierten Einnahmen. Der Bestand in ausländischen Agenturen ist auf nahezu Null geschrumpft. Über 60 Prozent der Befragten haben gar keine oder nur noch geringfügige Bestände (bis 500 Bilder) in Agenturen.
2.
Jetzt schon. Honorarberechnungen von weit unter 1 Euro pro Bild sind keine Seltenheit geworden und können so nicht mehr akzeptiert werden. Dies liegt nicht immer an diversen Zwischenagenturen, die die Honorarzahlungen auffressen. Auch direkte Verkäufe einer Vielzahl von Agenturen liegen unterhalb der Schmerzgrenze. Auch Fotoagenturen haben auf eine angemessene Honorierung der Lizenzierungen zu achten und diese an die Urheber weiter zu geben. Allein den eigenen Gewinn durch Masse zu erwirtschaften ist nicht im Sinn der Urheber und kann auf Dauer auch nicht Sinn im Bildermarkt sein.
3.
Immer mehr Kollegen ziehen sich aus dem Agenturvertrieb zurück und konzentrieren sich lieber auf ihr Kerngeschäft. Amateure, die auch mit wenig Honorar zufrieden sind und keine relevanten Ausgaben damit bestreiten müssen, werden den Bereich übernehmen. Amateure haben die Tendenz, anderen nachzueifern und selber Bilder zu machen, die ähnliche Inhalte und eine ähnliche Qualität haben wie die ihrer Vorbilder oder von Fotografen mit vielen Likes. Tiefgehende Reportagen oder Einzelbilder der Zeitgeschichte gehen für diesen Geschäftsbereich verloren, die inhaltliche Bildqualität verschlechtert sich zunehmend. Das bedeutet auch, dass sich keine neuen Bildsprachen entwickeln werden. Wenn Agenturen für große Teile ihrer Bestände nur noch RF Bilder akzeptieren, kann dies nur noch zur weiteren Verflachung und Belanglosigkeit der Bildinhalte führen.
Allerdings bietet sich hier auch wieder eine Chance für spezialisierte Agenturen, die mit hoch qualifiziertem Material aus Reportagen und Einzelbildern neue und alte Kunden begeistern können.
4.
Wehren wird rechtlich schwierig, wenn die Vertragsverhältnisse zugunsten der Agenturen ausgelegt werden können. Versuche, einzelne Agenturen, die gerne mal bestehende Honorarstrukturen unterlaufen, an den Verhandlungs- oder zumindest Gesprächstisch zu bringen, sind bisher gescheitert. Freelens arbeitet hier seit Längerem auf verschiedenen Ebenen mit anderen Verbänden zusammen. Allerdings besteht bei den meisten Agenturverträgen kein Zwang zur Lieferung von Bildmaterial. Hier können Kollegen selbst entscheiden, ob und wann sie Bilder weitergeben. Natürlich gibt es immer die Möglichkeit, den Vetrieb wieder selbst in die Hand zu nehmen und auf angemessenes Honorar zu bestehen. Vielleicht kann sich eine neue Gründungsphase für Bürogemeinschaften und kleinere Agenturen, wie in den 1970er/80er Jahren, auftun. Zu wünschen wäre es. Die Fotografie- und Honorarhoheit gehört wieder in die Hände der Urheber.
Nane Weber, Kommunikationsdesignerin, blickheben.de
2.
Als freie Kommunikationsdesignerin arbeite ich am anderen Ende, vor allem für Kunden aus dem Kultur- und Bildungsbereich. Für Editorial Design und Layout nutze ich Stockfotografie, wenn Fotoaufträge kein Budget vorhanden ist. Es kommt vor, dass für Fotografie kaum Mittel eingeplant werden, ein Kunde verwies mich kürzlich auf ein Portal mit kostenlosen Bildern. Das ist dann meine Schmerzgrenze. Ich erklärte ihm, dass es mich Stunden kosten würde, dort etwas Passendes zu finden, nicht nur wegen der unterschiedlichen Qualitätsstandards, sondern auch, weil die Fotos nicht ausreichend verschlagwortet und damit für redaktionelle Arbeit weitgehend unbrauchbar sind.Auf der anderen Seite unterscheidet sich das Angebot der teureren Datenbanken wie Getty Images, obwohl vielleicht qualitativ hochwertiger, meiner Ansicht nach nicht grundsätzlich von dem der günstigeren wie iStock. In diesem Fall – die beiden Anbieter gehören ja zusammen – findet man sogar manchmal ein und dasselbe Motiv mit einem Preisunterschied von 400 Euro.
3.
Meiner Ansicht nach ist aber in den letzten Jahren mit der Anzahl die Qualität der angebotenen Bilder in den großen Stockarchiven eher gestiegen. Es gibt mehr Auswahl, das Angebot ist moderner, auf Trends wird schneller reagiert. Ebenso wie in anderen Bereichen der visuellen Kommunikation – auch in meinem – geht der gefühlte Trend in der Gebrauchsfotografie zu mehr Augenfutter und mehr Do-it-yourself. Je einfacher die Produktion von Foto, Video und Grafik auch für Amateure wird, umso mehr Produzenten gibt es und umso billiger wird das Produkt. Berufsfotografen, die für Stockarchive arbeiten, vernachlässigen unter Druck vielleicht ihre eigenen Standards. Damit mag das Niveau im Vergleich zu professioneller Gestaltung unter ordentlichen Bedingungen sinken – es steigt aber im Vergleich zu Amateurfotos und Hobbydesigns, wie wir sie von früher kennen. Unterschiede verschwimmen, auch bei den großen Agenturen, und vielleicht hat man sich längst daran gewöhnt.
4.
Einem Ausverkauf müssen sich Berufsfotografen genauso verweigern wie andere Gestalter, die ihre Expertise anbieten und auch abrechnen müssen. Vielleicht sollte man iStock und Co. den Amateuren überlassen, die nicht von ihrem Handwerk leben müssen. Dann könnte man sich mit einem neuen Angebot zusammenschließen, das sich vom Mainstream abhebt, originell und fairtrade ist und ein solides Redaktionssystem hat.
Bernd Arnold, Fotograf, berndarnold.de
1.
Rückblickend kann man feststellen, dass mit den ersten qualitativ hochwertigen günstigen Digitalkameras und den schnellen Datenübertragungen ab 2005 die Preise begannen zu fallen. Man könnte sagen: unaufhaltsam. Doch beschleunigt wurde der Niedergang nicht nur durch den Unterbietungswettkampf großer Agenturen, wie z.B. Getty, DPA und Microstock, sondern leider auch durch kleinere Agenturen, die sich den Rahmenverträgen der Großen schnell anpassten. Der Endpunkt sind dann Agenturen wie z.B. Unsplash, die ihre Bilder kostenlos rausgeben und diese von allen großen Verlagen inzwischen ausgiebig genutzt werden. Wahrscheinlich schicken neben den Millionen von Amateuren inzwischen auch tausende Berufsfotografen in ihrer Verzweiflung ihre Bilder dahin. Die Verlage bekommen den Markt, den sie mit ihrer Preispolitik erzeugen: Massen und Unübersichtlichkeit.
2.
Wo Grenzen verschwunden sind, da gibt es auch keine Schmerzen. Ich orientiere mich an den MFM-Empfehlungen und werde von der Agentur Visum vertreten, die sich diesem Kreislauf der allzu niedrig bezahlten Rahmenverträge (bisher) nicht angeschlossen hat. Man könnte auch sagen, ich verkaufe lieber ein Bild für 1000 Euro als 1000 Bilder zu einem Euro – wobei selbst dieses Honorar ja bereits unterboten wird.
3.
Die fotografische Qualität ist so hoch wie zuvor. Allerdings ist es viel schwerer geworden, in der schieren zunehmenden Masse der gesamten Fotografie und ihrer globalen Verfügbarkeit Qualität herauszufiltern und die entsprechenden Autoren im Auge zu behalten. Und da gibt es auch keinen Unterschied, ob man sich in der Stock- oder in der Kunstfotografie umschaut. Vielleicht sollte man die Frage eher an die jeweiligen Bildeinkäufer richten? Wie filtern sie aus der Masse eine Qualität heraus, die mit entsprechenden Einkäufen den jeweiligen Produzenten nachhaltig fördert und dieser sich weiter entwickeln kann? Denn auch die Bildredakteure tragen eine Verantwortung für den Markt der Bildautoren.
4.
Bilder, die aus einer authentischen Haltung heraus entstehen und zu Erkenntnisgewinn führen, werden immer gebraucht. Mit dem Ende der analogen Fotografie wird auch das Zeitalter der Glaubwürdigkeit von Fotografien verloren gehen. Spannend finde ich hier, wie z.B. der Fotojournalismus und das damit publizierte Bild in der Nachricht sich im Zuge der kommenden gesellschaftlichen Umwälzungen verändern wird. Ich bin davon überzeugt, dass die illustrative, malerische, collagenartige Form des Nachrichtenbildes zunehmen wird. Diese Tendenz lässt sich überall beobachten. Sie steht einer authentischen Haltung und dem Erkenntnisgewinn nicht entgegen und verspricht eine ungeheure Vielfalt an neuen Bildlösungen. Wie umfassend Veränderungen in der Zukunft werden könnten, zeigt die Entscheidung der italienischen Vogue, die Januarausgabe 2020 aus Klimaschutzgründen mit Illustrationen statt mit Fotografie zu bebildern.
Christina Czybik, Fotojournalistin und Fotoredakteurin, christinaczybik.photoshelter.com
1.
Wir haben es nicht nur mit einem Verfall der Wertschätzung der Pressebildfotografie zu tun, sondern auch mit einem Umbruch ganz allgemein. Die Art Bilder zu nutzen und an Bildmaterial zu kommen hat sich verändert.
Kleine Agenturen und Freie müssen sich oft zusätzlich an größere Netzwerke anschließen, um an größere Verteiler und Kunden zu kommen, denn Verlage nehmen inzwischen häufig außerhalb ihrer Rahmenverträge keine weiteren Bildanbieter auf.
Der Druck der Verlage auf die Agenturen, sich den Preisvorstellungen anzupassen, ist enorm hoch und die Übertragung der Nutzungsrechte steht meist in keinem Verhältnis mehr zu den Honoraren.
Durch die billigen Pauschal-Pakete mancher Agenturen bleiben für ihre Fotografen nur noch einstellige Euro- oder gar Centbeträge übrig.
Außerdem legen viele Agenturen immer mehr Arbeit, Verantwortung und wirtschaftliches Risiko auf die Fotografen um – von der Bildbeschriftung und Bildbearbeitung über eigene Recherche zu Themen und Akkreditierungen oder der Übernahme von 100 Prozent der Spesen und Entstehungskosten.
2.
Für mich persönlich ist schon vor längerer Zeit die Schmerzgrenze erreicht worden. Ich habe die Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Agenturen im In- und Ausland beendet und bestehende Konditionen geändert und mich neu aufgestellt. Den Großteil meiner Produktionen vermarkte ich inzwischen erstmal selber. Das funktioniert aber nur, weil der Schwerpunkt meiner Arbeit in einer Nische liegt.
3.
Den Redaktionen und Verlagen muss bewusst sein, was die Preise für die freien Fotografen bedeuten und somit auch für die Pressebildfotografie. Wenn sich immer weniger Fotografen die Pressebildfotografie leisten können, dann schwindet nicht nur die Vielfalt in der Bildsprache, sondern auch der professionelle Zugang zu Themen.
4.
Ich würde mir mehr Eigeninitiative wünschen. Freie Fotografen können zum Beispiel die Rechte ihrer Bilder einschränken, so dass sie nicht unter einem Mindestpreis verkauft oder nicht innerhalb Deutschlands noch durch weitere Distributionspartner vertrieben werden dürfen.
Robert Kneschke, Fotoproduzent und Autor, alltageinesfotoproduzenten.de
1.
In den letzten Jahren gab es drei Entwicklungen, die von verschiedenen Seiten auf Agenturfotografen einwirken. Zum einen ist da die Konsolidierung der Agenturlandschaft, welche
aktuell unter den drei großen Agenturen Getty Images, Shutterstock und Adobe wie bei einer Art Oligopol aufgeteilt wird. Durch diese Marktpositionierung haben die Agenturen große Macht, die herrschenden Konditionen zu ihren Gunsten zu ändern, da es kaum Alternativen mit genug Marktkraft gibt, welche die Bilder alternativ vertreiben könnten. Zusätzlich kommen einige Plattformen wie Unsplash oder Pixapay hinzu, die Millionen kostenloser Bilder anbieten, was sich ebenfalls auf die Downloadmengen bei den Bildagenturen auswirkt, die für Downloads bezahlt werden wollen. Allein Unsplash vermeldetete über 64 Millionen Gratis-Dowloads für die ersten beiden Januar-Wochen, eine Zahl, die in drei Monaten nicht mit bezahlten Abo-Downloads erreicht wird. Als dritte Änderung kommen vermehrt Unlimited-Abo-Modelle hinzu, mit denen die Agenturen auf Gratis-Plattformen reagieren, wo sich die Bezahlung für die Fotografen über die gesamte Downloadmenge des Angebots berechnet. Für mich konkret bedeuteten diese Änderungen zusammen 2019 einen Umsatzrückgang von etwa 20 Prozent verglichen mit dem Vorjahr.
2.
Logischerweise dann, wenn die laufenden Kosten höher sind als die monatlichen Einnahmen. Das Schwierige ist, dass Stockfotografie üblicherweise immer eine Investition in die Zukunft ist. In der
Vergangenheit hatte sich das immer gelohnt, seit einem Jahr ist das leider nicht mehr sicher.
3.
Ich kann nicht mehr in Produktionen investieren, die abseits der typischen Bestseller-Themen wie Business oder Gesundheit liegen und eher Nischen-Themen mit geringerer Nachfrage bedienen. Diese haben in der Vergangenheit vielleicht weniger eingebracht als die Top-Themen, aber
das Portfolio bereichert. Solche Produktionen überlege ich mir nun lieber drei Mal. Ich vermute, dass es bei anderen Agenturfotografen ähnlich sein wird. Bisher haben einfache, billige Shootings die teuren mitfinanziert, aber da die einfachen Bilder nun kostenlos zu haben sind, funktioniert diese Querfinanzierung immer weniger.
4.
Sparen bei den Fotoproduktionen ist leider kaum noch möglich, da die großen Einsparungen schon vor zehn Jahren beim Siegeszug der Microstock-Bildagenturen realisiert wurden, wo zum Beispiel auf Visagisten, Stylisten oder teure Agenturmodels verzichtet wurde. Auch eine Fotografen-Organisation sehe ich nicht in Reichweite, weil die Agenturen mit ihren weltumspannenden Webseiten immer noch andere Länder finden, wo Fotografen auch mit weniger Geld gut leben können. Die Debatte erinnert mich deshalb sehr stark an wütende Diskussionen beim Aufkommen der Microstock-Agenturen. Dieser Wandel forderte einige Opfer, aber der Markt insgesamt existiert noch. Vielleicht wird das nun wieder so sein. Möglicherweise besinnen sich die Fotografen auch wieder auf Auftragsarbeiten oder müssen in andere Bereiche wie 3D oder Visual Effects expandieren.
Susanne Baumgarten, Fotografin und Leiterin von Vario Images, , susanne-baumgarten.de
1.
Da schon der Begriff Agenturfotograf nicht konkret ist, ist die Veränderung für diese auch nicht so pauschal fassbar. Es gibt so viele verschiedene Fotografen wie auch Agenturen. Und für jeden hat sich die Situation verändert. Für manche zum Positiven, für andere zum Negativen. Am markantesten hat sich sicherlich in den letzten 30 Jahren, seitdem ich in der Bildbranche arbeite, die Arbeitsweise verändert. Von der analogen Arbeitsweise zur digitalen Arbeitsweise. Die zweite große Veränderung ist, der immer geringere Bedarf an Bildern für redaktionelle Printprodukte. Dafür gibt es jetzt einen enormen Bedarf an Bildern für digitale Nutzungen. Für mich war die markanteste Veränderung, neben dem Wandel von analoger zu digitaler Arbeitsweise, als die Einkäufer und Controller die Honorarverhandlungen übernahmen. Ab dem Zeitpunkt war klar, dass ein Foto nicht mehr wert ist als ein Bleistift. Und doch gibt es auch genügend Beispiele, wo sich die Veränderungen positiv ausgewirkt haben. Gute Beispiele sind die Bildnutzer, die das Foto bis heute wertschätzen und nicht nur Content verwalten. Dies sind i.d.R. auch die, die ihre Produkte erfolgreich bis heute platzieren können.
2.
Eine Schmerzgrenze ist spätestens dann erreicht, wenn der Umsatz die Kosten nicht mehr trägt. Dies gilt für den Gesamtumsatz genauso wie für ein Einzelhonorar. Für eine Agentur genauso, wie für Fotografen.
3.
Interessanterweise ist die Qualität der Bilder auf dem Markt nicht schlechter geworden. Im Gegenteil. Wir haben sowohl in der bildjournalistischen Fotografie als auch in der Stockfotografie und in der künstlerischen Fotografie unglaublich viele sehr gute Bilder auf dem Markt.
4.
Ganz schwieriges Thema. Einen Großteil der Entwicklung haben die Fotografen selber eingeleitet. Unter anderem dadurch, dass sie ein und dasselbe Material bei zig Agenturen platzieren und dass sie unterirdische Honorare der Agenturen akzeptieren bzw. die Honorare der Agenturen selber im Direktverkauf noch unterbieten. Ich darf mich als Fotograf nicht über niedrige Honorare bei den Agenturen aufregen, wenn ich parallel nicht aktiv dagegen vorgehe oder im schlimmsten Falle auf anderen Wegen diese noch unterbiete. Aber eigentlich ist das zu pauschal dargestellt. Das Problem der Branche ist recht komplex, wie auch potentielle Lösungen sehr komplex sind. Was für den einen Fotografen als gangbarer Weg funktioniert, muss für den nächsten noch lange nicht funktionieren.
Alfred Büllesbach, Geschäftsführer der Agentur Visum, visum-images.de
1.
Die Situation für Agenturfotografen hat sich verschlechtert und wird sich weiter ungünstig entwickeln. Zum einen wachsen die Bildbestände der Agenturen mit jedem Tag. Hinzu kommen immer mehr Bildangebote außerhalb des Bildermarktes, sei es durch PR, Social Media oder Open Access etc. Das Angebot wächst erheblich schneller als die Nachfrage. Das Überangebot der Bilder drückt die Erlöse der Fotografen. Dazu kommen noch Geschäftsmodelle, die Bilder extrem billig oder sogar ganz umsonst abgeben.
2.
Visum hat sich entschieden, Bilder nur auf Rights Managed Basis zu verkaufen. Das heißt, die Verkäufe werden einzeln ausgehandelt. Wir sind keine Stockagentur, sondern verstehen uns als Agentur für Fotojournalisten und Autorenfotografen. Abos, Pauschalen oder Flatrates bieten wir nicht an.
3.
Die fotografische Qualiät wird selbstverständlich weiter steigen! Das Geschäft mit Stockfotos ist international. Die größten Agenturen werden von hunderttausenden (!) Fotografen aus aller Welt beliefert. Das Jammern über Umsätze in Westeuropa wird z.B. von osteuropäischen Fotografen sicherlich gelassen gesehen. Außerdem entwickelt sich die Fototechnik immer weiter. Es werden weiterhin immer mehr und immer bessere Bilder produziert, daran habe ich keinen Zweifel.
4.
Die Fotografen entscheiden selber, wem sie ihre Bilder zur Vermarktung anvertrauen. Kenntnisse über den Bildermarkt sind so wichtig wie nie zuvor. Technisch mag ja vieles in der Fotografie einfacher geworden sein – die Vermarktung von Fotos ist es nicht, das Gegenteil ist der Fall. Der Umgang mit Bildlizenzen, sei es RM, RF oder selbst CC ist hochkomplex. Außerdem gilt es, das Verkaufspotential der Bilder richtig einzuschätzen. Wer für seine berufliche Existenz Bilder verkaufen möchte, sollte auf jeden Fall Zeit und Geld in Marktforschung und Weiterbildung investieren.
Foto: Getty Images, Webseite