Das Konzept der von Kulturstaatsministerin Grütters berufenen Expertenkommission zur Errichtung eines Bundesinstituts für Fotografie stellt Düsseldorf als Standort in Frage. Während Essen frohlockt, mehren sich in Düsseldorf Zweifel an der Zusammensetzung des Expertengremiums.
Die von Grütters berufene Kommission hat sich unter anderem intensiv mit möglichen Standorten für das geplante Bundesinstituts für Fotografie beschäftigt, darunter neben Düsseldorf auch Essen und Ulm, kommt aber zum Schluss: „Grundsätzlich ist es ein Vorteil, wenn das zukünftige Bundesinstitut in enger Kooperation mit anderen Institutionen, seien es Museen, Archive, Universitäten und Forschungseinrichtungen zur Restaurierung oder technologischen Entwicklung, an einem Ort verbunden ist“, so der Kommissionsbericht. „Möglichst sollte es sich bei diesen Einrichtungen nicht ausschließlich nur um fotografische Kunst- und Ausbildungsstätten, sondern auch um Museums- und Forschungsinstitute mit Fotografieschwerpunkten handeln.“
Über diese Voraussetzungen verfüge vor allem Essen, so der Bericht der Expertenrunde. Auf dem Welterbe-Campus Zeche Zollverein stehe ein Gelände für eine mögliche Nutzung durch das Bundesinstitut für Fotografie zur Verfügung. Die Infrastruktur biete zusammen mit der vorhandenen Expertise in verschiedenen Bereichen der Fotografie ideale Voraussetzungen für Synergien und Kooperationen. Tatsächlich verfügt Essen über eine lange Tradition der Förderung des Mediums Fotografie. Vier Einrichtungen wurden von der Stadt, dem Land NRW und privaten Unternehmen über viele Jahrzehnte dort aufgebaut: das historische „Archiv Krupp“, das „Museum Folkwang“, das „Fotoarchiv des Ruhr Museums“ und die „Folkwang Universität der Künste“
Unter anderem, weil das Land Nordrhein-Westfalen ein mögliches Bundesinstitut für Fotografie kozufinanzieren will, spricht dies aus Sicht der Expertenkommission dafür, dass Ulm als dritter Bewerber aus dem Rennen ist.
Für das „Deutsche Fotoinstitut, Düsseldorf“ schienen dagegen die Weichen eigentlich schon gestellt zu sein. So wurde von der Stadt Düsseldorf als Standort bereits ein Grundstück am Ehrenhof und im Rahmen der Antragstellung an den Haushaltsausschuss des Bundestags eine Machbarkeitsstudie vorgelegt. Nach Schätzungen der Stadt Düsseldorf sind für Planung, Wettbewerb, Bau und Ausstattung eines Neubaus insgesamt 83 Mio. Euro (Stand 2019) anzusetzen. Das Land NRW hat bis zu 41,5 Mio. Euro für die Umsetzung in Düsseldorf zugesagt.
Die Expertenkommission macht allerdings darauf aufmerksam, dass vor der Errichtung eines Neubaus zunächst ein Konzept und die fundierte Analyse des Bedarfs sinnvoll erscheint, will man Fehlplanungen vermeiden. Gegen den Standort im Düsseldorfer Hofgarten spräche außerdem dessen Nähe zum Rhein, die eine unterirdische Unterbringung der Sammlungsbestände nicht anbietet. Außerdem sähe das Konzept für ein „Deutsches Fotoinstitut, Düsseldorf“ eine Ausstellungsfläche von 2.000 qm vor, die in direkter Nachbarschaft zum Kunstpalast und dem ihm seit kurzem zugeordneten NRW-Forum entstehen soll. Dieser Raumbedarf erscheint der Kommission für das von ihr skizzierte Institut, das in erster Linie seine Forschungsergebnisse präsentieren soll, überdimensioniert.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Andreas Rimkus vermutet laut einem Bericht der Rheinischen Post allerdings, dass ein politisches Tauziehen zwischen Staatsministerin Monika Grütters und für den Haushalt verantwortlichen Stellen im Bundestag stattfindet. Für Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel sei die Entscheidung der Kommission demnach nur eine Empfehlung, aber keine Entscheidung für oder gegen Düsseldorf. Hinterfragt wird in der Landeshausptstadt außerdem, dass mit Ute Eskildsen die ehemalige Leiterin des Essener Folkwang-Museums in der Kommission vertreten ist, und damit deren Unabhängigkeit fraglich sei. Die FDP-Lokalpolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann vermutet gar Parteipolitik hinter der Empfehlung für Essen: „Der SPD-Haushaltspolitiker Johannes Kahrs will seinem Parteifreund Geisel das Institut auf dem Silbertablett servieren, und das geht prompt schief“. Genauso wenig sei akzeptabel, „dass eine offenbar vergrätzte Staatsministerin nun dafür sorgen will, dass sich ein Essener CDU-OB über das prestigeträchtige Institut freuen soll.“ Felix Krämer, General-Direktor des Düsseldorfer Kunstpalastes, kann sich immerhin eine Kooperation mit Essen vorstellen: „Es gibt aus meiner Perspektive viele gute Gründe, die für Düsseldorf sprechen. Ich bin überrascht, dass diese in dem Gutachten der Expertengruppe kaum berücksichtigt wurden. Grundsätzlich spräche aber nichts dagegen, die in Essen zweifellos vorhandenen Kompetenzen einzubinden“, zitiert ihn die Rheinische Post. Der CDU-Kulturpolitiker und Düsseldorfer Ratsmitglied Friedrich Conzen spekuliert hingegen, dass Thomas Weski als Leiter der Kommission „immer noch enttäuscht sei, weil es eine Zeit gab, in der der Plan, solch ein Institut nach Düsseldorf zu holen, nicht eben mit Nachdruck betrieben wurde.“
Was nun folgen wird, ist eine politische Debatte in Bund und Ländern über die inhaltlichen und organisatorischen Eckpfeiler des Projekts. Der Kommissionsbericht: „Ziel muss die politische Einigung zwischen Bund und möglichem Sitzland auf ein abschließendes inhaltliches Konzept für ein Bundesinstitut für Fotografie sein. Erst dann und auf dieser Grundlage werden Planungen für eine mögliche Baumaßnahme beginnen können. An deren Anfang stehen die Bedarfsplanung, die genaue Erläuterung der Maßnahme (Ziel, Inhalt, Umfang, Zeitplan), präzise Aussagen zur Wirtschaftlichkeit (und möglichen anderen geprüften Alternativen) und eine hinreichend genaue Kostenermittlung.“ Die Kommission empfiehlt einstweilen die Einsetzung eines Aufbaustabs in einer räumlichen Übergangslösung, um mit der Arbeit beginnen zu können, damit das Projekt nicht in einer endlosen Diskussion versandet.