Christian Frank – Coach, Fotograf
iPadografie.com
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Diese Frage nach den geeigneten fotografischen Aufgaben für die Verwendung eines Smartphones möchte ich erweitern auf den Gesamtprozess „Motivation-Motiv-Aufnahme-Nachbearbeitung-Publikation“. Eine solche Betrachtungsweise öffnet die ganze Bandbreite der besonderen Eignungen des Smartphones für die Fotografie.
Ursprünglich war das Smartphone ja mal ein Telefon. Ich sage heute zu meinen Freunden – ruft mich auf meiner Kamera an! Aber die Form des Telefons blieb und hat sich über den berührungssensiblen Touchscreen zum Smartphone gewandelt. Ein vor Rechenleistung und Apps strotzendes Stück Lifestyle-HighTech. Immer gegenwärtig, immer einsatzbereit. Und zwischenzeitlich optisch auf hohem Niveau. Ein Stück digitaler Allmacht im Hosentaschenformat mit der Power, Fotografien und Filme zu erzeugen, sofort zu bearbeiten und zu versenden.
Nun zu Motivation. Denn erst nach der Motivation kommt das Motiv.
Warum fotografiert wer? Ist es der professionelle Fotograf, der vom Brautpaar engagiert wurde und danach eine Rechnung stellt? Ist es der Fotograf im Krisengebiet, der genau einen Schuss hat und unter demselbigen in Gefahr schwebt? Ist es der visuell interessierte Mensch, der seinen Blick auf die Welt publizieren möchte? Oder ist es die Person, die sich medial bildhaft verbreitet und ein Feedback über Likes und Follower erstrebt?
Herbert Marshall McLuhan, der kanadische Philosoph und Kommunikationstheoretiker, prägte den Satz: „The Medium is the message“. Genau dies erfahren wir heute auch bei der Smartphone-Fotografie. Nicht das Bild oder der visualisierte Text ist die Botschaft, sondern der Formierungsprozess. Also das Posten, die digitale Präsenz in den Sozialen Medien, die aktuelle Teilhabe am Leben des Senders. Dies ist ein Zweig der Fotografie, für die sich das Smartphone besonders gut eignet und diese Art der mediengetriebenen Fotografie eben erst auch ermöglicht.
Nun wieder mehr den Fotoprofi betrachtend, kann man sagen, dass in allen Bereichen bereits mit dem Smartphone experimentiert und produziert wird. Die Vielfältigkeit der fotografischen Aufgabenbewältigung liegt sicherlich in der einfachen Verfügbarkeit des technischen Geräts. Etwa 120 Gramm Gewicht und 8 Milimeter Dicke machen es möglich, das Smartphone immer und überall dabei zu haben.
Bei der Frage der geeigneten Motive ist es leichter einzugrenzen. Häufig ist die Diskretion ein Vorteil, mit der gearbeitet werden kann. Ein Smartphone ist eben unauffälliger als eine DSLR-Kamera, die das Objekt mit seiner zielgerichteten Optik auf´s Korn nimmt. Auch sind natürlich Motive, die gut in die optische Erfassungssphäre des Smartphone-Weitwinkels passen, bevorzugte Objekte. Damit sind die Anwendungsmöglichkeiten schon mal gut für die halbe Welt. Von der Street Photography angefangen über die Architekturfotografie bis zum Porträt und zur Landschaftsaufnahme.
Ist die Aufnahme erst einmal im Kasten und braucht sie noch eine schnelle Nachbearbeitung, spielt das Smartphone seine Stärken der unmittelbaren und sofortigen Bildbearbeitungsmöglichkeit aus. Waren es früher hauptsächlich Apps, die mit generellen Filtern dem Bild einen „Look“ verpasst haben, so sind es heute professionelle Tools, die tief in die Datenwelt des Bildes eintauchen und so manche unvorstellbare Verbesserung zustande bringen, über die Photoshop nur staunen kann. Hier meine ich beispielsweise die Möglichkeit, Schärfentiefe nachträglich zu verändern, wenn das Bild mit einer Dualkamera aufgenommen wurde. Oder genau positionierbare und skalierbare Bildveränderungen vorzunehmen, zu retuschieren oder hinzuzufügen. Selbst benutze ich bei detaillierten Bildbearbeitungsaufgaben mein iPad Pro 12,9″ und erledige die feineren Arbeiten dort auf dem großen Screen.
Zukünftig geschieht einiges der Bildoptimierung schon automatisiert, denn für alle fototechnischen und künstlerischen Aufgaben steht die KI, die künstliche Intelligenz, schon in der Tür. So beispielsweise der vorausschauende Autofokus für sich schnell bewegende Objekte oder die Motiverkennung und die automatische Einstellung des Aufnahmemodus bis hin zur Einblendung einer Wasserwaage bei Schiefstand des Smartphones.
Hat es der Fotograf eilig, bleibt zuletzt zur fotografischen Aufgaben- und Auftragsbewältigung die einfache Möglichkeit der pfeilschnellen und unmittelbaren Bildübertragung hinein in die Redaktion, die NAS oder die Publikation im Sozialen Netzwerk.
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Wenn das Motiv sich außerhalb der optischen Erfassungssphäre eines Smartphones befindet oder in exorbitanter Qualität abgelichtet werden soll, dann hat das Smartphone Pause. Hiermit gemeint sind also Studioaufnahmen, Sportaufnahmen oder Naturaufnahmen, die Brennweiten, Farbtiefen und Auflösungen verlangen, die außerhalb der heutigen Smartphone-Technologie angesiedelt sind.
Die Smartphone-Fotografie teilt das fotografische Profilager. Sie macht aber auch deutlich, dass heute nicht mehr automatisch die „dicke Nikon“ das Rennen macht, sondern Kreativität, fotografische Begabung und Ausbildung, sowie Schnelligkeit in der Publikation die Attribute der Sieger um das Rennen der besten Bilder sind. Meine „Fotoschule der Zehn Künste“ nutzt beispielsweise als Aufnahmegerät ausschließlich das Smartphone oder Tablet, die vermittelten Fähigkeiten sind aber universell und unabhängig von der Nutzung einer bestimmten Kameratechnologie.
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Das kommt drauf an… Auch hier ist wieder die gesamte Prozesskette entscheidend. Es macht keinen Sinn Fotos mit mehr als 40 Megapixel zu erstellen, wenn man diese dann für eine Homepage-Gestaltung oder für Online-Nachrichten verwenden will. Auch der Stil der Fotografie hat sich in bestimmten Genres gewandelt. Schaut man sich beispielsweise die Stockfotografie an, war diese dominiert von technisch perfekten Studioaufnahmen. Heute wird häufig Spontanität gesucht, das Unmittelbare, das Lebendige. Und das entspringt oftmals einem Smartphone.
Meiner Meinung nach ist es heute dem Käufer egal, mit welcher Kamera das Bild entstand und welche Postproduktion es durchlaufen hat, wenn emotionaler und ästhetischer Inhalt, Qualität und Preis stimmen. Wir schreiben dem Koch ja auch nicht vor, mit welchen Zutaten er das Gericht zubereiten soll.
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Sicherlich, zum Beispiel Apple! Diese Anspielung soll zeigen, dass der Auftraggeber damit beim Konsumenten etwas bezwecken will. Sei es über den Look der Smartphone-Fotos, das Ungekünstelte, Authentische, Spontane, Schnelle, Junge… Sei es aus Budgetgründen. Oder sei es aus dem Interesse an den Nutzern der Smartphone-Ära selbst…
Foto: © Christian Frank
Johannes Mairhofer – Fotograf, Berater
fotos.johannesmairhofer.de/postkarten/
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Da fallen mir einige Beispiele ein: In aller erster Linie natürlich, um private Eindrücke festzuhalten. Aber auch für Reportagebilder, bei denen es schnell gehen muss. Für alles, was quasi sofort in Social Media gepostet werden muss und „eh nur“ für online produziert wird. Für Bilder, die nicht „technisch anspruchsvoll“ fotografiert werden müssen. Bei Einsatz von Blitz spätestens ist das Smartphone raus.
Ich habe die Erfahrung gemacht, wenn man die fotografischen Regeln einhält (oder bewusst bricht), kann hier durchaus Hochwertiges entstehen. Ich empfehle allen, die sich dafür interessieren, ein Projekt mal explizit mit dem Smartphone umzusetzen. Viele werden merken, dass hier doch viel mehr möglich ist als vielleicht anfangs gedacht.
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Die Grenzen sehe ich vor allem bei Fotos, die in großer Fläche gedruckt werden sollen oder bei denen es besonders um Details geht. Oder Bilder, die besonders von Tiefenschärfe beziehungsweise einem Bokeh leben und bei Bildern, die geblitzt werden müssen. Der Blitz von vorn sieht ja bekanntlich immer etwas bescheiden aus, bei Smartphones ist das besonders schlimm, da sich der Blitz direkt neben dem Objektiv befindet.
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Meiner Erfahrung nach klappt das besonders gut, wenn man es zum Thema macht. So habe ich zum Beispiel mal eine Ausstellung explizit mit Smartphone-Bildern gemacht und die ausgestellten Bilder als Postkarten verkauft. Aktuell verkaufe ich als Nachfolgeprojekt wieder Postkartensets. Ein Teil der Einnahmen geht an heimatstern.org – ein toller Verein, der sich für Geflüchtete und Menschen in Not einsetzt. Daher liegt es mir besonders am Herzen. Die Postkarten sind außerdem ein tolles Geschenk, denn dank moo.com ist der Druck qualitativ sehr hochwertig und die Karten werden in schicken Boxen geliefert.
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Bei mir selbst war das noch nicht der Fall, zumindest nicht direkt. Allerdings habe ich mal für einen Kunden ein Social-Media Takeover gemacht. D.h. ich habe den Unternehmensaccount für einen bestimmten Zeitraum für ein Projekt übernommen und dabei auch viele Fotos und Videos gemacht. Dies passierte natürlich mit dem Smartphone, die gemachten Fotos sind dementsprechend auch damit entstanden.
Foto: © Sandra Schink
Stefan Ploghaus – Geschäftsführer, Mauritius Images
mauritius-images.com
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Ein Smartphone eignet sich aufgrund der kompakten Abmessungen und der Tatsache, dass es mittlerweile ein unverzichtbares Kommunikationsmittel ist, das überall mit hingenommen wird, für spontane, authentische Aufnahmen. Über die schiere Masse an Aufnahmen und die immer besser werdende Foto-Software der Handys kommen zwangsläufig auch solche Fotos zustande, die tatsächlich von guter fotografischer Qualität sind.
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Die größten Limitationen liegen im Bereich der Optik. Niemals wird ein Smartphone die Qualität einer tollen Spiegelreflex-Kamera mit lichtstarkem Objektiv erreichen können. Aber genau dort unterscheiden sich ja auch die Einsatzbereiche der beiden Systeme. Spontan versus geplant, amateurhaft versus professionell.
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Ja, grundsätzlich machen Kunden hier keinen Unterschied. Sofern die Bildqualität und die Dateigröße passen, können Smartphone-Fotos bei redaktioneller oder werblicher Verwendung auch die Honorare für erstklassige SLR-Bilder erreichen. Allerdings sind im hochwertigen Angebot von Mauritius Images eher wenige Smartphone-Bilder vertreten. Trotzdem finden wir den Bereich spannend und sehen es als Bereicherung, Smartphone-Fotos in unser Portfolio aufgenommen zu haben. Um die immer weiter steigende Nachfrage nach authentischem Bildmaterial noch besser bedienen zu können, haben wir sogar eine Fotografen-App entwickelt, die in den App-Stores für Apple- oder Android-Mobiltelefone heruntergeladen werden kann. Die App wendet sich vornehmlich an erfahrene und professionelle Fotografen, aber auch an Newcomer. Diese können sich über die App mit bis zu 30 Fotos bei uns bewerben – so versuchen wir mittels der App auch talentierte Nachwuchsfotografen zu erreichen. Darüber hinaus lassen sich über die App Bildanfragen von Kunden oder andere Nachrichten gezielt an die Fotografen senden. Dadurch lässt sich die Zeit zwischen Kundenanfrage und fotografischer Umsetzung entscheidend reduzieren.
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Nein, wir haben bisher keine Aufträge dieser Art erhalten, denn den Kunden ist letztendlich das Aufnahmegerät egal, sofern Bildqualität und gewünschte Dateigröße stimmen.
Foto: © privat
Bild oben: Petra Sagnak
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