Es gibt mittlerweile zahlreiche Fotowettbewerbe, Stipendien und Künstlerresidencies, doch nicht alle von ihnen sind sinnvoll und manche scheinen sich eher mit dem Künstler schmücken als ihn wirklich unterstützen zu wollen. Doch wie sieht eine gute Förderung wirklich aus und was wünschen sich Fotografen in der Praxis?
1. Nehmen Sie an Fotopreisen, Wettbewerben und Stipendiumsausschreibungen teil?
2. Welche Fotopreise sind für Sie relevant?
3. Haben Sie bereits schlechte Erfahrungen mit solchen Preisen und Stipendien gemacht, weil Sie beispielsweise Nutzungsrechte abtreten oder Ausstellungskosten selbst übernehmen mussten?
4. Was würden Sie sich von einem Fotopreis oder Fotowettbewerb wünschen?
Peter Bialobrzeski , Fotograf und Hochschullehrer, bialobrzeski.net
1.
Ja, In jüngerer Zeit aber eher als Jurymitglied.
2.
Deutsche Börse, Prix Pictet, Otto Steinert Preis.
3.
Nein, ich habe mir die Bedingungen aber auch immer genau durchgelesen. Als Jurymitglied stehe ich nur zur Verfügung, wenn ich die Bedingungen als fair empfinde.
4.
Ein Preisgeld, das es den Fotografen ermöglicht, ein neues Projekt zu realisieren.
Juliane Herrmann, Fotografin, julianeherrmann.com
1.
Hin und wieder nehme ich an verschiedenen Formaten teil, allerdings bin ich vielleicht nicht ganz so aktiv, wie ich sein sollte.
2.
Ich beteilige mich in der Regel nur an großen, bekannten Ausschreibungen, die kostenlos sind und hinter denen eine renommierte Institution steht. Also bspw. den Deutschen Jugendfotopreis, Oskar Barnack Award, Otto-Steinert-Preis oder WorldPressPhoto. An Wettbewerben, die einen Teilnahmebeitrag erheben, nehme ich nur dann teil, wenn ich von ihrem Konzept überzeugt bin und die Institution dahinter auch ideell fördern möchte.
3.
Nach meinem Studium habe ich meine Arbeiten bei vielen Wettbewerben eingereicht, darunter auch einige die Geld gekostet haben. Bei einigen dieser Wettbewerbe habe ich dann auch tatsächlich „etwas gewonnen“, was mir im Nachgang jedoch nichts weiter brachte, als ein Zertifikat. Es gibt mittlerweile leider einige schwarze Schafe in der Branche. Unser Geltungsbedürfnis und der Wunsch nach Bekanntheit wird hier oft ausgenutzt und zum Business gemacht. Ein Beispiel dafür ist die Farmani Group, die unter anderem den PX3 Prix de la Photographie, The Lucia Awards, IPA, mifa und tifa hosted. All diese Wettbewerbe haben m.E. nur einen Zweck: Amateuren und Fotografen das Geld aus der Tasche zu ziehen. Es gibt dort sehr viele Kategorien und sehr viele „Gewinner“, darüber hinaus wird aber kaum eine Gegenleistung für die Teilnehmenden erbracht. Auch Preise wie den hochdotierten Vonovia Award für Fotografie sehe ich sehr kritisch. Vonovia ist das größte Wohnungsunternehmen Deutschlands und seine Praktiken in der Wohnungspolitik sind allseits bekannt. Auch Künstler und Fotografen hatten in den letzten Jahren stark unter steigenden Mieten für Wohnungen und Ateliers zu kämpfen. Mit einem hohen Preisgeld und einer renommierten Jury wird hier das Wohlwollen und Schweigen eines sonst sehr kritischen Berufsstandes erkauft und das eigene Image aufpoliert. Aus tiefster Überzeugung nehme ich deshalb nicht an solchen Wettbewerben teil. Es stellt sich jedoch die Frage, was dieser Idealismus hilft, wenn am Ende doch bekannte Fotografen diese Wettbewerbe schmücken.
4.
Ich wünsche mir von einem Fotopreis ein ehrliches Interesse an den Fotografen, ihren Arbeiten und ihrem Weiterkommen. Dazu gehört für mich eine renommierte Jury, gute Pressearbeit und Sichtbarkeit nach außen. Fotografen sollten weder Rechte abgeben, noch einen zu hohen Betrag für die Teilnahme zahlen müssen.
Nanna Heitmann, Fotografin, nannaheitmann.com
1.
Ja. Ich bewerbe mich, um meine Arbeit der Jury von verschiedenen Experten der Foto-Branche zu zeigen. Aber natürlich auch mit der Hoffnung, Förderung für die Fortsetzung meiner Arbeit zu bekommen. Ich habe mich bisher sowohl mit fertigen als auch mit angefangenen Arbeiten beworben – je nachdem, ob es sich um Stipendien oder um Preise handelte.
2.
World Press, Loba, Alexia Foundation, Eugene Smith Grant, PH Museum, …
3.
Ich beobachte, dass immer mehr Fotowettbewerbe die gesamte Fotostrecke als Pressematerial zur Verfügung stellen, so dass Magazine umsonst eine ganze Geschichte drucken können. Das widerspricht dem eigentlichen Gedanken, dass Fotowettbewerbe dafür da sind, Fotografen zu unterstützen. Selbst die Arbeiten von Fotografen, welche „nur“ auf der Shortlist standen, wurden teilweise ohne ihr Wissen über mehrere Seiten in Magazinen abgedruckt.
4.
Maximal drei bis vier Pressebilder. Unterstützung der Fotografen über einen längeren Zeitraum, nicht nur finanziell. Bei Ian Parry habe ich z.B. den Eindruck, dass man in eine Familie aufgenommen wird. Die Leute helfen dir, sich mit den richtigen Menschen zu vernetzen, unterstützen deine Arbeit. Es bleibt eine Art Community.
Rafael Heygster, Fotograf, rafael-heygster.com
1.
Ja, seit etwa einem Jahr reiche ich meine Bilder bei Wettbewerben ein. Mein erster Preis war der VGH Preis im Herbst letzten Jahres. Das brachte mir ein wenig Aufmerksamkeit und die finanzielle Möglichkeit, mich meinen freien Projekten stärker zu widmen.
2.
Preise und Stipendien, welche eine finanzielle Förderung beinhalten, ermöglichen es mir, unabhängig an freien Langzeitprojekten zu arbeiten. Außerdem helfen Auszeichnungen natürlich auch dabei, den eigenen Arbeiten durch begleitende Ausstellungen und Publikationen eine Bühne zu geben, von Redaktionen wahrgenommen und möglicherweise beauftragt zu werden. Bei folgenden Wettbewerben war ich dieses Jahr unter den Finalisten: Leica Oscar Barnack Award, Hellerau Photography Award, Head On Photo Award, Voies Off Award, World.Report Award . Gewonnen habe ich bisher den VGH-Preis, den neuen BFF Förderpreis, den Lensculture Emerging Talents Award, den Otto-Steinert Preis sowie beim College Photographer of the Year. Zudem wurde ich im November 2019 von World Press Photo im Rahmen des 6×6 Global Talent Programms für die Region Europa ausgewählt.
3.
Bisher nicht. Ich lese mir im Vorfeld immer die Wettbewerbsbedingungen durch und entscheide dann, an welchen Wettbewerben ich mich beteiligen möchte. Ich habe mich auch schon bewusst gegen die Teilnahme selbst an renommierten und gut dotierten Wettbewerben entschieden, wenn ich nicht hinter den Geschäftspraktiken der ausschreibenden Institutionen stehen kann.
4.
Generell kann ich schon sagen, dass ich mich über die Anerkennung meiner Arbeit freue. Es motiviert mich natürlich auch, wenn meine Arbeit ausgezeichnet wird.
Aber es geht mir nicht ums Gewinnen an sich, sondern darum, dass ich mit meinen Bildern und Geschichten etwas aussagen möchte und mich freue, wenn meine Fotos öffentlich wahrgenommen werden. Fotografie ist meine Leidenschaft und die Begeisterung für die eigenen Projekte sehe ich unabhängig von möglichen Preisen.
Dirk Gebhardt, Professor für Dokumentarfotografie, fh-dortmund.de/design
1.
Wir empfehlen den Studierenden der FH Dortmund intensiv an Wettbewerben im In- und Ausland teilzunehmen. Wobei wir die Wettbewerbsbedingungen gemeinsam mit den Studierenden analysieren und bei einigen Wettbewerben von einer Teilnahme abraten. So kommt es häufiger vor, dass ausschreibende Firmen und Institutionen sich weitreichende Nutzungsrechte aller eingereichten Arbeiten zusichern lassen, oder das erhebliche finanzielle Kosten auf die Studierenden zukommen, wenn sie den Preis gewinnen. Bei Wettbewerben die ungünstige, teilweise unlautere Wettbewerbsbedingungen haben raten wir den Studierenden von einer Teilnahme ab.
2.
Wettbewerbe kategorisieren wir grob in drei Sparten. Nominierungswettbewerbe, bei denen die Zahl der Teilnehmer begrenzt ist und eine Vorauswahl durch die vorgeschalteten Experten begrenzt ist. Bei diesen Wettbewerben ist im Regelfall keine Teilnahmegebühr erforderlich. Einreichungswettbewerbe ohne finanzielle Beteiligung, hier können sich alle Personen der ausgeschriebenen Zielgruppe frei bewerben. Bei diesen beiden Kategorien lohnt es sich genauer in die Wettbewerbsbedingungen zu schauen und gegebenfalls teilzunehmen. Und es gibt noch die Kategorie Einreichungswettbewerbe mit finanzieller Beteiligung. Hier raten wir den Studierenden im Regelfall von einer Teilnahme ab.
Für die Studierenden ist die Teilnahme an Wettbewerben von besonderer Bedeutung, da sie am Anfang ihrer Karieren stehen. So können sie durch Wettbewerbe eine große, professionelle Öffentlichkeit erreichen. Daher achten wir bei unseren Empfehlungen für Wettbewerbe auf eine professionelle Präsentationsarbeit der ausschreibenden Institutionen. Hierzu gehört im Idealfall ein Geldpreis mit mehreren Ausstellungen im In- und Ausland und eine intensive Pressearbeit in den Medien. Bei Residenzen achten wir darauf, dass nicht nur die direkten Kosten abgedeckt werden, sondern auch das ein Honorar gezahlt wird.
Relevante Fotopreise zeichnen sich durch eine kontinuierliche Publikationstätigkeit und Tradition aus. Sie haben transparente Teilnahmebedingungen, welche das Urheberrecht und die Nutzungsrechte der Teilnehmer nur sehr begrenzt einschränken. Bilder werden nur nach Absprache an dritte weitergegeben. Den Gewinnern werden keine verdeckten Kosten aufgebürdet. In der PR wird der Preisträger in den Vordergrund gestellt und nicht der auslobende Mäzen oder die Firma.
Als international agierende Hochschule beobachten wir in den letzten Jahren, dass weltweit das Geschäft mit der Eitelkeit und Aufmerksamkeit im Markt der Fotografenwettbewerbe zunimmt. So treten unlautere Akteure mit verschiedenen Wettbewerben vor allem in Social-Media-Kanälen auf den Markt. Sie versprechen “Exposure”, “professional contacts” und “a worldwide audience”. Die Zielgruppe (Profi oder Amateur) ist hierbei nicht eindeutig definiert, die Jury im schlimmsten Fall aus anderen Webseiten kopiert und wählt nie eine Gewinnerin aus.
3.
Die Hochschule hat bereits mehrfach erlebt, dass wir Studierende gerade zu vor den Geschäftsgebaren von Fotowettbewerbsanbietern schützen mussten und im extremen Fall mit dem Justiziar gegen die Bedingungen vorgehen musste. Bei einigen Wettbewerben ist es üblich Ausstellungskosten auf Studierende abzuwälzen oder Abschlussarbeiten kostenfrei und in Gänze an renommierte Magazine zu Veröffentlichung abgeben zu wollen. Wir verweisen immer auf die Nutzungsbedingungen: Eine prämierte Serie von 10 Bildern lässt sich im Rahmen einer Berichterstattung zu einem Wettbewerb in einer Publikation gut in 3 Bildern darstellen. Eine kostenfreie Nutzung bzw. Weitergabe von mehr als 3 Bildern ist nicht adäquat.
Da wir in den letzten Jahren häufiger negative Erfahrungen mit Wettbewerbsbedingungen gemacht haben, mussten wir unsere Anforderungen an empfehlbare Fotopreise erhöhen. Daher raten wir den Studierenden mittlerweile von vielen Wettbewerben ab.
4.
Alles das oben Beschriebene.
Joachim Hildebrand, Fotograf, joachim-hildebrand.de
1.
Ja, jedoch immer selektiv. Wichtiges Entscheidungskriterium ist ein Blick auf die Liste der Jurymitglieder und die Arbeiten der in den Vorjahren ausgezeichneten Fotografen. Natürlich sollte ein Wettbewerb, an dem man teilnimmt, auch einen gewissen Stellenwert haben. Andernfalls könnte eine Teilnahme kontraproduktiv sein. Ob erfolgreich oder nicht, immer sollte man bedenken, dass Kunstbeurteilung subjektiv und damit problembehaftet ist. Es gibt keine eindeutige Messlatte und im Prozess der Jurierung kann sich eine Eigendynamik entwickeln, die manchmal zu überraschenden Ergebnissen führt.
2.
Schon um eine Aufzählung zu vermeiden, möchte ich meine Antwort abstrakt formulieren: Ganz besonders relevant sind die Preise, für die man sich nicht selbst bewirbt, sondern für die man nominiert wird.
3.
Wenn ich an Ausschreibungen teilnehme, achte ich bereits im Vorfeld darauf, dass Fotografen durch die Teilnahmebedingungen nicht übervorteilt werden. Wenn das aber erkennbar der Fall ist, scheidet eine Teilnahme von vornherein aus. Es kommt selten vor, dass renommierte Persönlichkeiten solche Wettbewerbe jurieren. Sie tragen hier m.E. eine Verantwortung und sollten sich nicht als Galionsfigur für das Einsammeln von kostenlosen Bildrechten hergeben.
Die Einräumung des Rechts zur Nutzung von Bildern der Teilnehmer im Rahmen des Wettbewerbs und seiner Bewerbung ist natürlich in Ordnung und auch im Interesse der Fotografen, zumindest wenn die Teilnahme erfolgreich war (Platzierung oder Shortlist). Seriöse Wettbewerbe regeln das immer in dieser Weise. Indiskutabel ist, wenn die Übernahme von Ausstellungskosten verlangt wird. Dies kann sich auch erst im Nachhinein herausstellen. Solche Wettbewerbe sind nur Geldquellen für die Veranstalter.
Ein befreundeter Kollege war einmal in einer Jury eines im Internet breit beworbenen Wettbewerbs, der auch schon einige Male ausgeschrieben war. Nach Bekanntgabe der Sieger stellte sich heraus, dass einige Jurymitglieder keine der eingereichten Arbeiten gesehen hatten. Ein anderer Kollege wurde als Mitglied der Jury genannt, hatte aber nie seine Teilnahme zugesagt. Solche Dinge sind im Vorfeld nicht zu erkennen. Immerhin wurde der fragliche Wettbewerb auf Betreiben eines großen Teils dieser Jury eingestellt. Generell kann man nur raten, vor der Teilnahme zu recherchieren, ob eine Ausschreibung seriös ist.
4.
Es gibt nur eine überschaubare Anzahl von Wettbewerben, bei denen die Jury ausschließlich anhand von Bildern, also ohne Kenntnis der Bildautoren, ihre Entscheidungen fällt. Ich würde mir wünschen, dass in Zukunft öfter so verfahren wird. Allerdings ist nie auszuschließen, dass einzelnen Jurymitgliedern Arbeiten und deren Autoren trotzdem bekannt sind. Weiterhin würde ich begrüßen, wenn Ausschreibungen weitgehend auf Zugangsbegrenzungen wie Altersgrenzen oder das Geschlecht verzichten. Entscheidend sind die Bilder.
Snezhana von Büdingen, Fotografin, vonbuedingen.com
1.
Ja
2.
Es gibt keine speziellen Fotopreise, die für mich wichtiger sind als andere. Es gibt aber einige Aspekte, die für mich für die Teilnahme an einem bestimmten Fotowettbewerb sprechen. Erstens die Jury-Besetzung. Eine Shortlist bzw. die Finalisten-Platzierung ist so gesehen ein positives Feedback Seitens der Jury. Es interessiert mich immer, wer sich meine Bilder anschauen und beurteilen wird. Ein positives Feedback von den Koryphäen aus der Fotografie-Szene motiviert einen jeden jungen Künstler. Zweitens das Preisgeld. Bei mir gilt die Regel, Preisgeld das durch die Wettbewerbe reinkommt, wird für weitere freie Projekte genutzt. Der Mangel an finanziellen Mitteln verhindert oft das Entstehen eines weiteren freien Fotoprojekts. Das gewonnene Preisgeld ermöglicht es dem Künstler, seine Ideen zu verwirklichen. Und drittens die Ausstellungen, die oft (leider nicht immer) wettbewerbsbegleitend laufen, sind mir wichtig.
3.
Die Ausstellungskosten im Rahmen eines Wettbewerbs musste ich noch nie selbst tragen. Mit den Nutzungsrechten ist es so, dass die Bilder der Shortlist-Kandidaten bzw. Finalisten für das Promoten des Wettbewerbs benutzt werden dürfen. Man muss sich bewusst sein, dass die Bilder auch an Magazine zur Publikation gegeben werden, ohne dass der jeweilige Künstler dafür ein Honorar bekommt (im Zusammenhang mit dem Wettbewerb). Aber man muss bedenken, dass an Fotowettbewerben oft junge Künstler teilnehmen, deren Arbeiten noch wenig bekannt sind und dass ihre Arbeiten durch die Publikationen eine breite Öffentlichkeit erreichen. Das ist für Künstler gerade in der Anfangsphase sehr wichtig.
4.
Ich finde es schade, dass es oft keine dazugehörige Ausstellung gibt. Das Foto lebt auf dem Papier. Ich wünschte mir, eine Ausstellung wäre ein fester Bestandteil eines jeden Wettbewerbs.
Meinrad Schade, Fotografn, meinradschade.ch
1.
Ja, ich nahm teil und werde wohl auch in Zukunft ab und an teilnehmen.
2.
Relevant sind für mich jene Preise, hinter denen zumindest eine interessante Jury steht. Ich stelle mir die Frage: Ist es eine Auszeichnung, wenn mich diese Jury auszeichnet?
3.
Nein, bis jetzt habe ich keine schlechten Erfahrungen gemacht.
4.
Ich wünschte mir, dass das Preisgeld eine gewisse Größe hat, damit man damit auch was anfangen kann (resp. in weitere Projekte investieren kann). Weiter wünsche ich mir, dass der Preis nicht nur als PR für den Veranstalter hinhalten muss, sondern dass mit der Fotografie auch etwas gemacht wird. Also wenn man schon eine tolle Auswahl an Gewinnern hat, sollte man damit auch was tolles anstellen, z.B. eine Ausstellung, Diskussionen, Artist-Talks usw.
Marie Köhler, Fotografin, marie-koehler.com
1.
Ich habe im ersten Semester meines Masterstudienganges Fotografie, an der FH Dortmund das Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes erhalten. Dieses Stipendium wurde mir bis Ende meines Masters und für das gesamte Aufbaustudium Mediale Künste Diplom 2 an der KHM in Köln gewährt. In meiner Zeit als Studentin habe ich an unterschiedlichen Ausschreibungen teilgenommen. Allerdings habe ich schnell gemerkt, dass meine Vorhaben nie wirklich in die vorgegebenen Strukturen und Ausschreibungsbedingungen gepasst haben. So habe ich neben dem Stipendium der Studienstiftung mich direkt mit Anträgen an die verschiedenen Institutionen gewandt. Meine künstlerischen Projekte wurden daher unter anderem von Institutionen wie dem Goethe-Institut, der Bezirksregierung NRW und dem Auswärtigen Amt gefördert.
2.
Seit dem Ende meines Studiums vor zwei Jahren habe ich mich für unzählige Stipendien und Preise beworben. Relevant sind dabei für mich die Ausschreibungen des Ministeriums in NRW und eigentlich auch die Ausschreibung der Stadt Köln. Sowie direkte Ausschreibungen von unterschiedlichen Ausstellungsinstitutionen. Da aber leider viele dieser Ausschreibungen in der bildenden Kunst nur bis zum 35. Lebensjahr möglich sind, sind für mich die meisten nicht mehr relevant. Auch sind die Grenzen zwischen den Förderungen für Fotografie, Medienkunst, Performance und künstlerischen Film sehr eng festgelegt. Arbeitet man aber interdisziplinär, fällt man schnell aus den möglichen Förderausschreibungen raus. Und so finanziere ich meine Projekte weiterhin meist durch Förderungen, bei denen ich gezielt einen Projektantrag stellen kann.
3.
Ja, habe ich. Viele Stipendien, Förderungen und auch Ausstellungsausschreibungen der unterschiedlichsten Institutionen erwarten einen hohen Eigenanteil. Die Stipendien und Förderungen sind oft projektbezogene Gelder. Somit wird in den meisten Fällen ein Verzicht auf das eigene Gehalt erwartet. Während die Studienstiftung fast die einzige Institution in Deutschland ist, welche auch den Lebensunterhalt von Künstlern fördert, bleibt Studenten ohne Studienstiftung in der bildenden Kunst, während ihres Studiums und nach ihrem Abschluss kaum eine wirkliche Möglichkeit, mit der eigenen Kunst für den Lebensunterhalt zu sorgen. Denn Förderungen für Ausstellungen, für Publikationen und sonstiges gibt es meist erst, wenn alles fertig ist – der Künstler geht also ständig in Vorleistung. Und besonders bei Ausstellungen kommt dann für die Künstler zusätzlich ein sehr hoher Beitrag für die Produktion der Arbeiten hinzu. Anders als in den darstellenden Künsten, wo für mindestens ein Jahr die Gesamtkosten für die Produktion, die Präsentation, aber eben auch für die Lebenshaltung übernommen werden, gilt dies leider immer noch nicht für den Bereich der bildenden Kunst. Und besonders in der Fotografie musste ich die Erfahrung machen, dass Equipment, die Arbeitszeit sowie das Produzieren von Ausstellungswerken nicht in den einzelnen Förderungen mitbedacht wird. Ich habe zwar eine Idee, aber keine funktionierende Kamera, kein Budget für die Produktion meiner Fotografien, keinen Raum um sie zu zeigen und keine Zeit für die Umsetzung, weil ich nebenbei Kellnern muss, um meinen Lebensunterhalt zu finanzieren. Die Kunst muss dann nebenbei gemacht werden. Oft erhalte ich als „Gegenleistung“ den Satz „Ja, aber wenigstens kannst du deine Arbeit zeigen.“ zu hören.
4.
Die Fotografie hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt und auch verändert. Die Grenzen zwischen einer reinen fotografischen Arbeit und das interdisziplinäre Arbeiten mit weiteren Medien haben sich mehr und mehr vermischt. Doch oft wird die Fotografie von der bildenden Kunst und deren Fördermöglichkeiten getrennt. Die Fotografie ist oft nicht mehr nur das Bild oder die Bildserie. Es gibt Fotografie-Collagearbeiten, Serien mit Toninstallationen und Bild und Bewegtbild werden installativ präsentiert. Warum geht die Förderung da nicht mit? Warum öffnen sich Festivals nicht den anderen Formen der Fotografie?
Oft haben auch Ausschreibungen innerhalb der Fotografie harte Grenzen zwischen Dokumentation, Journalismus und der künstlerischen Fotografie. Am Ende gehören Fotografen, die sich für einen künstlerischen Weg entschieden haben, egal in welcher Weise sie ihre Arbeiten am Ende zeigen, zu den bildenden Künstlern und sollten auch so gefördert werden. Doch die Fördertöpfe für die bildende Kunst und somit dann auch für die Fotografie sind nach wie vor viel kleiner als die Fördertöpfe für die darstellende Kunst. Wenn wir weiterhin die Fotografie von der bildenden Kunst trennen, wird die Fotografie es immer schwierig haben ausreichend als Kunstform anerkannt werden und demnach auch nicht genug gefördert werden.