Der Mappentermin beim Kunden war lange das wichtigste Akquise-Instrument, um als Fotograf seine Arbeit zu präsentieren und ins Gespräch mit neuen Auftraggebern in Werbeagenturen und Redaktionen zu kommen. Daneben wurden klassische Offline-Maßnahmen eingesetzt, wie eine Aussendung oder eine Anzeige in einem schicken Foto-Compendium. Heute ist der Mappentermin beim Kunden nicht mehr so leicht zu bekommen. Deshalb benötigen Fotografen, die Sichtbarkeit und Reichweite für ihre Arbeiten erzeugen wollen, neben ihrem Portfolio eine digitale Strategie.
Bei einem Expertentalk zum Thema Sichtbarkeit für Fotografen, an dem ich vor kurzen teilgenommen habe, waren sich die Teilnehmer einig. Ohne Digitale Präsenz geht nichts mehr. Die zum Talk geladenen Gäste, zwei Creative Direktoren und eine Art Buyerin aus namhaften Werbeagenturen, bestätigten, dass sie vorwiegend Online-Medien nutzen, um sich über Fotografen und neue Bilder zu informieren. Der Mappentermin spiele immer noch eine wichtige Rolle, aber im Tagesgeschäft bleibt zu wenig Zeit für alle Termine. Die Recherchearbeit wird bis zu einem gewissen Punkt über Online-Medien, wie Social-Media-Kanäle, Portfolio-Plattformen oder die Website der Fotografen und ihrer Repräsentanten erledigt. Und um positiv aufzufallen, spiele die Fokussierung der Arbeit eine wichtige Rolle. Denn ein Fotograf wird erst dann zum persönlichen Gespräch eingeladen, wenn konkrete und passende Projekte anstehen. Besonders die etablierten Fotografen im Publikum, die wenig Lust oder Zeit für Social Media & Co. aufwenden wollen, fühlten sich bestätigt, dass dieses Defizit aufgeholt werden sollte, um sichtbarer zu werden.
Aus meiner Erfahrung spielen für die Sichtbarkeit als Berufsfotograf vier Punkte eine Rolle.
1. Die Fokussierung der Positionierung:
Ihr Geschäftsbereich in der Auftragsfotografie sollte klar erkennbar sein, denn Ihr Wunschkunde soll sich von Ihrer Arbeit angesprochen fühlen. Indem Sie Ihr Profil schärfen, machen Sie den Nutzen und den Mehrwert Ihrer Arbeit deutlich und präsentieren sich als Experte.
2. „Kill your Darlings“:
Die Auswahl der besten Bilder ist nicht einfach und oft wird zuviel gezeigt. Das irritiert Kunden. Unternehmenskunden erwarten Bilder, die visuell genau das Thema treffen, was sie für ihr eigenes Unternehmen benötigen. Zuviel kreativer Spielraum im Portfolio ist hinderlich, um den Auftrag zu bekommen. Werbeagenturen erwarten das Gegenteil. Je professioneller der Kunde, um so wichtiger ist die Fokussierung der Bildauswahl und die thematische Richtung des Portfolios. Und: Sichtbarkeit „flimmert“! Das heißt, zeigen Sie in Ihrem Portfolio auch Bewegtbild und GIFs.
3. Der Auftritt zählt:
Natürlich zählt auch der persönliche Auftritt, aber hier ist Ihre Geschäftsausstattung und Ihr visuelles Erscheinungsbild gemeint. Beeindrucken Sie Kunden mit einem smarten, einheitlichen und wiedererkennbaren Erscheinungsbild. Ob Schriftzug oder Logo, eine niveauvolle Geschäftsausstattung vom Portfolio bis zur Website wirkt nicht nur professioneller, sondern bringt auch Ihre Bilder mehr zur Geltung. Und werden Sie ruhig persönlich, zeigen Sie sich. Alle Auftraggeber möchten wissen, mit wem sie es zu tun haben.
4. Öffnen Sie Türen zu neuen Kunden:
Indem Sie Ihre Arbeit in Medien präsentieren, die Ihre Wunschkunden nutzen, um Fotografen zu entdecken. Hier bieten sich viele On- und Offline-Maßnahmen an, die Fotografen für ihre persönliche Strategie wählen können. Die richtige Auswahl hängt von den Vorlieben und Gewohnheiten der Kunden ab. Neben den bewährten Kaltakquise-Maßnahmen ist eine individuelle digitale Strategie sinnvoll. Eine bewusst gewählte Reihe an Online-Maßnahmen, die für Sichtbarkeit sorgen und ein Grundrauschen für Ihre Arbeiten erzeugen. Das sind zum Beispiel Postings auf Instagram, LinkedIn und Facebook, oder eine Portfolio-Präsentation auf behance. Auch Portfolio-Profile bei Communities wie inpholio, Gosee oder Caetch. Je nach Positionierung eignen sich unterschiedliche Kanäle, denn Businesskunden haben andere Suchgewohnheiten. Um sie zu erreichen, ist die Suchmaschinenoptimierung Ihrer Website wichtig, sowie Business-Profile und Postings auf Xing oder LinkedIn.
Die Auswahl der passenden Medien und Maßnahmen ist sehr individuell. Deshalb rate ich dazu, nicht einfach alle Maßnahmen auszuprobieren. Es kommt auf das Ziel und die Zielkunden an. Wichtig ist allerdings, dass die Maßnahmen miteinander verzahnt und zeitlich aufeinander abgestimmt werden.
Und wann machen Sie den Sichtbarkeits-Check?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der Ziel- & Visionsfindung und einem erfolgreichen Auftritt sowie in der Honorar- und Nutzungsrechtegestaltung und der Kommunikation mit Kunden.