Fotobücher haben in den vergangenen zehn Jahren eine erstaunliche Entwicklung durchlaufen. Die Zahl der Neuerscheinungen ist kaum noch zu überblicken und jeder Fotograf, der etwas von sich hält, will seine Projekte als Buch veröffentlichen. Doch welche Relevanz hat das Fotobuch heute eigentlich?
1. Wie wichtig sind Fotobücher für deine eigene fotografische Arbeit?
2. Sind Fotobücher eigentlich nur etwas für den „Inner Circle“ oder erreicht man mit ihnen auch „normale Leser“?
3. Erscheinen heute zu viele Fotobücher?
4. Würdest du einem Verlag Geld geben, damit er dein Buch veröffentlicht?
5. Gibt es ein Fotobuch, dass du immer wieder gerne verschenkst?
1.
Das Buch ist ja eine Präsentationsform, die sich dem Ausstellungsbetrieb in gewisser Weise widersetzt. Es ist besonders für die individuelle Rezeption geeignet. Insofern ist es für meine persönliche Kenntnis der Spannweite eines Werkes wichtig, aber ist eine schwierige Kategorie des Ausstellens. Ich liebe freilich Ausstellungen, die von Künstlerbüchern begleitet werden, denn sie akzentuieren die genannte Differenz und verlängern das Ausstellungserlebnis in die Privaträume.
2.
Die Frage ist natürlich, was oder wer der „normale“ Leser sein soll. Ich halte diese Unterscheidung für ein Konstrukt. Denn selbst wenn das Buch nur (!) den „Inner Circle“ erreicht, hat es seine Berechtigung. Die mit dieser Frage eventuell verbundene Thematik der ökonomischen Legitimation betrifft mich als Kuratoren nur wenig, sehr wohl aber die Verlage und für die möchte ich nicht sprechen.
3.
Soweit ich das überblicke, würde ich das mit „Nein“ beantworten. Interessanterweise wurde uns ja schon das Aussterben des Mediums Buch vorausgesagt und das ist doch ganz offensichtlich nicht eingetreten. Und selbst wenn es zu viele Bücher, Fotos, Kunst oder dergleichen geben sollte, zwingt mich ja niemand diese auch in ihrer gesamten Breite zu rezipieren.
4.
Genau so läuft doch seit Jahrzehnten die Buch-Produktion: ein Verlag, der auf eigenes Risiko produziert, ist doch längst Geschichte. Als Museums-Kurator bezahlen wir, der Verlag macht allenfalls auf eigene Kosten noch eine Verlagsausgabe, wofür er aber nur Druckkosten hat. Ich selbst habe in den seltensten Fällen kein Geld für ein Buch bezahlt.
5.
Nein, das EINE Buch gibt es nicht. Zumeist verschenke ich Bücher, an denen ich selbst mitgearbeitet habe und das ändert sich stets. Ein Buch, auf das ich nach wie vor sehr stolz bin, von dem ich aber keine Exemplare mehr verschenken kann, ist bereits 20 Jahre alt: der Katalog zur Ausstellung „Große Illusionen: Demand – Gursky – Ruscha“!
1.
Mein Vater, der Fotograf Gerhard Sachsse, besaß rund ein Dutzend alter Fotobücher, darunter die beiden Bände „60 Fotos“ von Aenne Biermann und László Moholy-Nagy, daneben einige Bände von Paul Wolff. So im Alter von zehn oder elf Jahren habe ich die dort abgedruckten Arbeiten zu kopieren versucht – es hat meinen Vater eine Menge Fotomaterial gekostet… Kurzum, Bücher sind der Anfang und wohl auch das Ende meiner Tätigkeiten in und mit Fotografie.
2.
Beides: Kleinst- und Kleinauflagen an der Grenze zum Album wirken wie Kunstwerke, erreichen nur wenige Menschen, diese dafür aber hoffentlich berührend. Fotografisch illustrierte Bände in hoher Auflage (also für „normale Leser“) können dagegen ein Interesse wecken, das sie irgendwann zur Kunst bringt. Daneben sind mir immer wieder Menschen begegnet, denen ein Fotobuch jenseits aller Produktionsinteressen viel bedeutete.
3.
Dasselbe kann man bei Lyrik, Krimis, Sach- und Kochbüchern fragen: Die Qualität entscheidet. Tatsächlich frage ich mich bei jeder neuen Produktion, an der ich beteiligt bin, auf welchem Regal es möglichst landen soll. Wenn mir keins einfällt, wird es auch nicht gemacht. Das gilt gerade und vor allem für das leider aussterbende Genre, das auf niederländisch Bedrijfsboek heißt oder im Englischen commissioned work – das deutsche Wort Firmenschrift trifft es nicht.
4.
Seit Gutenbergs Zeiten ist das Büchermachen ein Vertragsgesschehen, und die gegenseitigen Interessen entscheiden. Auch ich habe Bücher gemacht, bei denen ich erheblich zugezahlt habe – zum Glück wusste ich das vorher nicht.
5.
Immer das letzte, das ich gerade produziert habe.
Regina Anzenberger, Künstlerin, Kuratorin und Galeristin, anzenbergergallery.com
1.
Fotobücher sind etwas, woran ich permanent in meiner Arbeit denke. Da ich an Projekten arbeite, habe ich das Buch ab einem bestimmten Zeitpunkt immer im Kopf und umso mehr die Arbeit dem Ende zugeht, fotografiere ich dann oft schon bewusst zum Beispiel ein Bild für den Vorsatz. Das ging mir bei meinem soeben erschienenen Buch „Goosewalk“ so, dass ich die Spuren der Gänse wirklich beim letzten Mal Fotografieren eingefangen habe. Also eigentlich ein grafisches Element.
Durch Fotobücher verbreitet sich auch meine Arbeit, und es ergeben sich dadurch viele Ausstellungen.
2.
Mit Fotobüchern erreicht man auch viele „normale“ Leute. Es kommt allerdings auf das Thema an. Jeder, der eine Literatur-Bibliothek hat, ist auch an Fotobüchern interessiert bzw. kauft welche. Fotobücher vermitteln Wissen und Bildung. Der Kreis, der an Fotobüchern interessierten Menschen, steigt ständig. Ich denke sogar, dass mehr „normale“ Leute derzeit Fotobücher kaufen, weil die Regale des ‚Inner Circle‘ bereits sehr voll sind.
3.
Nein, ich denke, es können nicht genug erscheinen. Aber natürlich sind nicht alle gut. Es ist so wie mit Literatur. Man muss das Buch finden, das einem anspricht.
4.
Nein. Ich möchte mit meinen Büchern Geld verdienen. Das ist mir bei beiden Büchern auch gelungen. Goosewalk ist nach nur kurzer Zeit in den schwarzen Zahlen.
Ich denke, man muss verstehen, dass ein Buch viel Arbeit ist, und dass viel Arbeit auch erst anfängt, wenn es vor einem liegt. Der Vertrieb und der Verkauf ist aber dann das, wo man viel Bestätigung bekommt und eben auch Geld verdient.
5.
Ja, meine eigenen inklusive den kuratierten ‚East‘ und ‚West‘, die ich 2008 und 2009 für die AnzenbergerAgency und Gallery herausgegeben habe.
1.
Fotobücher sind schon sehr wichtig; einerseits zur Dokumentation des eigenen Werkes, aber auch als ergänzendes Medium, in dem sich die eigene Arbeit völlig anders entfalten kann.
2.
Viel zu selten dringen Fotobücher über den „Fotozirkel“-Diskurs hinaus. Da muss sich ein Buch schon mit einem gesellschaftlich relevanten Thema befassen, um ein breites Publikum anzusprechen, damit meine ich mehr als 150 bis 200 Käufer und Leser.
3.
Eindeutig ja! Es sind viele schöne Ideen dabei, die meiner Meinung nach aber nicht für ein Massenmedium wie das Standard-Fotobuch geeignet sind. Meiner Meinung nach (und ich spreche als ehemaliger Verleger aus praktischer Erfahrung) muss das Kunst- und Fotobuch sich vom Massenmedium (mit einer 1000er Auflage und darüber) verabschieden und ein eigenes neues Format – inhaltlich, konzeptionell und was die Zielgruppe anbelangt – entwickeln.
4.
Nein.
5. Gibt es ein Fotobuch, dass du immer wieder gerne verschenkst?
Ich verschenke oft eigene Bücher.
1.
Weil ich Fotobücher sammel und gelegentlich auch über sie schreibe, habe ich einen Kreis von Fotografen und Sammlern mit den gleichen Interessen aufgebaut. Dieser Kreis sorgt dafür, dass ich permanent auf das Medium und die Art, wie sie mit Fotobüchern umgehen, schaue. Für meine eigenen Projekte bedeutet das, dass ich bereits lange vor deren Abschluss über die Möglichkeiten einer Buchpräsentation nachdenke. Hinzu kommt, dass meine eigenen Arbeit fast immer Langzeitprojekte sind, an denen ich mich mehrere Jahre aufhalte, bevor ich mit etwas Neuem beginne. Meine Projekte selbst sind meist sehr unterschiedlich, gleichzeitig verstehe ich sie als einzelne „Kapitel“ eines größeren Gesamtwerkes, auf das ich hoffentlich eines Tages auch dank meiner eigenen Fotobücher zurückschauen kann.
2.
Das hängt vom Thema und den Marketingstrategien ab. Charles Fregers „Wilder Mann“ und Joakim Eskildsens „The Roma Journey“ könnten auch in der Anthropologie-Abteilung von Buchhandlungen stehen und mein Exemplar von Peter Bialobrzeskis „Neon Tigers“ habe ich in einem Reisebüro in Japan gekauft. Und das Buch „The Drake Equation“, das ich gemeinsam mit Paul Kranzler gemacht habe, kann man auch in den Wissenschaftsabteilungen finden. Deshalb denke ich, dass manche Fotobücher diesen „Inner Circle“ der Kunstbücher durchbrechen können. Dennoch: Wegen der hohen Produktionskosten sind Fotobücher teuer und schaffen es auch deshalb eher selten in Buchhandlungen, aber auch nicht in öffentliche Bibliotheken – sie werden kaum 80 Euro für ein einziges Exemplar eines wenig bekannten Fotografen ausgeben.
3.
Weil das Fotobuch in den vergangenen Jahren einen solchen Boom erlebt und stark an Bedeutung gewonnen hat und weil heutzutage jeder versucht sich selbst zu vermarkten und ein großes Publikum zu finden, werden viele Bücher nur um des Buches willen gemacht. Als Sammler bin ich überwältigt von der Anzahl der Neuerscheinungen, die jedes Jahr auf den Markt kommen und meiner Meinung nach muss nicht aus jeder guten Serie ein Buch gemacht werden. Der Fotograf Rob Hornstra hat einmal zu meinen Studenten gesagt: „Ein Fotobuch sollte nie das Ziel eines Projektes sein, sondern das Resultat der Arbeit.“ Ich glaube, dass das stimmt.
4.
Die Qualität des Designs und des Drucks, die wir mittlerweile von Fotobüchern erwarten, hat dafür gesorgt, dass die Produktionskosten sehr hoch geworden sind. Wenn ein Buch mit einer Auflage von 1500 Exemplaren erscheint und selbst, wenn dieses Buch ausverkauft sein sollte, verdient daran niemand viel Geld oder zumindest nicht genug, um einen Verlag davon führen zu können. Deshalb verlangen die meisten Verleger Geld, wenn sei ein Buch veröffentlichen. Das ist ein sehr rutschiger Abhang, auf den man sich begibt. Ich wollte bei meinen Büchern dem Verlag kein Geld geben, sondern habe stattdessen eine gewisse Menge, zum Beispiel 200 Exemplare, zum Großhandelspreis selbst gekauft. Das hat für mich sehr gut funktioniert, weil ich viele Bücher, besonders die Special Editions, dann selbst verkauft habe und mein Investment damit wieder doppelt herausbekommen habe.
5.
„Brut“ von Paui Kranzler und „Das Land“ von Manfred Willman (als es noch erhältlich war), weil beide Bücher einen Teil Österreichs zeigen, den die meisten Menschen nicht sehen.
Martin Lamberty, Fotograf, martinlamberty.de
1.
Meine bisherigen Projekte mündeten fast alle in einem Fotobuch. Insofern würde ich sagen: sehr wichtig. Meine letzte Arbeit „My Friends Got Famous“ wurde vom Verlag Kettler aus Dortmund verlegt und erzählt anhand der Band „AnnenMayKantereit“ eine Geschichte über Freundschaft und das Erwachsenwerden. Ich bin der Meinung, dass die Buchform hier perfekt passt, um das Thema zu transportieren. Aber grundsätzlich sollte man sich schon überlegen, ob das Fotobuch wirklich das passende Medium für das Projekt ist oder nicht nur eine ziemlich teure Visitenkarte.
2.
Gute Frage. Ich glaube grundsätzlich erreicht man schon eher den „Inner Circle“. Man hat natürlich den Anspruch auch eine andere Zielgruppe zu erreichen, aber ich glaube, in den seltensten Fällen gelingt es über das klassische Szenepublikum hinaus andere Menschen anzusprechen.
3.
Das würde ich so nicht sagen. Natürlich erscheinen unfassbar viele Fotobücher, aber zu viele können es gar nicht sein. Jede Person, die ein Fotobuch macht, wird sich ja was dabei denken und ich möchte dem nicht Berechtigung absprechen. Die Situation macht es selbstverständlich schwieriger, mit seiner eigenen Arbeit rauszustechen und auf sich aufmerksam zu machen.
4.
Es kommt ein bisschen drauf an. Man muss da differenzieren zwischen Druckkostenzuschuss und eine gewisse Anzahl seiner eigenen Bücher im voraus per Vorkasse zu vergünstigten Konditionen zu kaufen. Ersteres würde ich nicht tun, zweiteres muss man abwägen was man voraussichtlich verkauft und wie genau der Deal mit dem Verlag aussieht. Generell muss man sich überlegen, ob ein Verlag der richtige Partner für sein Buchprojekt ist. Es gibt auch einige andere Möglichkeiten, Bücher im größeren Maßstab zu produzieren und zu publizieren.
5.
„Son“ von Christopher Anderson.
1.
Zum einen sind Fotobücher für mich die Gelegenheit, meine Projekte unwiderruflich zu einem Abschluss zu bringen, zum anderen die Möglichkeit, meine Arbeiten haptisch und optisch ansprechend zu einem vernünftigen Preis Menschen zugänglich zu machen. Ich bin kein Freund von künstlicher Verknappung durch Limited Editions, das widerspricht meinem demokratischen Verständnis des Mediums Buch. Auch von der in jüngster Zeit häufig kolportierten und durch Begriffe wie Visual Storytelling und Sequencing untermauerten These, das Fotobuch sei die eigentlich legitime Darbietungsform der Fotografie, halte ich allerdings gar nichts. Der fotografische Abzug steht für mich im Mittelpunkt.
2.
Das Fotobuch gibt es wie die Fotografie ja als solches nicht, zu unterschiedlich sind die Standpunkte der einzelnen Autoren. Wenn man es schafft, Menschen auf irgendeine Art zu berühren, erreicht man meiner Erfahrung nach auch „normale Leser“.
3.
Weiß ich nicht. Jedenfalls glaube ich nicht, das die Anzahl der sich am Markt befindlichen Bücher einen Einfluss auf die Kaufentscheidung der Menschen hat.
4.
Kostenbeteiligung hat es insbesondere im Bereich Kunstbuch immer schon gegeben. Es ist ja auch nachvollziehbar, wenn ein Verlag bei der Produktion eines Buches für einen überschaubaren Käuferkreis das Risiko mit den Autoren teilen möchte. Heute ist es durchaus üblich, 15.000 bis 20.000 Euro aus der eigenen Tasche zu zahlen. Das übersteigt die Produktionskosten deutlich und hat nichts mehr mit Beteiligung zu tun. Für die Verlagshäuser ist das mittlerweile aber ein lukratives Geschäftsmodell geworden und hat dazu geführt, dass sich die Anzahl der jährlich erscheinenden Fotobuch-Titel seit 2000 fast verzehnfacht hat. Ein Buch bei einem renommierten Verlag zu publizieren, bedeutet auch nicht automatisch mehr Erfolg, wenn man sich die Ressourcen des Verlags für Publicity mit einer immer größer werdenden Anzahl an Mitbewerbern teilen muss. Ich ziehe es daher vor, meine Fotobücher im Eigenverlag zu veröffentlichen.
5.
European Fields von Hans van der Meer. Etwas, das so oft fotografiert wurde, so überraschend und erfrischend anders zu zeigen, abseits aller Stars und Akrobatik, das ist wirklich beeindruckend. Man möchte fast meinen: Hans van der Meer hat das Fußballspiel neu erfunden.
1.
Die Relevanz eines Fotobuches für den Fotografen ist nur langfristig zu erkennen. Zunächst einmal stellt das Fotobuch einen Ist-Zustand da. Einen Status Quo der eigenen Arbeit und fotografischen Position. Im Idealfall ist das Fotobuch aus eigenem Antrieb entstanden, dem Wunsch also, unabhängig von Redaktion, Bildredakteur oder Agentur ein abgeschlossenes Werk zu schaffen, welches möglichst unredigiert die bildnerische Reflexion auf ein Thema ermöglicht. Letzteres ist meist eines, für den der Erzählrahmen in einem Magazin oder in einer Ausstellung nicht ausreicht, also ein Langzeitthema, in das der Fotograf viel Arbeit steckt. Und mit dem Buch bestenfalls eine ebenso langfristige Aufmerksamkeit erzielt. Wichtig ist das Buch dann vor allem, weil die Auseinandersetzung mit dem Thema zu einer Auseinandersetzung mit sich selber führt. Die Kritik Dritter (positiv oder negativ) an der Arbeit ist nicht von deren Verwertungsinteressen bestimmt, sondern bezieht sich auf die fotografische Qualität als solche. Mein Projekt „Good Morning Auroville“ über die utopische Stadt Auroville hat sich über etwa drei Jahre hingezogen und wurde über verschiedene Förderungen von Stiftung Bild-Kunst und Robert Bosch Stiftung finanziert. Somit hatte ich einen sehr flexiblen Spielraum, was Gestaltung, Zeit und Durchführung anbelangte. Zurzeit arbeite ich an einem neuen Buchprojekt über die Besetzung des Hambacher Waldes. Buchprojekte sind für mich sehr wichtig geworden, weil sie eine hohe innere Zufriedenheit erzeugen, die langlebiger und unabhängig ist von den Wünschen und Vorstellungen des Marktes.
2.
In den letzten Jahren kam es zu einem regelrechten Boom des Fotobuches. Kleinauflagen, die schnell vergriffen waren, bekamen Kultstatus und erzielten schon nach kurzer Zeit Mondpreise auf einem kleinen, elitären Sammlermarkt. In jüngerer Zeit hat sich die Fotografie in manchen dieser Werke zu einem gestalterischen Beiwerk für immer ausgefeiltere Falt- und Pop-Up-Techniken elaborierter Designer entwickelt. Diese Bücher bedienen eine sehr kleine Zielgruppe von Spezialisten mit hohem elitären Anspruch. Auf der anderen Seite gibt es aber auch Fotobücher zu gesellschaftlich oder künstlerisch relevanteren Themen für einen breiteren Markt. Allerdings werden diese leider auch nicht in den Geschäften großer Buchketten präsentiert. Somit ist man da als Fotograf auch auf einen Verleger angewiesen, der das Buch auf unterschiedliche Weise promoted.
3.
Durch die Demokratisierung des Buchdruckes, also z.B. Print on Demand, erscheinen deutlich mehr Fotobücher als vor zehn oder 20 Jahren. Einerseits ist dies eine gute Entwicklung, da es Fotografen ermöglicht, auch kommerziell schwierige Projekte zu veröffentlichen, andererseits kann die Zahl der Titel dadurch unüberschaubar werden. Einige Händler, die sich auf Fotobücher spezialisiert haben, wie etwa Café Lehmitz Photobooks in Köln oder Tipi in Belgien, trennen dann wieder die Spreu vom Weizen. Gute Fotobücher zu finden setzt heute eine aktive Suche voraus.
4
Es gibt nur sehr wenige Verlage, die alle Kosten für ein Buch übernehmen. Andere lassen sich sämtliche Kosten vom Fotografen bezahlen und haben damit ein erfolgreiches Geschäftsmodell entwickelt, da sie das kaufmännisches Risiko damit zu 100 Prozent auf den Fotografen übertragen. Die Finanzierung des Fotobuches ist also schwierig, weil je nach Auflage, Design und Papier Kosten in Höhe von etwa 5.000 bis 15.000 Euro entstehen. Eine Finanzierungsmöglichkeit ist das Crowdfunding, also der Verkauf des Buches, bevor es erschienen ist. Das hat mit meinem Auroville-Buch ganz gut geklappt, allerdings musste ich dann doch noch einen Teil der Produktionskosten selbst aufbringen. Mein Verlag „Edition Bildperlen“ hat einen hohen Selbstanteil beigesteuert, so unter anderem Texte, Übersetzungen, Design, Werbung, Vertrieb, PR und flankierende Aktionen, wie Ausstellungen. Bei einem neuen Projekt über die Klimaaktivisten bin ich noch nicht fertig mit der fotografischen Arbeit. Das Buch, das dann entsteht, soll mich nicht in den finanziellen Ruin treiben. Ich könnte mir da ein ähnliches Modell vorstellen wie bei „Good Morning Auroville“, genauso aber eine Kleinauflage von 30 bis 50 handgemachten Büchern. Letzten Endes bedient ein Buch auch das Ego des Fotografen. Die Auflage ist da nicht so entscheidend.
1.
Sehr wichtig. Weniger weil ich viele eigene Bücher mache, sondern eher als Inspirationsquelle, Kunstobjekt, Denkanstoßgeber und zur Recherche wenn es um fotografische Bildsprachen in geschlossenen Serien bzw. Arbeiten geht. Ebenso schaue ich mir gerne die grafische und haptische Machart von Fotobüchern an. Leider viel zu selten mache ich Bücher aus meinen eigenen Arbeiten. Mein letztes Fotobuch habe ich 2012 fertiggestellt und gedruckt, es braucht immer sehr viel Zeit im fotografischen Alltag noch Ruhe für eigene Arbeiten und die Umsetzung in ein Buch zu finden. Leider verbringe ich auch zu viel Zeit in digitalen Bildplattformen wie Instagram anstatt mich um das nächste Buchprojekt zu künmern… . Fototheorethische Bücher finde ich auch sehr wichtig. Momentan lese ich bspw. „Das Leben der Bilder: Eine Theorie der visuellen Kultur“ von W.J.T Mitchell.
2.
Ich glaube nicht, dass Fotobücher nur für den „Inner Circle“ sind. Es werden mehr Bilder (digital) konsumiert und ich glaube, dass sich das auch auf die gedruckten auswirkt. „Print wirkt“ heißt es ja immer so schön und ich glaube, da ist was dran. In meiner Arbeit mit Studenten oder fotografischem Nachwuchs merke ich auch, dass Fotobücher eine Faszination auf junge Menschen ausüben. Ein schöner Vergleich wäre z.B: ein Fotobuch ist ein ganzes Mahl mit mehreren Zutaten in mehreren Stunden zubereitet. Es kommt dann schön angerichtet auf einem Teller und man braucht Werkzeug um sich der Speise zu widmen. Im Gegensatz sind digitale Bilder (z.B. auf Instagram) das Popcorn im Kino oder die (verdammte, eigentlich überflüssige) Chipstüte vor dem Fernseher. Ich glaube auch, dass z.B. das Buch „Big Shots“ von Martin Schöller mehr von „Normalbürgern“ gekauft wird als vom „Inner Circle“. Wenn man Kataloge auch zu den Fotobüchern zählt, meine ich auch, dass auf Fotoausstellungen mehr Kataloge gekauft werden, einfach weil die Fotografie insgesamt wichtiger geworden ist und mehr Menschen in Ausstellungen gehen.
3.
Denk ich nicht. Eher mehr gute und hochwertige.
4.
Gerd Steidl auf jeden Fall 😉
5.
Ja, „The Americans“ von Robert Frank und „Life‘s a Beach“ von Martin Parr.
1.
Ich habe bisher drei Fotobücher gemacht, deshalb ist diese Form für mich persönlich wichtig. Das Buch funktioniert sowohl als Erweiterung der Arbeit als auch als eigenständige Form und bietet eine schöne Spielwiese. Das bedeutet aber nicht, dass sie die einzige Ausdrucksform bleibt. Wenn ich an einem Projekt arbeite, denke ich eher zuerst an die Wandpräsentation, da bin ich durch mein Studium in Bielefeld geprägt. Vor allem kann man an der Wand genauso gut die Konventionen brechen und ähnlich frei gestalten, wie in einem Buch.
2.
Man erreicht auch normale Leser, diese Erfahrung habe ich mit meinen Büchern schon gemacht, allerdings erreicht man natürlich viel mehr fotografieinteressierte Menschen. Und man muss auch überlegen, mit welchem Verlag man ein Fotobuch herausbringen muss, damit es auch nicht nur in einem Fotobuchgeschäft, sondern im normalen Buchhandel oder Museumsshop zu finden ist. Beeindruckend finde ich das Eigenleben, das so ein Buch entwickeln kann, wenn es erst einmal in die Distributionskette eingespeist wird. Ich bekomme hin und wieder Anfragen zu meinen Arbeiten und bin dann immer sehr neugierig, wie diese Personen auf eine der Arbeiten gekommen ist, das hält sich bei mir allerdings die Waage, denn ich stelle die Arbeiten genauso viel aus wie die Bücher.
3.
Ich glaube, dass viele Künstler heute die eigene Arbeit erst einmal als Buch sehen. Es gibt eben auch ein wachsendes Interesse an Fotobüchern. Wenn man es sich leisten kann, die eigene Arbeit auch als Buch herauszubringen, erweitert man damit seine Reichweite und das ist ein legitimer Ansatz, da es ohnehin schon schwer genug ist ein Publikum für seine Arbeit zu finden. Aber ich denke nicht, dass jedes Projekt unbedingt auch ein Buch werden muss. Mein neuestes Projekt „Ein Gleichnis“ wird auf keinen Fall kein Buch.
4.
Ich finde, der Verlag sollte zumindest immer das Risiko mittragen, allerdings gibt es solche Verlage immer weniger. Dafür gibt es immer mehr Verlage, bei denen man die gesamten Produktionskosten trägt, die aber trotzdem nicht besonders fokussiert sind auf die eigene Distribution. Es gibt bestimmt genügend Künstler, die so einen Deal eingehen, um sich den Traum vom Buch zu erfüllen. Das finde ich allerdings äußerst fragwürdig. Von den drei Büchern, die ich bisher gemacht habe, wurde „For Birds‘ Sake“ vom Verlag finanziert, „Be Good“ war selfpublished, allerdings konnte ich mir die Druckkosten durch einen Preis finanzieren, und mein neuestes Buch „You don’t look Native to me“, ist noch ein Dummy und da suche ich noch nach Finanzierungsmöglichkeiten und potentiell nach einem Verlag.
5.
Es gibt definitiv Bücher, die mir besonders gut gefallen und auch als Projekt in Buchform einen neuen Ausdruck gewinnen. Eines meiner liebsten Fotobücher ist Sara-Lena Maierhofers „Dear Clark“, zum regelmäßigen Schenken fehlt mir allerdings das Budget.
Foto: Petra Gerwers