Die Diskussionen um die Wiedereinführung der Meisterpflicht für Profifotografen hat gezeigt, dass ein solcher Titel wenig über Kreativität und fotografisches Können aussagen kann. Gleichzeitig wird immer wieder von Fotografen der Wunsch nach einer Zertifizierung geäußert, die sie als Profis auszeichnet – beispielsweise durch eine Art Gütesiegel. ProfiFoto wollte wissen: Wie könnte das aussehen?
1. Brauchen wir in Deutschland generell ein Gütesiegel als Zertifizierung für Fotografen, oder nur für einige spezialisierte Berufsgruppen wie Hochzeits-, Werbe- oder Pressefotografen?
2. Wie könnte das Konzept hinter einer neu zu schaffenden Zertifizierung aussehen?
3. Wäre die Mitgliedschaft in Verbänden und/oder Gewerkschaften wie Freelens, BFF, DJV, Verdi oder VG Bild-Kunst bzw. bei der Künstler Sozialkasse ein sinnvolles Kriterium bei der Zertifizierung eines Fotografen, oder um sich als Fotograf von der Konkurrenz abzusetzen?
Thomas Hieronymi, Mitglied des Vorstandes des Centralverband Deutscher Berufsfotogafen, cvfoto.de
1. Wir brauchen kein Gütesiegel für spezialisierte Berufsgruppen, sondern besonders einen Nachweis über die kaufmännische Qualifikation von Fotografen.
2. Warum soll ein System, das existiert, neugeschaffen werden? Es gibt schon heute die Meisterprüfung im Handwerk, bei der der kaufmännische Aspekt einen großen Teil der Prüfung ausmacht und auf europäischer/internationaler Ebene die Qualifikation als europäischer Fotograf mit unterschiedlichen Abstufungen bis hin zum Master Qualified European Photographer. Dieses System gibt es ebenso separat für Videografen. EP-European Photographer, QEP-Qualified European Photographer, MQEP- Master Qualified European Photographer, EV- European Videographer, QEV- Qualified European Videographer, MQEV-Master Qualified European Videographer kann auch heute schon jeder, unabhängig von seiner Ausbildung ablegen. Information zum European Photographer finden Sie auf den Seiten des FEP | Federation of European Professional Photographers oder des Centralverbandes Deutscher Berufsfotografen.
3. Eine Mitgliedschaft in einem Verband ist sicher kein Zeichen für eine Qualifizierung.
Eine deutsche Zertifizierung sollte zwingend eine Ausbildung im fotografischen und kaufmännischen Bereich enthalten und der fotografische Bereich sollte praxisbezogen und nicht nur theoretischer Natur sein. All dieses gibt es heute schon mit Gesellenprüfung und Meisterprüfung. Ganz unabhängig von einer Verbandszugehörigkeit. Und am Schluss noch eine persönliche Bitte an die Verbände, egal ob BFF, Freelens oder CV: Setzt euch einmal ohne Vorbehalte und irgendwelche persönlichen Abneigungen zusammen und bringt das zu einem vernünftigen Abschluss.
Rainer F. Steußloff, Vorstand Freelens e.V., freelens.com
1. Berufsfotografen sind zu diversen Ausgaben verpflichtet, die sich natürlich auch im Honorar widerspiegeln müssten. Hierzu gehören Beiträge zur Künstlersozialkasse (KSK), Mitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft (BG ETEM), eine Berufshaftpflichtversicherung, Verbandsbeiträge, Steuerpflicht, Fortbildungen usw.
2. Diese nachzuweisen und in einem Zertifikat zusammenzufassen, wäre sicher eine Möglichkeit, um zu belegen, dass die Fotografen tatsächlich hauptberuflich tätig sind. Die Qualifikationen der Fotografen erschließen sich aber zuerst über eine aussagekräftige Webseite, auf der der Kunde sich über die Qualität, den Stil, die Bildsprache, die Referenzen und bestenfalls auch über den Preis der Fotografen orientieren kann.
Allerdings hätte dieses Gütesiegel nur rein optische Wirkung auf der Webseite – dem Kunden gegenüber besagt es erst einmal nichts. Denn es besteht für die Auftraggeber keinerlei Verpflichtung, diese Nachweise vor der Auftragsvergabe zu prüfen und nur hauptberufliche Fotografen zu engagieren. Solange sich die Auftragsvergabe und die Lizensierungen aus Archiven nur nach dem Preis richten, sind Berufsfotografen durch die Kosten immer im Nachteil.
3. Freelens hat sich bereits 2013 im Rahmen seines Zukunftskongresses in Stuttgart mit dem Thema beschäftigt. Die Idee wurde komplett durchgespielt und mit den Kollegen diskutiert. Die Mitglieder haben eine Zertifizierung einstimmig abgelehnt, auch weil viele Gütesiegel in der freien Wirtschaft „käuflich“ zu erwerben sind und keinerlei Aussagekraft besitzen.
Alexandra Lechner, Fotografin, alexandralechner.de
1. Aus meiner langjährigen Erfahrung als Fotografin kann ich sagen, dass meine Kunden mich nicht wegen eines Titels oder Zertifikats buchen, sondern weil sie einen bestimmten Look suchen oder meine Art zu arbeiten sie überzeugt. Viel wichtiger als ein Zertifikat ist für Auftraggeber – egal ob B2B oder Privatkunden – welchen Stil und welche Persönlichkeit der Fotograf hat.
2. Diese Frage erübrigt sich aufgrund meiner ersten Antwort.
3. Im Fall des BFF ist es so, dass man sich als Fotograf mit einer Mappe um eine Mitgliedschaft bewerben muss. Das erfordert schon bei der Bewerbung eine bestimmte Qualität des Portfolios, um von der Gutachterkommission in den Verband aufgenommen zu werden. Wie das bei den anderen Verbänden genau ist, kann ich nicht sagen. Aber ich denke, dass für jede Sparte (Werbe-, Presse- oder Privatkundenfotografie) andere Maßstäbe angelegt werden sollten, wenn es darum geht, wie die Qualität einzuordnen ist. Aber letztendlich ist es nicht ein Gütesiegel, das zählt, sondern die Kreativität, die Persönlichkeit des Fotografen und die professionelle Umsetzung der Jobanforderung. Ob diese Aspekte in eine Art Norm für ein Zertifikat gepackt werden können, kann ich nicht sagen und persönlich halte ich es nicht für sinnvoll und zielführend.
Jürgen Meister, BFF-Geschäftsführer, bff.de
1. Interessanterweise haben sich ja schon 2015 bei einer Umfrage des Bundes professioneller Porträtfotografen unter 1.450 handwerklich tätigen Fotografen nur noch 30 Prozent für die Wiedereinführung der Meisterpflicht ausgesprochen – nicht desto trotz sollte es natürlich eine Zertifizierung geben, die vor allem auch die Fotodesigner qualifiziert, da sich jeder Fotograf nennen kann. Und den Kunden muss ja die Möglichkeit gegeben werden, wie bei anderen Berufsgruppen auch, schon im Vorfeld durch ein Gütesiegel bei der Auswahl unterstützt zu werden. Doch sollte dies nicht für jede einzelne Fachrichtung innerhalb der Fotografie geschehen – sondern generell als allgemein gültiges Qualitätsmerkmal eingeführt werden.
2. Wir feiern ja gerade 50 Jahre BFF – und seit der Gründung 1969 gilt eine Regel für die Aufnahme von neuen Mitgliedern – und so könnte auch eine Zertifizierung der Fotografen generell aussehen.
Jeder Bewerber im BFF muss durch die Vorlage von 30 – 40 Fotografien oder Filmen vor einer zehnköpfigen Kommission die Qualität seiner Arbeit beweisen und sein komplettes Spektrum als Fotograf/Filmer zeigen – nur bei mehrheitlich positiver Entscheidung ist die Aufnahme möglich. Das gleiche Prozedere gilt auch für Nicht-Mitglieder, die sich von der vom Oberfinanzgericht Düsseldorf berufenen BFF-Gutachterkommission auf künstlerische Anerkennung prüfen lassen können – auch hier muss der Kandidat seine hohe kreative und fotografische Qualität durch die Vorlage von Arbeiten aus bestimmten Jahren meist auf Anfrage von Finanzämtern beweisen. Diese Prüfung entspricht auch hier einer Grundlage für eine mögliche zukünftige Zertifizierung von Fotografen.
3. Die Mitgliedschaft an eine Prüfung durch eine Expertenkommission zu koppeln, wäre der richtige Weg – denn die hohe Hürde, vor einer kompetenten, namhaften Kommission mit seinen Arbeiten zu bestehen, liefert den Beweis, da Kreativität und handwerkliches Können zusammen über die Qualität von Fotografie entscheiden. Insofern sehen wir die BFF-Mitgliedschaft wie viele unserer Kunden aus der Verlags- und Medienbranche schon immer als Gütesiegel, da eine entsprechende Prüfung zugrunde liegt.
Friedrun Reinhold, Fotograf, friedrun-reinhold.com
1. Ja, denn der deutsche Durchschnittsbürger hat mehr Kompetenz beim Autokauf als bei der Auswahl eines Fotografen. Wir können davon ausgehen, dass ein Presse- oder Werbefotograf von Kunden, die vom „Fach“ sein sollten, beauftragt wird. Hier ist auf der Seite der Kunden meistens eine Kompetenz vorhanden. Ganz anders sieht es aber beim Endverbraucher aus: Hochzeit- oder Porträtfotografen werden oft nach ganz weichen Kriterien gebucht: Die Sympathie, der nette Hund, der günstige Preis. Hier kann eine klar kommunizierte Qualifikation, die natürlich bei den Kunden bekannt sein sollte, helfen, zusätzlich zu den genannten Kriterien auch einen kompetenten Fotografen als Dienstleister zu finden.
2. Zu Beginn sollte die Frage nach dem Warum stehen. Das System der Qualifizierungen gibt es im Rest Europas viel mehr als in Deutschland. Die FEP (Federation European Photographers) in Brüssel hat seit Jahrzehnten ein solches System, in dem eine persönliche Auseinandersetzung mit einem Thema neben der kommerziellen Arbeit im Mittelpunkt steht. Das kann zu persönlichem und fotografischem Wachstum führen und so wirklich zu einer Verbesserung der eigenen Leistung. Jeder Fotograf, dem es um wirklich gute Bilder geht, sollte sich regelmäßig persönlichen und freien Projekten widmen, um die eigene Bildsprache zu formen und zu entwickeln. Natürlich kann man das einfach so realisieren. Von einer kompetenten Jury erfährt man aber, was wirklich gut war, woran noch gearbeitet werden sollte oder warum es doch nicht gereicht hat.
Der BPP geht einen guten Weg: Jeder professionell in Europa arbeitende Fotograf kann jede der drei IPQ Qualifizierungen erreichen, ohne eine Mitgliedschaft in einem Verband zu haben.
Der falsche Weg ist eine verbandsinterne „Kleinstaaterei“, wie sie teilweise heute üblich ist.
3. Nein! Es fehlt an einheitlichen und nachvollziehbaren Kriterien zur Aufnahme in einen dieser Verbände. Die fotografische Qualität spielt leider nur zum Teil überhaupt eine Rolle.
Stephan Gast, Geschäftsführer, berufsfotografen.com
1. Fotografen befinden sich in einer starken Wettbewerbssituation und natürlich ist alles begrüßenswert, was die Akquise und Vermarktung erleichtert.
Ob eine Zertifizierung sinnvoll ist, beantworten die Fotografen aber eigentlich schon seit Jahren in der großen Berufsfotografen Jahresumfrage jedes Jahr ähnlich: So sehen lediglich zwölf Prozent der Fotografen die Ausbildung im Jahr 2019 als wichtigen Punkt an, warum sie gebucht werden. Eine Zertifizierung dürfte daran kaum etwas ändern, denn Sympathie und „gute“ Bilder sind die Faktoren, die nach Meinung der Fotografen zu Buchungen führen.
3. Die Einschätzung, was ein Bild zu einem guten Bild macht, ist höchst subjektiv und von vielen Faktoren abhängig. Bei einer internationalen Werbekampagne muss ein Porträtfoto ganz andere Anforderungen erfüllen, als bei einem Bewerbungsbild. Eine Standardisierung ist einfach nicht möglich – und das ist auch gut so. Denn jede Zielgruppe ist anders, jeder Auftraggeber hat andere Wünsche und jeder Fotograf hat eigene Stärken. Und genau hier gilt es anzusetzen. Die eigenen Stärken mit den Wünschen der Auftraggeber zusammen zu bringen.
Eine Zertifizierung in Form des Fotografenmeisters gibt es zudem ja schon seit Jahrzehnten. Lediglich 33 Fotografen haben im Jahr 2018 davon Gebrauch gemacht. Und gerade deshalb ist eine Abgrenzung im positiven Sinn durch Spezialisierung und Fokussierung auf den Kunden und die eigenen Möglichkeiten viel sinnvoller. Eine Ausgrenzung anderer Fotografen durch eine Standardisierung, Zertifizierung oder andere Regularien wäre in einem freien Wettbewerb im Jahr 2019 eher rückwärtsgewandt und ginge an der Realität des Marktes vorbei.
Silke Güldner, Coach & Consultant für Kreative, silkegueldner.de
1. Ich bin nicht der Meinung, dass ein Gütesiegel die Probleme des Berufsstands lösen kann, denn die Jobpraxis von Fotografen ist sehr divers. Die eines Werbefotografen ist völlig anders als die eines Fotografen, der für Unternehmen arbeitet und der Markt und die Anforderungen an einen Hochzeits- oder Porträtfotografen sind wieder völlig andere. Die Frage ist, welcher Zertifizierungsprozess soll hier einheitliche Standards schaffen und welche Standards lassen sich für alle Gruppen von Berufsfotografen herstellen, die wirklich sinnvoll für die Fotografen UND die Auftraggeber sind? Um gemeinsame „key performance indicators“ für ein Zertifikat zu definieren, die für Fotografen Messbarkeit herstellen, ist die Spannweite der Auftragsfotografie vom dienstleistendem Handwerker bis zum kreativem Künstler zu breit.
2. Wie gesagt bin ich nicht für eine Zertifizierung oder für ein branchendefiniertes Zertifikat. Qualität und Kreativität in der Arbeit, gepaart mit gutem Handwerk und technischen Skills führen dazu, dass Fotografen sich im Markt etablieren und durchsetzen. Wie sich das Handwerk individuell ausgestaltet und welches Equipment zum eigenen Standard zählt, ist je nach Auftragsmarkt sehr verschieden. Was jedoch allen Berufsfotografen oft fehlt, ist eine konsequente Preis- und Verkaufsstrategie, die Kunden verstehen. Hier gilt es besonders den Nachwuchs und die Umsteiger frühzeitig „einzufangen“ und davon abzuhalten, ihre Arbeit zu günstig und damit marktschädigend anzubieten. Die Fotografenverbände können dabei helfen, indem sie wichtige Themen für ihre Mitglieder und Interessenten konsequent auf die Agenda setzen. Veranstaltungen und Fortbildungen wie Workshops oder Vorträge schaffen Transparenz und Aufklärung im Berufsstand.
3. Eine Mitgliedschaft im passenden Berufsverband ist immer empfehlenswert. Leider sind zu viele Fotografen nicht in einem Berufsverband organisiert, dadurch fehlen ihnen oft wichtige Einblicke in die professionellen Standards der Berufsfotografie. Und Fotografen, die aus dem Studium gleich in die Selbständigkeit gehen, haben oft wenig Ahnung von professioneller Jobpraxis und Abwicklung. Hier ist wichtig, dass Fotograf den Berufsverband auswählen, der die Interessen des eigenen Geschäfts- und Marktumfelds gut repräsentiert und Hilfestellungen für die professionelle Positionierung anbieten kann. Im Hinblick auf professionelle Standards und Wertschöpfung in der Berufsfotografie können Verbände und Vereinigungen sicher mehr für den Berufsstand Fotograf tun.
Sabine Pallaske, Vorsitzende der Mittelstandsgemeinschaft Foto-Marketing, bvpa.org/mfm
1. Prinzipiell ist der Kunde bei einem ausgebildeten Fotografen (handwerklich oder Hochschule) besser aufgehoben als beim Amateur. Der ausgebildete Fotograf beherrscht seine Kameras, arbeitet je nach Situation mit angepasstem Equipment und verlässt sich nicht nur auf die Voreinstellungen der Kamera. Ausgebildete Fotografen können Kunden schon im Vorfeld bei der Konzeption und der Planung beraten, kennen die Grenzen des Ausführbaren sowohl technisch wie rechtlich – zum Beispiel den Einsatz und die Weitergabe der Bilder über den Familienkreis hinaus, die Nutzungsbeschränkungen bei betrieblichen Aufnahmen, die Wahl der Aufnahmeorte und vieles andere mehr. Ausgebildete Fotografen können dem Kunden Kostensicherheit gewähren.
2. In Frage kämen zum einem technische Vorgaben wie Maximalbildgrößen (die im konkreten Auftrag oft nicht benötigt werden), Vorgabe bestimmter Kameras, Nutzung von definierten Bildbearbeitunsgprogrammen, Übergabeformate für Print- wie digitalen Medien sowie die Abfrage der Qualifikation im Umgang mit Technik und Software. Dies ist angesichts der Marken- und Modellvielfalt im Kamerasektor und der Vielzahl von Bildbearbeitungsprogrammen schwerlich zu standardisieren. Soll das Gütesiegel kundenrelevante, greifbare Vorteile ausdrücken, kommen meiner Meinung nach als überprüfbare Faktoren eher „nebentechnische“ Aspekte in Frage, die aber in der Regel von ausgebildeten Fotografen erfüllt werden:
– Ist der Fotograf real und hauptberuflich in der Branche wirtschaftlich tätig (Steuernummer, Impressum auf Website bzw Social-Media-Plattformen), also greifbar als Auftragnehmer?
– Kann er belastbare Angebote machen und werden Nutzungsrechte beschrieben?
– Geht er verantwortungsvoll mit den Rechten Dritter um (Model-Vertrag, Property-Release-Vertrag)?
– Geht er verantwortungsvoll mit Datenschutzrechten um?
3. Die Mitgliedschaft bei Freelens, BFF, DJV, Verdi, BVAF, CV, DGPh und anderen ist auf jeden Fall ein Kriterium zur Einhaltung von Mindeststandards und damit für Kunden ein Qualitätsmerkmal und für Fotografen ein Abstandsmerkmal von der nicht professionellen Konkurrenz. Einem „Extra-Siegel“ gebe ich aus oben genannten Gründen wenig Chancen am Markt beziehungsweise ich halte es für nur schwer durchsetzbar und kontrollierbar und damit für überflüssig.
Peter Hytrek, Vorsitzender PIC Verband, pic-verband.de
1. Ein einmalig zugesprochener Titel wie der Meister, ein Diplom oder vergleichbare Ausbildungsabschlüsse sind kein dauerhaft beständiger Beleg tatsächlicher Fähigkeiten oder von tatsächlich vorhandener Qualifizierung. Darüber hinaus gibt es auch viele sehr fähige Kollegen, die als Quereinsteiger keinerlei „schriftlichen Beleg“ ihrer Fähigkeiten besitzen.
Der PIC Verband steht für die nachhaltige und fortwährende Schulung seiner Mitglieder. Jährlich führen wir vier Workshops und zusätzlich spezialisierte Seminare zu aktuellen Themen durch. Hier beschäftigen wir uns mit den Bereichen Technik (Hard- und SW) und Kreativität, setzen aber auch einen Schwerpunkt auf kaufmännische und rechtliche Aspekte.
Die sich immer weiter spezialisierenden Fachbereiche und auch die Verbindung der Berufsfelder (Bild, Licht, Ton, Video, Drohnenfotografie, Farbmanagement, Drucktechnik, Composing, 3D und VR, Kreativität … um nur einige zu nennen) bedürfen mehr denn je einer steten Weiterbildung und Vertiefung der praktischen und auch theoretischen Fähigkeiten. Dieses erlangte Wissen nach „außen“ zu dokumentieren ist sinnvoll und wichtig. Deshalb ja, ich plädiere für die Schaffung von anerkannten Gütesiegeln und Zertifizierungen.
2. Ein einzelnes Zertifikat oder ein einzelnes Gütesiegel können, insbesondere unter Berücksichtigung des Umfanges der möglichen Kenntnisse unsere Branche, nicht aussagekräftig sein. Es ist (nahezu) unmöglich, in allen (Teil) Bereichen des Berufsfeldes qualifiziert zu sein. Was wir brauchen ist vielmehr die Bestätigung und Dokumentation besonderer Fähigkeiten und Kenntnisse.
Die Berufsverbände und Berufsvereine unserer Branche (PIC, BFF, Freelens, DJV etc.) sollten gemeinsam in einer nachhaltigen Qualitätsoffensive (stetig aktualisierte) Fortbildungen entwickeln und diese gemeinschaftlich durchführen, anbieten und somit etablieren. Von den Verbänden gemeinschaftlich anerkannte Siegel (Zertifikate) werden nachhaltig helfen, die Branche und den Berufsstand wieder stärker in den Fokus zu stellen und vor allem diesen zukunftssicher zu machen.
3. Die reine Mitgliedschaft in einem Verband sagt, wenn überhaupt, dann nur wenig über die „heute am Tag“ tatsächlich vorhandene Qualität einer einzelnen Arbeit oder die Fähigkeit eines Menschen oder eines Teams aus. In vielen Fällen erfolgte die Ernennung der Mitgliedschaft vor etlichen Jahren, Teammitglieder wurden ausgetauscht, etc.
Mir ist kein Verband oder Verein bekannt, der die Fortbildung als Kriterium festlegt, weiterhin ein Mitglied sein zu dürfen. Mitglied eines Verbandes zu sein ist ein guter Start und dient den aktiven Mitgliedern enorm – alleine schon durch den Austausch der Kollegen untereinander.
Als Verbände können wir mit der Erteilung von gemeinschaftlich anerkannten Zertifizierungen eine enorm wichtige Zukunftsperspektive – auch für die Verbände an sich – eröffnen. Als Anreiz zum „Erwerb“ der Zertifizierungen könnte ein Punktesystem dienen. Eine gewisse Mindestpunktzahl, verbunden mit einer „Halbwertszeit“, schaffen Anreiz, sich stetig weiterzubilden. Neben Talent ist gerade bei der heutigen Geschwindigkeit der technologischen und digitalen Weiterentwicklungen die stete Weiterbildung ein wichtiger Garant für erfolgreiches Handeln und kreatives Ausschöpfen neuer Möglichkeiten. Ergo: Die bloße Mitgliedschaft alleine erscheint kein sinnvolles Kriterium sein.
Rüdiger Glatz, Geschäftsführer der Agentur Image Agency, imageagency.com
1. Ich denke nicht. In der heutigen Arbeitswelt eines Fotografen ist die Eigenpräsentation ganz wesentlich und Kunden können sich auf dieser Basis ein Bild der Fähigkeiten des Fotografen machen. Technik und deren Beherrschung ist natürlich auch noch ein relevanter Punkt, jedoch ist deren Einsatz im Vergleich zu vor 50 Jahren vielschichtiger und auch in vielen Fällen einfacher geworden. Auch die strukturelle Herangehensweise ist von einem professionellen Kunden im Werk des Fotografen ablesbar.
2. Natürlich könnte es eine genrespezifische Jury geben, die das Werk eines Fotografen prüft und ein Siegel vergibt, jedoch stellt sich auch gleich dann die Frage, wie oft dieses erneuert werden muss und welche Plattform geschaffen wird, damit auch die Zertifizierten einen Nutzen davon haben.
Ich halte es für unnötig.
3. Sollten Kunden darauf achten, dann sicherlich, aber ich denke, dies tun heute kaum noch Kunden und auch zukünftig wird dies nicht mehr der Fall sein.
Wolfgang Kornfeld, Geschäftsführer des Bund Professioneller Portraitfotografen, bpp.photography
1. Professionelle Peoplefotografen, die nicht für Agenturen arbeiten, sondern für den ganz normalen Auftragskunden, sollten sich tatsächlich generell über neue, attraktive Leistungsqualifikationen von der Konkurrenz abheben. Der Meisterbrief ist leider schon lange kein Garant mehr für eine sehr gute Qualifikation. Eine solide, qualitativ hochwertige Ausbildung, die junge Menschen darauf vorbereitet, sich am Markt zu etablieren, muss anders aussehen. Spezialisierung und künstlerischer Anspruch sind heute gefordert, um sich in unserem Business zu behaupten. Nur ein Fotograf, der sich positioniert und zertifiziert, hat eine Aussicht auf Erfolg.
2. Meine Zukunftsvision wäre idealerweise eine Zertifizierung, die auf dem Konzept einer breit gefächerten Aus- und Weiterbildung fußt. Um sich eine langfristige, berufliche Existenz aufzubauen brauchen Fotografen neben einer soliden fachlichen Ausbildung im Bereich Fotografie, Design, Web und Software auch eine umfassende betriebswirtschaftliche Vorbereitung auf den Beruf.
Dazu gehört Kalkulation, Vertrieb und Marketing. Um eine fundierte Ausbildung zu erreichen, müssen auch die Persönlichkeit und der Erfahrungsschatz entsprechend reifen. In diesem Punkt bin ich der Meinung, dass Assistenzen bei hochkarätigen Fotografen sehr viel bringen. Wenn ein Porträtfotograf sich in all diesen Punkten breit aufstellt und sich regelmäßig der öffentlichen Kritik durch eine international anerkannte Jury stellt, kann er ein Leistungsniveau erreichen, das ihm ein erfolgreiches Business garantiert
3. Diesen Punkt kann ich ganz klar befürworten. Aus eigener Erfahrung weiß ich, wie wichtig Networking und persönlicher Austausch mit Gleichgesinnten für den beruflichen Erfolg sind.
Eine Mitgliedschaft und eine aktive Mitarbeit in einem etablierten Verband bringen beruflich gesehen einen immensen Mehrwert. Der bpp ist die größte Berufsinitiative für professionelle Peopleotografie in Deutschland und bietet seit 30 Jahren Weiterbildung auf höchstem Niveau an. Wir schulen dauerhaft den Nachwuchs mit einem facettenreichen Seminarangebot. Durch Qualitätszertifikate und International Photographic Qualifications (IPQ) setzen wir seit jeher ein Zeichen für höchsten Standard und Qualität. Es ist unser Ziel, das Image der professionellen
Peoplefotografie zu stärken und die Fotografie jedes einzelnen Mitglieds nachhaltig auf ein qualitativ hochwertiges Niveau zu heben. Wir Berufsfotografen müssen darauf bauen, dass sich letztendlich Qualität durchsetzt, deshalb stehe ich voll und ganz hinter dem Sinn und Zweck etablierter Berufsinitiativen, solange sie für die Interessen hauptberuflicher Fotografen eintreten.
(Foto: Petra Gerwers)