Mit Wolfgang Kemp hat die Deutsche Gesellschaft für Photographie (DGPh) einen der seit Jahrzehnten profiliertesten Historiker und Theoretiker der Fotografie mit ihrem Kulturpreis ausgezeichnet.
Als Kunsthistoriker hat Kemp durch Standardwerke wie seine »Theorie der Fotografie« und die »Foto-Essays« Grundlagen dafür gelegt, das Medium als Forschungsgegenstand der Kunstgeschichte und Kulturwissenschaften zu etablieren und verfolgt bis heute neue Themen intellektuell anregend und stilistisch brillant.
Der Kulturpreis wird seit 1959 verliehen. Mit ihm zeichnet die DGPh lebende Persönlichkeiten für bedeutende Leistungen im Bereich der Fotografie aus. Träger sind unter anderem Duane Michals, Klaus Honnef, Wolfgang Tillmans, Stephen Sasson, Sarah Moon, Daido Moriyama, Lennart Nilsson, Evelyn Richter, Bernd und Hilla Becher, Gisèle Freund und Helmut Gernsheim.
Mit seinen Publikationen hat Kemp an der Basis für eine theoretisch, ästhetisch und sozialgeschichtlich fundierte Photographie-Forschung gearbeitet. Die dreibändige »Theorie der Fotografie« (1979–1983) stellt ein so breit orientiertes wie kommentiertes Quellenfundament des Nachdenkens über das Medium und seine Begrifflichkeiten zwischen 1839 und 1980 dar, die später von Hubertus von Amelunxen um einen vierten Band ergänzt wurde.
Mit seinen »Foto-Essays« (1978/erweitert 2006) lieferte er systematische Ansätze, die Ästhetik des Mediums zu greifen. Kemps »Geschichte der Fotografie. Von Daguerre bis Gursky« (2011) durchmisst konzise die Kunstgeschichte des Mediums. Nach einem frühen Text zu August Sanders »Rheinlandschaften« (1975, neu 2014) hat sich Kemp in vielen, die ganze historische Breite überspannenden Facetten mit dem Verhältnis von Photographie und Kunst auseinander gesetzt. Gegenwärtig forscht er zur Photographie als Medium aneignender Besitznahme, widmet sich aber auch der alltäglichen Massenproduktion von Photographien im Internet.
In ihrer Laudatio würdigte die Kunsthistorikerin Prof. Dr. Bettina Gockel (Universität Zürich) die Verdienste Kemps, zeichnete seinen Lebensweg nach und stellte seine fachlichen Verdienste für die Photographie im Kanon der Kulturwissenschaften heraus. Mit augenzwinkernden Bezügen zu Künstlern wie Karl Lagerfeld und Udo Lindenberg betonte sie Kemps besondere Art des Denkens – und auch Querdenkens – sowie seinen Anspruch zur Sprachfindung für komplexe Zusammenhänge und deren Vermittlung.
Kemps Beitrag zur Fotografie-Geschichte zeichnet sich auch durch sein Wirken als Lehrender und seine Beiträge als Publizist aus. Als Professor hatte er großen Anteil daran, dass die Photographie als akademisches Forschungsfeld etabliert wurde und hat zahlreiche heutige Foto- Historiker durch seine Lehre und Schriften für das Medium begeistert und geprägt. Als Publizist ist er in Zeitungen, Zeitschriften und Blog seit langem eine gewichtige Stimme in der (Fach)Öffentlichkeit.