Am 30. Mai ist Kinostart des Dokumentarfilms PETER LINDBERGH – WOMEN’S STORIES von Jean Michel Vecchiet, der die außergewöhnliche Geschichte eines Mannes zeigt, der zu den größten Fotografen des 20. Jahrhunderts zählt.
Neben außergewöhnlichen Einblicken in seine tägliche Arbeit erzählt der Film eine sehr persönliche und emotionale Lebensgeschichte, die grundlegende Fragen aufwirft: Wie und warum wird man zum Künstler? Woher kommt diese kreative Kraft, die jeder Logik trotzt und sich der Analyse widersetzt?
Peter Lindbergh gelang es, Frauen wie Naomi Campbell, Linda Evangelista oder Cindy Crawford unter einem völlig anderen Blickwinkel abzubilden und sie zu den größten Topmodels der Welt zu machen. Jean Michel Vecciets Film PETER LINDBERGH – WOMEN’S STORIES ist ein einfühlsames Porträt, von seiner Kindheit – die geprägt war von den Spuren des 2. Weltkriegs – bis hin zu dem Künstler und Starfotografen, der bis heute von den größten Marken weltweit gebucht wird.
In Lissa (Deutschland) 1944 geboren, verbrachte Peter Lindbergh seine Kindheit in Düsseldorf. Er arbeitete als Schaufensterdekorateur für ein lokales Kaufhaus und schrieb sich in den frühen 1960er Jahren an der Akademie der Künste in Berlin ein: „Ich habe es vorgezogen nach Inspirationen von van Gogh, meinem Idol, zu suchen, anstatt die obligatorischen Portraits und Landschaften zu zeichnen, die an der Kunsthochschule gelehrt wurden…“.
Nachdem Peter Lindbergh 1971 nach Düsseldorf zog, konzentrierte er sich auf die Fotografie und assistierte zwei Jahre dem deutschen Fotografen Hans Lux, bevor er 1973 sein eigenes Studio eröffnete. Er wurde in seinem Heimatland bekannt und trat zusammen mit den Foto-Legenden Helmut Newton, Guy Bourdin und Hans Feuer der ‚Stern-Magazin-Familie‘ bei. 1978 zog er nach Paris, um seine Karriere zu verfolgen.
Peter Lindbergh führte eine Form des neuen Realismus ein, indem er die Maßstäbe der Schönheit mit zeitlosen Bildern neu definierte. Sein humanistischer Ansatz und seine Idealisierung der Frau – wobei er das Augenmerk besonders auf die Seele und die Persönlichkeit legt – heben ihn von den anderen Fotografen ab. In Zeiten übertriebener Retuschen hat er so die Maßstäbe der Modefotografie drastisch verändert, denn für ihn gibt es etwas, das einen Menschen über sein Alter hinaus interessant macht.
Peter Lindbergh: „Es sollte in der Verantwortung der Fotografen liegen, Frauen und schließlich alle vom Schrecken der Jugend und der Perfektion zu befreien.“ Seine einzigartige Vision zeigt Frauen in ihrer Natürlichkeit, mit wenige Make-up, „in aller Ehrlichkeit“, und vermeidet alle Stereotypen. Diese Reinheit verstärkt die Authentizität und die natürliche Schönheit seiner Frauen.
Peter Lindbergh ermöglichte eine neue Art der Interpretation von Frauen in den 1980er Jahren, ohne dabei der Kleidung zu viel Aufmerksamkeit zu schenken: „Wenn Sie die Mode und den Kunstgriff herausnehmen, können Sie die eigentliche Person sehen.“ Die britische Journalistin Suzy Menkes weist darauf hin: „Die Verweigerung der aalglatten Perfektion ist Peter Lindberghs Markenzeichen – die Essenz der Bilder, die in die ungeschminkte Seele einer jeden Person sieht, egal wie vertraut oder bekannt das Modell ist.“
Im Jahr 1988 erlangte Lindbergh internationale Anerkennung, als er eine neue Generation von Models zeigte, alle gekleidet in weißen Hemden, die er kürzlich entdeckt hatte und deren Karrieren er lancierte. Ein Jahr später wurden Linda Evangelista, Naomi Campbell, Cindy Crawford, Christy Turlington und Tatjana Patitz zum ersten Mal gemeinsam von ihm für das legendäre Cover der britischen Vogue fotografiert.
Lindberghs Arbeiten sind für seine einfachen und aussagekräftigen Porträts, seine Stillleben und die starken Einflüsse aus dem frühen deutschen Kino und industriellen Umfeld seiner Kindheit, für Tanz und Kabarett, aber auch für Landschaften bekannt. Lindbergh arbeitet seit den späten 70er Jahren mit renommierten Modemarken und -magazinen zusammen – darunter die internationalen Ausgaben von Vogue, The New Yorker, Rolling Stone, Vanity Fair, Harper‘s Bazaar US, dem Wall Street Journal, The Face, Visionaire, Interview und W. 2016 wurde Lindbergh zum dritten Mal mit der Erstellung des Pirelli-Kalenders für das Jahr 2017 beauftragt. Er ist somit der erste Fotograf, der in der fünfzigjährigen Geschichte des Kalenders mehr als zweimal für die Fotos verantwortlich war. Zuvor fotografierte er die Ausgaben von 1996 und 2002.
Lindbergh führte außerdem Regie bei mehreren von Kritikern hochgelobten Filmen und Dokumentationen: MODELS: THE FILM (1991); INNER VOICES (1999), die 2000 beim Toronto International Film Festival (TIFF) mit dem Preis für die beste Dokumentation ausgezeichnet wurde; PINA BAUSCH, DER FENSTERPUTZER (2001) und EVERYWHERE AT ONCE (2007), die von Jeanne Moreau erzählt und auf den Filmfestivals von Cannes und Tribeca präsentiert wurde.
Regisseur des Dokumentarfilms ist Jean Michel Vecchiet. Seit den späten 70er Jahren ist er der Mittelpunkt zahlreicher Ausstellungen in Museen und Festivals auf der ganzen Welt. Seit 1997 ist er zudem als Regisseur für Reportagen und Dokumentationen aktiv. Seine Filme wurden in mehr als 50 Ländern ausgestrahlt, darunter Filme wie: Basquiat: A Life, Iran: A Power Unveiled, Lives and Deaths of Andy Warhol, Photographers of Mao, Peter Lindbergh: a Portrait, Marc Riboud: The Man Who Walks.
Jean Michel Vecchiet lebt in Frankreich und dem Libanon. In den letzten 40 Jahren drehte er vor allem in den USA, China und dem Mittleren Osten seine Filme, wobei er sich auf seine Lieblingsthemen Kunst, Geschichte und Geopolitik konzentrierte.
Der Film
Vecchiets poetisches Porträt zeigt Peter Lindbergh, als er am 12. März 2013 durch die Tore des Marion Gefängnisses in Florida geht, mit dem Ziel, Insassen der Todeszelle zu fotografieren. Was bewegte den Fotografen der schönsten Frauen der Welt, den Vater der „Supermodels“ dazu, seine Kamera auf die Gesichter von Mördern zu richten, unter denen sich auch eine junge Frau befindet? Gab es etwas in seiner Vergangenheit, das zu dieser Faszination des Todes führte? Dies sind Fragen, die von Regisseur Jean Michel Vecchiet in der höchst intimen Dokumentation über den Fotografen aufgeworfen werden. PETER LINDBERGH –WOMEN‘S STORIES ist der Höhepunkt aus 25 Jahren Recherche Vecchiets, die ein einzigartiges und umfassendes Porträt des weltweit bekannten Künstlers bilden. Mit Hilfe persönlicher Anekdoten von Frauen, die ihm am nächsten stehen, zeigt der Film, wie Lindbergh einer der bekanntesten Namen der Fotografie im 20. Jahrhundert wurde.
Die Dokumentation wirft fundamentale Fragen auf: Wie und warum wird man Künstler? Was verbirgt sich hinter dem Bild? Und woher kommt diese kreative Kraft, die jeder Logik trotzt und sich der Analyse widersetzt? In den Worten des Regisseurs: „Die Fotografien von Peter Lindbergh beinhalten etwas Fundamentales, das, was einen Künstler dazu treibt, ein bewusstes und unbewusstes Erbe seiner Arbeit zu erschaffen. Das ist, wie PETER LINDBERGH – WOMEN‘S STORIES konzipiert und realisiert wurde.“
Genau wie Lindbergh das Genre der Porträtfotografie mit seinem wegweisenden Realismus neu definiert, fordert auch Vecchiet die Grenzen der Dokumentation selbst heraus. Die Spiegelung der Erzählungen des Films lässt Lindberghs zwei Welten verschmelzen: Geschichten von Stars, Schauspielerinnen, Models und Musen, die für viele Jahre vor der Linse des Fotografen standen, werden verflochten mit Frauen, die sich vor dem Blitz der Kamera abschirmen – Schwestern, Ehefrauen, Freunde, Mitarbeiterinnen. Sie führen uns in die labyrinthische Welt des Künstlers, sie bewegen sich zwischen Bewusstsein und Unbewusstem, und dienen als eine Art filmische Psychoanalyse. Mit dieser „mise en abyme“, zusammengesetzt aus gesammelten Schriften, Fotografien, Anekdoten und einer poetischen Erzählform, die an der Grenze zwischen der Realität und dem Imaginären schwebt, befreit Vecchiet seine Geschichte von den Zwängen des Genres.
Kinostart: 30. Mai 2019 im Verleih von DCM