Ab 5. Dezember 2019 ist der Dokumentarfilm „Schönheit und Vergänglichkeit“ der Regisseurin Annekatrin Hendel in ausgewählten deutschen Kinos zu sehen. Der Film porträtiert Sven Marquardt, den Fotografen und Türsteher des berühmten Berliner Elektronik-Clubs Berghain von seinen Anfängen in der der Ostberliner Punkszene bis heute.
Schon vor dem Mauerfall porträtiert der gelernte Fotograf Sven Marquardt, heute auch durch sein markantes Aussehen als Türsteher des legendären Technoclub Berghain weit über die Grenzen Deutschlands hinaus bekannt, die subkulturelle Ost-Berliner Szene in ausdrucksstarken Schwarzweiß-Fotografien.
Nach 25 Jahren Unterbrechung seines künstlerischen Schaffens erfindet sich Marquardt heute noch einmal neu und erlangt mit seinen Ausstellungen, Publikationen und Auftragsarbeiten Weltruhm. Nacht, Rausch, Exzess und Dunkelheit strahlen seine Werke aus, obwohl sie meist bei Tageslicht entstehen. Die Porträts seiner DJs, Musiker, Türsteherkollegen sind erotisch, lässig, schmutzig und existenziell.
In ihrem neuen, sehr persönlichen Film begegnet die Regisseurin Annekatrin Hendel, Sven Marquardt und zwei seiner Weggefährten aus der gemeinsamen Ostberliner Punkzeit: Robert Paris und Dominique „Dome“ Hollenstein. Der Film erzählt von drei Freunden mit einer gemeinsamen Jugend, deren Wer degang geprägt ist von ihrem künstlerischen Blick auf die Welt, von Radikalität und Offenheit. Und von der unbedingten Sehnsucht nach Individualität und Unangepasstheit, Rebellion, dem Älterwerden, von Liebe und Freundschaft in zwei unterschiedlichen deutschen Werte-Systemen. Dabei werden der Vergänglichkeit immer wieder Momente und Bilder vom unbeschwerten Leben im Ostberlin der 80er Jahre entrissen. Robert Paris` Stadtansichten in Schwarzweiß, das er, wie Sven Marquardt bei seinen Porträts, hervorragend beherrscht, erzählen leidenschaftlich von der besonderen Endzeit-Stimmung in Ostberlin.
So zeigt sich in „Schönheit der Vergänglichkeit“ nicht nur die zarte, sensible, künstlerische Seite des Türstehers Sven Marquardt, sondern auch ein subversiver, zugespitzter Individualismus in einer Kultur, die heute pauschalisierend als „uniform“ bezeichnet wird. Und wir erfahren, wie unterschiedlich die „schrägen Vögel“ der letzten Erwachsenen-Generation der DDR auf ihr Leben schauen und wie selbstbestimmt sie heute leben.
Sven Marquardt wird 1962 geboren und wächst in Ost-Berlin auf. 1982 beginnt er seine Berufsausbildung als Fotograf. Nach ersten Veröffentlichungen in den Zeitungen “Sonntag“ und „Das Magazin“ arbeitet er schon bald bis Ende der 1980er-Jahre für die DDR-Kult-Mode-Zeitschrift „Sibylle“ als Modefotograf. 1987/1988 nimmt er sogar an der X. Kunstausstellung der DDR teil und wird 1988 Mitglied im Verband Bildender Künstler. Und doch ist Sven Marquardt nicht der typische „Ost-Fotograf“. Diese Tatsache wird ihm nach dem Mauerfall erst einmal beruflich das Genick brechen. Seine Werke zeigen nun mal keine „Trabis“ vor Plattenbauten und keine Ostler in Anoraks, die beim Anblick einer Banane in Freudentränen ausbrechen. Es sind keine Kopien von erfolgreichen Westfotografen, es sind eigenständige Kunstwerke voller Wucht und Revolte. So zieht sich Marquardt nach der Wende zunächst aus der Fotografie zurück. In den 1990er-Jahren beginnt Marquardt in der Diskothek Ostgut als Türsteher zu arbeiten. Mit dem Umzug ins Berghain und dessen Aufstieg zum bekanntesten Club wird Sven Marquardt zu einer Symbolfigur des Berliner Nachtlebens. 2014 erscheint seine Autobiografie „Die Nacht ist Leben“, die parallel zum Kinostart des Filmes nun als Taschenbuch erscheint. Seine Fotografie wurde jüngst in mehreren Bildbänden veröffentlicht und findet heute ihren Weg weltweit in Galerien und Museen. Daneben fertigt er Auftragsarbeiten an.