Seit rund einem Jahr ist Richard Glatzel Teil der Calumet Geschäftsführung. Mit ProfiFoto sprach der Ingenieur über seinen Start in der Fotobranche, die Strategie der Calumet-Mutter Aurelius und die Perspektiven von Deutschlands größtem Profihändler.
ProfiFoto: Richard Glatzel, rund ein Jahr als Calumet Geschäftsführer liegen hinter Ihnen. Wie lautet die Zwischenbilanz?
Richard Glatzel: Es war ein sehr spannendes Jahr. Zum einen ist unser Markt von erheblichem technologischem Wandel, vor allem die weitere Durchdringung von „Mirrorless“ und die Annäherung von Foto und Video geprägt. Zum anderen sehen wir auch deutliche Veränderung in der Herangehensweise der Hersteller. Daraus entstehen Chancen, auf die wir flexibel reagieren müssen. Wir können mit Stolz sagen, dass wir unsere führende Marktposition in Europa behaupten und unsere Nummer 1 Marktposition in Deutschland durch den Zukauf von Foto Sauter sogar weiter auszubauen konnten. Das zeigt sich auch an unseren finanziellen Erfolgen: 2018 haben wir den Umsatz erstmalig auf über 200 Millionen Euro gesteigert. Auch unsere Ertragskraft kletterte in der vergangenen Berichtsperiode.
Hierauf wollen wir weiter aufbauen: Durch internes Wachstum und weitere externe Zukäufe werden wir zum wichtigsten Anbieter für hochwertiges Fotoequipment und umfangreiche Servicedienstleistungen.
Im Juni eröffnet der neue Calumet
Shop in Frankfurt. Was können Kunden erwarten?
Heute geht es im Einzelhandel um die klare Abgrenzung zum reinen Online-Handel durch Erlebnis und Service. Der erfahrene Fotograf gibt für seine Ausstattung sehr viel Geld aus. Dafür ist die Beratung vor Ort unverzichtbar. Und genau das bieten wir auf über 800qm in einem der größten Fotofachgeschäfte Deutschlands. In Frankfurt wird es eine einzigartige Test-Fläche für Foto und
Video geben, das Thema Workshops, Verleih und Reparatur wird großgeschrieben. In Summe kann man wohl behaupten, dass dieses Geschäft ein echtes Mekka für Foto- und Video-Enthusiasten wird, das es so in Deutschland noch nicht gibt.
Relativ geräuschlos hat der Calumet Investor Aurelius den britischen Fotohändler Wex Photo Video übernommen. Was steckt für ein Konzept dahinter und welche Auswirkungen ergeben sich dadurch für Calumet-Kunden in Deutschland?
In Großbritannien haben wir viel v
erändert. Wir haben alle Calumet
Geschäfte auf Wex Photo Video „gebrandet“ und die Shops damit umfangreich modernisiert. Heute sind wir dadurch in Großbritannien ein echter Multi-Channel-Anbieter mit neun Filialen und einem dominanten Online-Shop. Wir haben von Wex vor allem im Online-Geschäft und dem Verständnis für unsere Kunden viel gelernt. Das Schöne daran ist: Deutschland lernt schnell und holt deutlich auf. In Europa ist Calumet Wex zum führenden Omnichannel-Anbieter für Fotoenthusiasten und professionelle Fotografen mit 18 Spezialgeschäften aufgestiegen. Neben Großbritannien und Deutschland betreiben wir auch Geschäfte und Online-Shops in Belgien und den Niederlanden und beschäftigen inzwischen rund 450 Mitarbeiter.
Eine weitere Übernahme durch
Calumet war die von Foto Sauter in München. Macht es Sinn, zweimal an der Isar vertreten zu sein? Planen Sie weitere Zukäufe in Deutschland?
Ja absolut. Calumet konzentriert sich auf die Bedürfnisse von Profis. Foto Sauter deckt ein breiteres Spektrum ab und richtet sich an den ambitionierten Hobbyfotografen. Die Produktpalette unterscheidet sich. Calumet bietet dem Kunden in erster Linie High-End Geräte. Das Angebot von Foto Sauter beinhaltet auch
Fernoptik, Fotostudio und Bildgeschäft. Gemeinsam werden die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden analysiert und bedient.
Wir haben in Deutschland einen Markt von 1,6 Millionen potenziellen Kunden, davon sind cirka 200.000 semi-professionelle Fotografen. 25.000 Personen verdienen ihr Geld als Profis. Die einzelnen Gruppen sind jedoch schwer voneinander zu trennen. Der Durchbruch von Internet und Social Media Plattformen hat dazu geführt, dass immer mehr Fotos in den gewerblichen Bereich fallen. Fotografie als Mittel der Kommunikation, aber auch Kunst, ist wieder auf dem Vormarsch. Diese Entwicklung ist für den Gesamtmarkt positiv zu sehen, da macht weiteres Wachstum sehr viel Sinn. Wir schauen uns dafür mit unserem Gesellschafter Aurelius auch aktiv im Markt um.
Während der Fotomarkt seit Jahren schrumpft, wächst Calumet kontinuierlich. Was ist das Erfolgsrezept und wie profitiert der Kunde davon?
Calumet ist mehr als ein Händler. Wir sind Partner in einem langfristigen Prozess. Wir begleiten unsere Kunden – leidenschaftliche Amateure genauso wie Profi-Fotografen – über viele Jahre. Diese enge Beziehung zahlt sich aus, wir haben dadurch ein klares Verständnis für die Bedürfnisse unserer Kunden. Wir bieten dem begeisterten Neueinsteiger bis hin zum Profi ein breites und hochwertiges Angebot. Dazu gehören eine objektive Beratung, wettbewerbsfähige Preise und ein individueller Service. Durch die Verknüpfung von Online-Angeboten und Shops vor Ort liefern wir den passenden Support zum richtigen Zeitpunkt.
Welche Rolle spielt der Online Handel für Calumet?
Auf der „Customer Journey“ ist die Online-Präsenz als Startpunkt sicherlich entscheidend. Oder wie meine englischen Kollegen immer sagen: „any search starts online“. Von da ab gibt es ganz unterschiedliche Wege, wie der Kunde am Ende zum Einkauf kommt. Es geht es nicht um entweder/oder, sondern um das Zusammenspiel von Online- und Offline-Kanälen. Kunden wollen auf beides zurückgreifen können. Ein Beispiel ist die volle Online-Transparenz über die Verfügbarkeit der Produkte in unseren Filialen oder die Möglichkeit, Reservierungen und abholfertige Bestellungen in unsere Filialen zu hinterlegen.
Calumet führt wieder Bowens im Sortiment. Gibt es neue Perspektiven für die Blitzmarke?
Definitiv ja! Bowens-Blitzgeräte sind wieder im Programm von Calumet. Sehr viele Kunden haben Bowens Geräte seit Jahren im Betrieb und haben uns zu diesem Schritt bewogen. Bowens kommt in diesem Jahr mit neuen, konkurrenzfähigen Produkten zu einem günstigen Einstiegspreis und ist daher für Profis und Amateure gleich gut geeignet. Das System wird in Zukunft sukzessive weiter ausgebaut und wird auch mit Dauerlicht den Filmer/Videografen in den Fokus nehmen.