Die Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst feiert ihr fünfzigjähriges Jubiläum. Kreativ Tätige im visuellen Bereich sollten die Bild-Kunst kennen.
Die Bild-Kunst ist ein Kind des modernen deutschen Urheberrechts von 1965. Ins Leben gerufen wurde sie 1969 von bildenden Künstlern in Frankfurt am Main als wirtschaftlicher Verein. Vorbild waren die Musikschaffenden und literarischen Autoren, die ihre urheberrechtlichen Interessen schon damals gemeinsam wahrnehmen ließen.
Ende 1969 hatte der Verein allerdings gerade einmal 26 Mitglieder. Doch auf dem Frankfurter Künstlerkongress von 1971 stieß die zwei Jahre vorher vom Grafiker Paul Rötger und einigen Gleichgesinnten gegründete Gesellschaft auf reges Interesse in der Kunstszene. Allerdings mussten zu Anfang viele Widerstände, auch in den eigenen Reihen, überwunden werden, bis 1975 mit der Bibliothekstantieme erste nennenswerte Einnahmen flossen. Kurz zuvor hatte sich die Bild-Kunst anderen Urhebern aus den Bereichen Foto, Illustration und Design geöffnet. Wirtschaftlich bergauf ging es in den achtziger Jahren mit Einnahmen aus der Privatkopievergütung und der Öffnung hin zu den Filmurhebern und Produzenten.
Seit ihrer Gründung konnte die Bild-Kunst Tantiemen in Höhe von 1,3 Milliarden Euro an ihre Mitglieder im In- und Ausland ausschütten. Aber das ist nicht alles. Die Bild-Kunst kämpft in Berlin und Brüssel für ein starkes Urheberrecht im Sinne ihrer Mitglieder. Weiterhin schafft sie Verbindungen unter den Künstlern und ihren Verbänden und setzt mit ihren Stiftungen Sozialwerk und Kulturwerk ein Zeichen in Sachen Solidarität.
Als Verein steht die Bild-Kunst allen Urhebern aus dem visuellen Bereich offen. Wer als kreativ Schaffender in den Bereichen Kunst, Foto, Design oder Film arbeitet, kann über die Bild-Kunst zusätzliche Einkünfte erzielen. Die VG arbeitet nicht gewinn-orientiert und schüttet ihre Erlöse vollständig an ihre 62.000 Mitglieder aus. Als Verein ist die Mitgliederversammlung ihr oberstes Organ, das alle wesentlichen Entscheidungen trifft. Wie alle Verwertungsgesellschaften steht sie unter der Aufsicht des Deutschen Patent- und Markenamtes. Weitere bekannte deutsche Verwertungsgesellschaften sind die GEMA und die VG Wort.
In einem normalen Geschäftsjahr erwirtschaftet die Bild-Kunst Erlöse zwischen 45 und 55 Millionen Euro. Die an die Mitglieder ausgeschüttete Summe orientiert sich daran, wie viele Abbildungen der Werke in einem Jahr genutzt oder wie häufig die Filme im Fernsehen ausgestrahlt worden sind. Wer erfolgreich ist, kann mit Ausschüttungen im vier- bis fünfstelligen Bereich rechnen. Hierbei geht es um den Erfolg der Werke – der kann durchaus noch gegeben sein, selbst dann, wenn man schon längst im Ruhestand ist. Doch auch diejenigen, die am Anfang ihrer Karriere stehen, können mit Ausschüttungen rechnen. Diese liegen allerdings durchschnittlich im dreistelligen Bereich.
Die Einnahmen werden auf der Grundlage des „Verteilungsplans“ ausgeschüttet. Um eine Ausschüttung zu erhalten, ist einmal im Jahr die Abgabe einer Meldung zu den Nutzungen der eigenen Werke und zu weiteren Parametern erforderlich. Auf Basis dieser Werte und der Logik des Verteilungsplans werden die konkreten Ausschüttungen berechnet.
Die Bild-Kunst nimmt außerdem Tantiemen für die Werke von bildenden Künstlern ein. Die Ausschüttungen erfolgen in diesen Fällen automatisch und bis zu viermal im Jahr, ohne dass das Mitglied weitere Angaben machen muss. Von den Vergütungen abgezogen werden allein die Verwaltungskosten und die Beiträge für das Sozial- und das Kulturwerk.
Durch diese Stiftungen kann aktiv unterstützt oder geholfen werden, sei es notleidenden Urhebern situativ, oder um kulturelle Projekte zu unterstützen. Nach dem VGG soll die Bild-Kunst kulturell und sozial aktiv sein. Die Bild-Kunst hat dafür die Stiftungen gegründet. Das Sozialwerk kann immer dann helfen, wenn Urheber unverschuldet in eine Notsituation geraten.
Die Stiftung Kulturwerk fördert im Bereich der bildenden Kunst im institutionellen Rahmen Projekte und Publikationen. Zweck und Aufgabe des Kunstfonds ist die Förderung zeitgenössischer Kunst, zum Beispiel über Arbeitsstipendien, Publikationszuschüsse und Ausstellungsförderungen. Entsprechend hoch ist die Zahl der eintreffenden Bewerbungen – jährlich sind es rund 1.500. Neben dieser Förderung von Talenten unterhält der Kunstfonds auch ein Archiv für Künstlernachlässe.
Für die VG gibt es drei Einnahmequellen. Den anteilig höchsten Betrag erhält die Bild-Kunst für die Geltendmachung von „gesetzlichen Vergütungsansprüchen“, also zum Beispiel der Privatkopievergütung oder der Bibliothekstantieme. Im Bereich der bildenden Kunst erwirtschaftet sie unmittelbar Einnahmen, indem sie selbst Lizenzen erteilt. Die dritte Einnahmeart sind die Zahlungen der ausländischen Schwestergesellschaften für die Nutzung des Repertoires der Bild-Kunst im Ausland.
Die Privatkopievergütung ist wirtschaftlich am bedeutendsten. Das Urheberrechtsgesetz verpflichtet Hersteller und Importeure zur Zahlung einer Vergütung für die von ihnen vertriebenen Geräte und Speichermedien, mit denen Endnutzer private Kopien anfertigen können. Im Lizenzgeschäft erhält die Bild-Kunst hauptsächlich Anfragen von Buch-, Zeitungs- und Zeitschriftenverlagen für Abdruckrechte für Werke der bildenden Kunst.
Dabei kann sie ihre Preise nicht frei bestimmen. Sie ist gesetzlich verpflichtet, Tarife (also Preislisten) für die Nutzung der Werke zu veröffentlichen. Damit wird gewährleistet, dass die Bild-Kunst als Quasi-Monopolist für Kunstrechte alle Rechtenutzer gleich behandelt. Festgelegt werden die Tarife häufig durch Verhandlung mit Nutzerverbänden, also zum Beispiel mit dem Deutschen Museumsbund.
Foto oben:
Dr. Anke Schierholz
Fotos: © Heiko Preller
Im Gespräch mit Dr. Urban Pappi
Die Bedeutung der Bild-Kunst
Dr. Urban Pappi ist geschäftsführender Vorstand der Verwertungsgesellschaft Bild-Kunst.
ProfiFoto: Welche Bedeutung hat die Bild-Kunst?
Dr. Urban Pappi: Für unsere mehr als 62.000 Mitglieder sorgen wir für wichtige zusätzliche Einnahmen. Wussten Sie, dass der durchschnittliche bildende Künstler nur 11.000 Euro brutto im Jahr erzielt? Nicht alle professionell arbeitenden Urheber im visuellen Bereich können von ihrem Beruf gut leben. Hinzu kommt die schwankende Auftragslage. Nur wenige unserer Mitglieder haben feste Einkünfte. Die Tantiemen der Bild-Kunst stellen somit einen wichtigen Bestandteil des Einkommens unserer Künstler dar.
ProfiFoto: Ist die Bild-Kunst ein Inkassounternehmen?
Dr. Urban Pappi: Der Begriff weckt falsche Assoziationen. Denn die Bild-Kunst vermittelt gebündelte Lizenzen zu angemessenen Bedingungen und nimmt damit eine Mittlerrolle zwischen Urhebern und den Nutzern ein. Insofern geht ihre Bedeutung weit über die reine Geldverwaltung hinaus. Wir bilden eher eine Brücke zwischen den Kreativen und dem Markt. Beispielsweise haben wir im Bereich Kunst Rahmenverträge mit Museen, Galerien, Auktionshäusern, Verlagen und Rundfunksendern verhandelt. In der Praxis machen diese es den Unternehmen sehr einfach, Abbildungen von Kunstwerken zu nutzen. Und weil wir einfache Lösungen anbieten, wird die Nutzung der Werke unserer Mitglieder wieder gefördert. Hier haben alle etwas davon.
ProfiFoto: Was zeichnet die Bild-Kunst noch aus?
Dr. Urban Pappi: Wir sind die Interessenvertretung unserer Mitglieder: Die Bild-Kunst setzt sich für ein starkes Urheberrecht ein und verfügt über ein weltweites Netzwerk an Partnerorganisationen.
Wir fördern politische Projekte der Berufsorganisationen unserer Mitglieder. Wir begleiten Gesetzesinitiativen in Berlin und Brüssel. Und wir führen und fördern sogenannte Musterprozesse, um das Urheberrecht im Sinne unserer Mitglieder weiterzuentwickeln. Beispielsweise klären wir gerade die Hyperlink-Problematik des „Framing“. Dabei geht es um den Einbau fremder Inhalte auf die eigene Webseite, ohne dass es der User merkt. Hier führen wir einen Musterprozess, der mittlerweile vor dem Europäischen Gerichtshof anhängig ist. Die Bild-Kunst verfügt übrigens nicht nur über eine Hauptgeschäftsstelle in Bonn. Sie betreibt gleichzeitig gemeinsam mit der VG Wort ein Büro in Berlin. Dieses Hauptstadtbüro leistet wichtige Arbeit für unsere politische Vernetzung.
ProfiFoto: Welche Herausforderungen hält das Tagesgeschäft bereit?
Dr. Urban Pappi: Die Bild-Kunst ist eine kleine Verwertungsgesellschaft, die im Durchschnitt ein Jahresinkasso von 40 bis 50 Millionen Euro erzielt. Die bekannten Musikgesellschaften, z.B. die GEMA, spielen mit über einer Milliarde Euro Jahresumsatz in einer anderen Liga. Obwohl wir zwanzigmal weniger Geld erwirtschaften, betreuen wir fast genauso viele Mitglieder wie die GEMA.
Im Tagesgeschäft müssen wir mit wenigen Ressourcen ein Massengeschäft bewältigen. Man denke nur an die Verwaltung der Stammdaten der Mitglieder. Jeden Tag erreichen uns Änderungsmeldungen, die teilweise überprüft werden müssen. Besonders arbeitsintensiv sind aber die Entgegennahme, Prüfung und Verarbeitung der von den Mitgliedern eingeschickten Meldedaten. Diese erreichen uns nicht gleichmäßig über das Jahr verteilt, sondern meist geballt kurz vor dem Meldeschluss.
ProfiFoto: Die Bild-Kunst wird im Jahr 2019 fünfzig Jahre alt. Wie sieht die Zukunft aus?
Dr. Urban Pappi: Ich bin fest überzeugt, dass die kollektive Rechteverwaltung auch morgen noch benötigt wird. Massenhafte Werknutzungen werden zunehmen, ebenso die berühmte „long-tail“ Verwertung. Früher wurden nur Spitzenwerke am Ende der urheberrechtlichen Schutzdauer, also 70 Jahre nach dem Tod des Urhebers, nachgefragt. Heute gilt das nicht mehr, denn alles ist immer verfügbar. Außerdem halte ich die Künstler-Selbstverwaltung für ein Erfolgsmodell. Vertrauen in Geschäftspartner und Geschäftsmodelle wird künftig eine wichtige Währungseinheit darstellen. Wem vertraue ich meine Daten an? Wer garantiert mir, dass meine Interessen gewahrt bleiben? Verwertungsgesellschaften wie die Bild-Kunst sind Instrumente ihrer Mitglieder also der Urheber. Die Bild-Kunst arbeitet transparent, ist gesetzlich durchreguliert und steht unter staatlicher Aufsicht. Das sind gute Voraussetzungen für eine erfolgreiche Zukunft.
https://m.bildkunst.de/index.html