Der Fotojournalismus ist tot, lang lebe der Fotojournalismus! Durch starke Veränderungen in den Medienhäusern konnten viele Fotografen von ihrem Beruf nicht mehr gut leben. Autorenfotografie wird schlecht bezahlt, wenngleich sie nicht an Relevanz verloren hat. Mit Fotojournalismus allein lässt sich der notwendige Lebensunterhalt schlichtweg nicht verdienen. Wie gut, dass parallel zur Krise bei Print-Magazinen der Corporate Publishing Markt stark gewachsen ist. Jedes größere Unternehmen lässt ein eigenes Unternehmens-Magazin publizieren und verbreitet damit die Philosophie seiner Marke. Davon profitieren auch die Fotografen, weil fortlaufend neuer Content für die Selbstdarstellung der Unternehmen benötigt wird.
Wer etwas verkaufen will, der muss sich selbst verkaufen! Eine bekannte Weisheit aus den Ratgebern für Vertriebs- und Verkaufstrainings. Und so denken wohl auch Unternehmen und Konzerne, denn sie fluten den Markt mit ihren hauseigenen Magazinen. Monatlich oder quartalsweise erscheinen die Hefte, werden an die Kunden verschickt oder am „Touch point“ ausgelegt.
Wer nicht genau hinschaut, übersieht schon mal, dass es sich um ein Unternehmensmagazin handelt. Das Erscheinungsbild vieler Magazine ist gut gemacht. Moderne Gestaltung und interessante Titelthemen verleiten zum Hineinblättern. Keine Reise mit der Deutschen Bahn ohne ein „DB Mobil“ auf dem Nachbarsitz, kein Flug ohne das entsprechende Airline-Magazin vor der Nase und kein Besuch in der Drogerie ohne ein Kunden-Magazin an der Kasse.
Mit Corporate Publishing wird die journalistische Unternehmenskommunikation mit eigenen Medien bezeichnet. Das sind Kundenmagazine, Mitarbeiterzeitschriften oder Mitgliederzeitungen, im Print- wie im Onlinebereich. Im Fokus steht die einheitliche interne und externe, journalistisch aufbereitete Informationsvermittlung eines Unternehmens in Richtung seiner Zielgruppe über mehrere Kommunikationskanäle. „Journalistisch aufbereitet“ bedeutet, dass Themenfelder ausgewählt werden, die die Leser unterhalten oder informieren sollen, aber 100 % zur Marke passen.
Eine nachvollziehbare Entwicklung und ein gutes Geschäftsmodell. Denn es ist einfacher, die Werte und Inhalte der Marke über eine eigene Berichterstattung zu publizieren, als durch aufwändige Presse- und PR-Arbeit Verlagshäuser und Magazin-Redaktionen dazu zu bewegen, über das eigene Unternehmen zu berichten.
Corporate Publishing oder Unternehmenskommunikation ist ein Markt, von dem viele Fotografen gut leben können. Denn hier wird das Marketing- und Werbebudget der Unternehmen investiert und produziert. Monatlich oder quartalsweise entsteht neuer Content, der über die Kommunikationskanäle ausgespielt wird. So landen die produzierten Motive nicht nur im Kunden-Magazin, sondern finden auch auf der Website und im Social-Media-Kanal einen Platz. Viele frustrierte Fotojournalisten sind in den letzten Jahren umgestiegen und haben ihr Geschäftsfeld auf die Unternehmenskommunikation ausgerichtet. Auftraggeber sind oft sogenannte Corporate Publishing Agenturen. Manche sind unter dem Dach eines Verlagshauses gegründet. Aber auch namhafte Werbeagenturen gründen Corporate Publishing Abteilungen, weil sie das wirtschaftliche Potenzial erkannt haben.
Lukas Kircher, geschäftsführender Gesellschafter von C3 – Creative Code and Content, einer der größten deutschen Corporate Publishing Agenturen, sieht im Corporate Publishing Markt viele Möglichkeiten für Berufsfotografen: „Fotografen von morgen sind jene, denen ich Kommunikationsprobleme erzählen kann und die mit einer Lösung kommen“ (Zitat: Picta Magazin). Abgesehen davon, dass Berufsfotografen keine Berater sind, eröffnet die Aussage einen kreativen, technischen und inhaltlichen Raum für Fotografen. Denn es werden Themen entwickelt und produziert, die über unterschiedliche Medien ausgespielt werden können. Content-Produktion ist das „Buzzword“ und meint die Erzählweise über Bild, Bewegtbild oder Drohne. Auch Virtual Reality spielt zunehmend eine Rolle. Mittlerweile ist es fast so attraktiv, für das Airline-Magazin einer deutschen Fluggesellschaft zu fotografieren, wie für den Stern oder den Spiegel. Ganz abgesehen davon, dass es besser bezahlt wird.
Den klassischen Fotojournalismus kann die Unternehmenskommunikation nicht ersetzen. Aber hier ist in ein potenter, zunehmend wachsender Markt entstanden, der viele Fotografen mit Aufträgen versorgt.
Und bist du schon dabei?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, einem erfolgreichen Auftritt und der digitalen Strategie.