Besonders in den Phasen der Kostenkalkulation und Verhandlung mit potenziellen Auftraggebern wird das Können vieler Fotografen in Bezug auf Kommunikations-Skills immer wieder hart auf die Probe gestellt. Viele dringen zu ihren Kunden nicht durch, erhalten kaum Informationen über den geplanten Job oder es gelingt nicht, das Angebot zu verkaufen. Oft liegt es daran, dass sich Fehler in die Kommunikation einschleichen, die sich nicht bezahlt machen. Damit Berufsfotografie die (zweit-)schönste Nebensache der Welt bleibt, sollten Fotografen den Fokus erweitern und den Kundenkontakt mehr in den Blick holen. Denn es lohnt sich, die Phasen und Abläufe der Kommunikation mit Kunden neben der Fotografie professionell und clever zu gestalten.
Manche Fotografen reden viel und gern. Sie erzählen von ihrer Arbeit und geben einen 360° Einblick in ihre berufliche Situation. Für eine gute Beratung ist das wichtig. Aber auch, wenn schon alles gesagt ist, drehen sie verbal weiter Runde um Runde und machen keinen Punkt. Sie senden. Wenn Fotografen in den relevanten Phasen des Kundenkontaktes, wie Akquisition, Briefings oder Kostenkalkulation so agieren, ist es nicht verwunderlich, dass sie einen Termin oder Job nicht bekommen. Und das hat nichts „mit Reden ist Silber und Schweigen ist Gold“ zu tun. Vielmehr geht es hier um das Senden und Empfangen, ein bewährtes Modell in der Kommunikationspsychologie.
Der Psychologe Friedemann Schulz von Thun* hat drei Bücher über das „Miteinander reden“ geschrieben. Alle behandeln Kommunikationstechniken und Modelle, die nicht nur im beruflichen Kontext enorm hilfreich sind, sondern auch im privaten Umfeld helfen, Konflikte besser zu lösen. Dabei ist das Sender-Empfänger-Modell die Grundlage, um viele Kommunikationsprozesse zu verstehen.
Überwiegend sind Fotografen Unternehmer, die sich selbst um Vermarktung und Kundengewinnung kümmern. Für sie ist es beruflich essenziell, über den Markt und über die Bedarfe ihrer (zukünftigen) Kunden möglichst viel zu wissen. Soviel steht fest. Deshalb sind Informationen ein nützlicher Mehrwert, um dem Markt gute Angebote machen zu können. Im konkreten Fall einer Jobanfrage oder -verhandlung kann das bedeuten, dass Fotografen ihr Vertriebs-Verhalten grundlegend überprüfen und ändern. Denn hier kommt es auf das Empfangen an. Es steht für Informationen gewinnen, Fragen stellen und den Dialog führen. Wichtige Phasen im Kundenkontakt, die oft ausschlaggebend für die Jobvergabe sind. Denn bevor gesendet wird, hier symbolisch für Kalkulieren, Beraten oder Planen, bedarf es der Kunst des Empfangens. Sie erleichtert beides, sowohl das Kalkulieren als auch das Verkaufen.
Eine häufige Fehlerquelle in der Kommunikation zwischen einem Fotografen und einem Kunden ist in der Phase von der Kundenanfrage bis zur Kostenabgabe. Fotografen erledigen gerne so viel wie möglich per E-Mail, anstelle zu telefonieren. Dabei sind die Chancen, einen Job zu bekommen, um ein Vielfaches höher, wenn Informationen im persönlichen Gespräch ausgetauscht werden. Vieles kann effizienter im Telefon-Dialog geklärt werden als durch ständiges E-Mail-Ping-Pong, das zu Missverständnissen führt. Oft bleiben so wichtige Fragen unbeantwortet. Hinzu kommt, dass sowohl Kunde als auch Fotograf sich im Telefonat einen besseren Eindruck über den potentiellen Geschäftspartner verschaffen können. Denn im persönlichen Gespräch testen sie ihre Beziehungsebene, die neben der Sachebene ausschlaggebend für eine Zusammenarbeit ist. Tatsächlich beeinflusst die Beziehungsebene, der erste Eindruck und das Bauchgefühl, zu einem weit größeren Teil die Entscheidungsfindung als die Sachebene. Und das Empfangen zahlt nun mal auf die Beziehungsebene ein.
Geschicktes Empfangen ist kein passives Verhalten oder gar Schweigen. Wir alle kennen Situationen, in denen Small Talk gefordert ist. Small Talk ist eine Kunst in der Kommunikation und eine perfekte Gelegenheit, um die eigenen Kommunikations-Skills zu testen. Zum Beispiel durch aufmerksames Zuhören und Fragen stellen. Ja klar, es fällt denen leichter, die sich nicht durch stetes Senden selbst in den Mittelpunkt stellen. Und zahlt sowohl auf das Konto der Beziehungsebene als auch das der Sachebene ein. Denn man erfährt nichts, wenn man redet, sondern eine ganze Menge, wenn man zuhört. Nach dem Prinzip „Wissen ist Macht“ zahlt sich das im Kundenkontakt spürbar aus.
Und sind Sie Sender oder Empfänger?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, einem erfolgreichen Auftritt und der digitalen Strategie.
www.silkegueldner.de
* Miteinander reden Band 1, Allgemeine Psychologie der Kommunikation von Friedemann Schulz von Thun