Fotografie ist ein Medium, das viele Menschen begeistert und inspiriert. Daran hat der Bereich der Profifotografie nur einen kleinen Anteil. In den sozialen Medien wächst die Zahl der Profile und Postings, die auf den zahlreichen Plattformen agieren. Allein auf Instagram werden täglich 3,5 Milliarden Likes verteilt. Es ist angesagt, mit einer smarten Kamera am Schultergurt durch Städte wie Berlin zu schlendern und Motive zu sammeln. Wer es sich leisten kann, investiert gern und viel in Kameras, Objektive und schickes Zubehör. Das sind allerdings nicht nur die Berufsfotografen. Immer mehr Amateure, Fotobegeisterte, „you name it“ sind professionell ausgerüstet und leisten sich die Fotografie. Das zeigte sich auch auf der Berlin Photo Week und der Konferenz tPIC, die Mitte Oktober in Berlin erstmalig stattfand und unglaublich viele Besucher anlockte. Ein kleiner Tsunami für die Berufsfotografie!
Mein Besuch auf der Berlin Photo Week startete mit meinem Vortrag über das Thema „Honorargestaltung und Nutzungsrechteskalierung für Berufsfotografen“. Der Raum und die Bühne im Berliner Kraftwerk waren beeindruckend und boten unendlich viel Platz. Allerdings brauchte ich mir keine Gedanken machen, ob es voll wird, jeder Stuhl war besetzt und auch an den Seiten standen viele Menschen. Das Publikum der Konferenz setzte sich aus Berufsfotografen, Fachleuten der Foto- und Medienbranche sowie der Industrie zusammen. Ein großer Besucher-Ansturm herrschte in den Hallen der Hersteller und Aussteller mit bunten Lichtinstallationen und grafischen Fotokulissen. Den Berlinern ist es gelungen, ein erfolgreiches Event-Konzept zu entwickeln.
Es ist gut, dass die Fotobranche boomt und ihr Publikum findet. Parallel zu dieser Entwicklung läuft es aber mit der professionellen Auftragsfotografie bei den Berufsfotografen nicht mehr so rund. Fotografie ist überall angekommen und egal, ob mit Profikamera oder Smartphone, es wird fotografiert, inszeniert, produziert und gepostet. Und mit Erfolg. Fotografie macht unglaublich Spaß, ist Abbild der eigenen Perspektiven und bringt Anerkennung und Follower. Und fast niemand fragt nach Ausbildung, Studium oder Referenzen. Die Idee des Bildes und die Story zählen, emotionale Momente oder krasse Einblicke. Fotografie erreicht einfach jeden, egal von wem sie ist. Es werden Kooperationen möglich, die Amateuren oder Fotobegeisterten ungeahnte Möglichkeiten und Einnahmen bescheren. Dieser Bereich des Bildermarktes funktioniert mittlerweile auch ganz gut ohne die Professionals und läuft komplett an manchem Berufsfotografen vorbei.
Der Profifotograf, der für die Erstellung eines ikonografischen Bildes gebucht wurde, welches aufwändig gelayoutet, komponiert, inszeniert und produziert wurde, hat heute weniger zu tun. In der Auftragsfotografie haben sich die Produktionsarten und Vorgaben sowie auch die Budgets stark verändert. „Der letzte Meter wird nicht mehr gegangen“, sagte kürzlich Oliver Hack, MP bei Markenfilm auf einer Konferenz des BFF (Berufsverband Freie Fotografen und Filmgestalter e.V.) in Hamburg. Durch die Digitalisierung hat sich die Produktion vieler Bilder zur Content Creation entwickelt. Fotografen, die sich nicht selbst als Marke am Markt präsentieren und ihre Kreativität unter Einbeziehung der Chancen und Möglichkeiten der technischen Entwicklungen und der Seh- und Konsumgewohnheiten der Kunden nutzen, sind weniger konkurrenzfähig. Die neue Ar, Bilder zu denken und zu produzieren, ist nicht zwangsläufig von geringerer Qualität, nur weil für viele Medien und Kanäle produziert wird. Content Creation kann hochwertig, anspruchsvoll und gut bezahlt sein. Es ist nur eben etwas anderes als das ikonografische Anzeigenmotiv und erfordert ein anderes Denken und eine andere Motivation des Urhebers.
Was das fotobegeisterte Publikum der Berlin Photo Week auch prägt, sind Offenheit und ein spielerisches Moment. Davon kann sich mancher Berufsfotograf anstecken lassen, um auf neue Ideen zu kommen und sich nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Denn sicher ist, dass die Digitalisierung der Produktion von Content, also Fotos, Filme, etc. nicht stillsteht. Damit steigen die Möglichkeiten für viele Akteure der Fotografie, an dieser Entwicklung teilzuhaben, ihr Geld zu verdienen und sichtbar zu sein. Instagram und Co. werden dabei auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, neben anderen Plattformen für Fotos, wie beispielsweise EyeEm, von den Initiatoren der Berlin Photo Week.
Und wie entwickeln Sie sich weiter?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der Ziel- & Visionsfindung und einem erfolgreichen Auftritt sowie in der Honorar- und Nutzungsrechtegestaltung und der Kommunikation mit Kunden.