Wie von ProfiFoto bereits im Dezember berichtet (Verstaatlichung des Passbildgeschäftes), plant die Bundesregierung die Änderung des Passgesetzes. In Zukunft dürften demnach für neue Ausweisdokumente nur noch Fotos verwendet werden, die am Ort der Antragstellung unter Aufsicht gemacht wurden. Die Herstellung von biometrisch korrekten Fotos – zum Beispiel im Fotofachhandel oder im Fotostudio – wäre dann nicht mehr möglich.
Der Referentenentwurf des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) vom 9. Dezember für ein Gesetz zur Stärkung der Sicherheit im Pass- und Ausweiswesen enthält eine Reihe von Neuregelungen mit dem Ziel, die öffentliche Sicherheit zu stärken.
Das Problem: Durch so genanntes „Morphing“ können mehrere Gesichtsbilder zu einem einzigen Gesamtbild verschmolzen werden, das dann die Züge all dieser Gesichter zeigt. Ist ein auf dem Pass enthaltenes Lichtbild auf diese Weise manipuliert, kann nicht nur der Passinhaber, sondern unter Umständen auch eine weitere Person den Pass zum Grenzübertritt nutzen. Die Funktion des Passes als Dokument zur Identitätskontrolle sei damit im Kern bedroht. Die bisherige Praxis, nach der Passbewerber die zu verwendenden Lichtbilder einreichen, ist daher laut Referentenentwurf nicht mehr zukunftstauglich.
Manipulationen bei der Passbeantragung und anschließende unerlaubte Grenzübertritte sollen künftig dadurch ausgeschlossen werden, dass das Passbild vor Ort unter Aufsicht der Passbehörde aufgenommen und in digitaler Form unmittelbar in den Produktionsprozess des Passes eingespeist wird. Das Gleiche gilt für das Lichtbild des Personalausweises.
Für die Einführung einer Vor-Ort-Aufnahme entsteht nach einer vorläufigen Preisindikation ein einmaliger finanzieller Aufwand von insgesamt rund 177 Millionen Euro für einen Zeitraum von fünf Jahren zur Debatte. Dem liegt die Annahme zu Grunde, dass für die rund 5500 Pass-und Ausweisbehörden insgesamt 11.000 Selbstbedienungsterminals (durchschnittlich zwei Stück pro Behörde) benötigt werden. Diese Einschätzung beinhaltet die Kosten für die Entwicklung, Systemintegration und den Rollout der Geräte, ferner die Kosten für Pflege und Support, was auch die Lieferung von Ersatzgeräten umfasst. Nach Ablauf der ersten fünf Jahre fällt demnach für Bereitstellung, Wartung und Pflege der Selbstbedienungsterminals ein jährlicher Aufwand von schätzungsweise 12 Millionen Euro an.
Für die Vor-Ort-Aufnahme des Lichtbilds in den Meldeämtern sollen die Gebühren für Pass und Personalausweis für den Einführungszeitraum der ersten fünf Jahre voraussichtlich um rund drei Euro erhöht werden. Bei insgesamt rund 59 Millionen ausgegebenen Dokumenten ergibt sich damit während dieses Zeitraums eine Gesamtbelastung für den Bundeshaushalt von 177 Millionen Euro.
Während es aus Sicht des BMI keine Alternative zu dieser Neuregelung gibt, läuft der „Centralverband deutscher Berufsfotografen“, CV, und Einzelhandelsverbände wie der Handelsverbandes Deutschland, HDE, und der Bundesverbandes Technik des Einzelhandels, BVT, dagegen Sturm.
Hans Starosta, Bundesinnungsmeister und Vorsitzender des CV: „Nachdem bekannt wurde, dass geplant ist, die Erstellung der Pass- und Ausweisbilder unter die Aufsicht der Passbehörden zu stellen und damit den Fotografen diese Aufgabe zu entziehen, haben sich bei uns viele Betriebsinhaber gemeldet. Sie sind äußerst besorgt über ihre berufliche Existenz, denn dieser Umsatz ist das sogenannte `Brot-und Butter-Geschäft´ in unserer Branche.“
Josef Sanktjohanser, Präsident des HDE, ergänzt: „Da die Fotohändler mit der Erstellung der Passbilder nicht nur den höchsten Deckungsbeitrag erzielen, sondern dieser Service auch maßgeblich für Kundenfrequenz in den Geschäften sorgt, würde dieser Plan Millionenumsätze im Handel vernichten. Angesichts der ohnehin angespannten Lage im stationären Einzelhandel stellt dies eine existenzielle Bedrohung für viele mittelständische Unternehmen dar.“ BVT-Vorstand und Vorstandsvorsitzender der United Imaging Group, Rainer T. Schorcht: „Das geplante Passgesetz vernichtet Arbeitsplätze. Eine Verstaatlichung des Passbildgeschäftes wäre für jeden Foto-Fachhändler und seine Mitarbeiter ein Schlag ins Gesicht.“
Dabei zeigen alle genanbten Verbände durchaus Verständnis für die Zielsetzung des BMI, Manipulationen bei der Pass- oder Personalausweisbeantragung zu verhindern. Frank Schipper, Vorstandsvorsitzenden des BVT: „Wir unterstützen diese Intention ausdrücklich. Für problematisch halten wir allerdings den Ansatz, eine Zusammenarbeit von Privatwirtschaft und Behörden – mit der nach unserer Auffassung die gleichen Sicherheitsstandards realisiert werden können – von vornherein auszuschließen und eine behördliche Aufsicht bei der Aufnahme von Lichtbildern für Ausweispapiere zwingend vorzuschreiben.“
Derzeit arbeiten namhafte Händlergruppen gemeinsam mit den Herstellern von Passbildstationen (VST, Silverlab etc.), dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik und Softwareherstellern demnach an einem Konzept, das sichere, bruchfreie und einfache Bildübertragung an die Passbildämter gewährleistet. Schorcht: „Mit unserer Lösung wird der noch zu „kreierende“ Passbildmacher auf Beamtenebene überflüssig und jede Menge Steuergeld gespart.“
Hans Starosta: „Schon 2014 haben wir mit dem BSI an Konzepten zur elektronischen Bildübermittlung gearbeitet. Testläufe in Göttingen und Köln sind erfolgreich verlaufen.“
Bis Ende Januar sind die Verbände aufgefordert, Stellungnahmen zu der beabsichtigten Änderung des Passgesetzes abzugeben, um eine Verstaatlichung des Passbildgeschäftes noch zu verhindern.
Dabei liegt das Problem nicht nur bei den Übertragungswegen der Passbilder, sondern bei der Erstellung beziehungsweise Verarbeitung. Eine mögliche Lösung könnte sein, staatlich vereidigte Passbildfotografen zu installieren, die dafür bürgen, dass von ihnen erstellte Ausweisfotos tatsächlich authentisch sind. So bliebe Fotostudios das Geschäft mit den Passbildern erhalten, wobei denen in jedem Fall die Möglichkeit bleiben wird, entsprechende Aufnahmen für andere Verwendungszwecke anzubieten, also zum Beispiel für Führerscheine. Fragwürdig bleibt, warum der BMI Referentenentwurf davon ausgeht, das keine Auswirkungen auf Einzelpreise und das Verbraucherpreisniveau zu erwarten sind, liegen die prognostizierten Mehrkosten für eine Ausweiserstellung inklusive der Passbilder aus dem Behördenautomaten mit rund drei Euro deutlich unter den Kosten für Passbilder aus dem Fotostudio.