Eine Kompaktkamera für 4.890 Euro? Steht Q für Quatsch, oder vielleicht doch eher für Qualität? Ein Plädoyer des Chefredakteurs Thomas Gerwers (ProfiFoto).
Tatsache ist, dass die Leica Q seit ihrer Vorstellung zu den Best-Sellern im Leica Sortiment gehört. Die Erklärung ist einfach: die Q übernimmt den Formfaktor der Kamera-Ikone Leica M, was ihr deren Aura und Anziehungskraft verleiht. Der Verzicht auf deren optischen Mess-Sucher kompensiert das Q-Konzept mit einem Autofokus, den das M System nicht bieten kann und der in der Praxis für viele Anwender schneller und sicherer zu scharfen Bildern führt. Und Schärfe ist seit jeher Synonym für Leica. Das in der Q integrierte Summicron ist in dieser Beziehung auf Augenhöhe mit M Objektiven und liefert jenen Leica-typischen Schmelz, den Fans der Marke seit Jahrzehnten schätzen. Dabei kostet die Kamera kaum mehr, als ein vergleichbares M Objektiv. Zwar gibt es keine exakte Entsprechung zum Summicron der Q im M System, aber ein von den Werten her vergleichbares Summicron-M 1:2/28mm ASPH. kostet allein schon 4.100 Euro. Addiert man die im Lieferumfang der Q enthaltene Gegenlichtblende im Gegenwert von 130 Euro (ja, soviel kostet die im M System) hinzu, zahlt der Käufer einer Q2 für die Kamera lediglich einen Aufpreis von 560 Euro. Klar, 4.790 Euro für eine Kompaktkamera sind trotzdem nicht wenig, die Q2 bietet dafür aber weit mehr Auflösung als jede andere Leica Vollformatkamera (die aktuellen M Modelle eingeschlossen) und ist allein schon deshalb eine Versuchung für Liebhaber des gepflegten Fotografierens. Viele M Fotografen bevorzugen sowieso gemäßigte Weitwinkel-Brennweiten, da der Einsatz eines Teleobjektivs an einer Mess-Sucherkamera nur bedingt praktikabel erscheint, wird das Bildfeld im Sucher doch mit steigender Brennweite immer kleiner. Mit der Möglichkeit, Bildfeld-Ausschnitte äquivalent zu jenen längerer Brennweiten zu wählen, bietet die Q eine in der Praxis erstaunlich zielführende Alternative, die außerdem die Investition in zusätzliche Objektive erspart und per Knopfdruck schneller funktioniert als ein Objektivwechsel. Ok, die Bildfeldbegrenzung entsprechend eines 75 mm Objektiv bei der Q2 hätte man sich vielleicht besser sparen sollen, denn dann verbleiben von den 47 MP nur schlanke 6,6 MP, aber für typische Streetphotography ist die Q für viele eigentlich die bessere M und bietet im Vergleich ein sensationelles Preis-Leistungsverhältnis (freilich wie so oft im Leben nur für die, die es sich leisten können)…