Am Samstagabend, dem 23. Juni, wurden die Preisträger des sechsten Lumix Festivals für jungen Fotojournalismus bekannt gegeben: Der Gewinner des diesjährigen Lumix Festivals ist der deutsche Fotograf und Absolvent der Hochschule Hannover Florian Müller mit seiner Fotoserie „Hashtags Unplugged – Von Lastern und Leitmotiven“. In seiner Arbeit untersucht der Fotograf die Welt der Social Media – und zeigt Menschen, die auf der Suche nach digitalem Applaus sind und für die Likes uns Reposts zum Parameter des sozialen Erfolgs geworden sind. Der 35-Jährige erhielt den mit 10.000 Euro dotierten Freelens Award.
„Florian Müller schafft es, uns Einblicke in eine Welt zu geben, die wir vielleicht in Ansätzen selbst schon erlebt, aber in der Tiefe und Relevanz so noch nicht begriffen haben. Die aber hier und heute in der Mitte unserer Gesellschaft permanent stattfindet. Dabei geht es um den Selbstdarstellungskult in den Sozialen Medien, wo Menschen sich in ihre eigenen Avatare verwandeln. Der Fotograf hat sich einfühlsam in diese Szene hineingedacht und fand so Zugang zu den entsprechenden Akteuren. Die Jury würdigte die gestalterische Kraft der Arbeit: Sie vermittelt tiefgehende Inhalte, die gerade jetzt unsere Gesellschaft verändern, und zeigt damit, welche Möglichkeiten der Fotojournalismus heutzutage bietet“, so die Meinung der Jurymitglieder.
Die drei ehrenvollen Erwähnungen mit je 1.000 Euro gingen an den philippinischen Fotografen Ezra Acayan (25), der mit seiner Reportage die Gewalttaten in seiner Heimat und das fragwürdige Vorgehen vom Präsidenten Rodrigo Duterte und der Polizei beleuchtet, an die Russin Elena Anosova (34), die in ihrer Arbeit „Out oft he Way“ die Geschichte eines kleinen Dorfs im hohen Norden Russlands erzählt, wo ihre Vorfahren herkommen und wo Isolation und eine besondere Beziehung zur Natur den Alltag prägen, und an Esa Ylijaasko (28) aus Finnland, der für seine Reportage „November is a Beginning“ vier Jahre lang die syrische Flüchtlingsgemeinschaft in Istanbul begleitet und mit seinen Aufnahmen ein Fenster in eine andere Welt geöffnet hat.
Ezra Acayan
Elena Anosova
Esa Ylijaasko
Aus rund 1.200 Bewerbungen waren die 60 Reportagen ausgewählt worden, die über 40.000 Besucher fünf Tage lang auf dem Expo-Gelände in Hannover betrachten und bewundern konnten.
Isabel Winarsch und Rolf Nobel übegeben die zukünftige Festivalleitung an Michael Trippel, Fotografie-Professor an der Hochschule Hannover.
Den zweiten Hauptpreis, den Lumix Multimedia Award, stiftete der Elektronikkonzern Panasonic. Diese Auszeichnung und somit das Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro erhielt der norwegische visuelle Journalist Kyrre Lien (28) für seine Multimedia-Produktion „The Internet Warriors“. In seiner Arbeit zeigt er die Menschen, die im Internet ihrer Wut freien Lauf lassen, die andere belästigen und die Redefreiheit bis an ihre Grenzen ausreizen. Dafür hat der preisgekrönte Journalist während der letzten drei Jahre einige der aktivsten Online-Kommentatoren getroffen: an den Fjorden Norwegens, in einer Wüste in den USA und in einer Wohnung in Libanon.
Die ehrenvolle Erwähnung in der Multimedia-Kategorie ging an Ann Sophie Lindström (33), Absolventin der Hochschule Hannover, für ihren intimen Dokumentarfilm „The Bitter With the Sweet“ über Ricky und Gretchen, die oft nicht miteinander können; aber noch weniger können sie ihren harten Alltag in North Philadelphia ohne einander meistern.
Bereits zum vierten Mal wurde im Rahmen des Lumix Festivals der Lammerhuber Photography Award verliehen, gestiftet von dem berühmten österreichischen Fotografen und Verleger Lois Lammerhuber. Den Preis, der mit 5.000 Euro dotiert ist, bekam der finnische Fotograf Aleksi Poutanen (32) für seine Fotoserie „Fellow Creatures“ – über die außergewöhnlich starke Bindung zwischen Mensch und Natur in Finnland: ob ein Hund am Esstisch, ein Alpaka im Wohnzimmer oder ein Schwan als bester Freund – Poutanens Bilder zeigen diverse Szenarien des kuriosen finnischen Alltags. Mit dem Award wird diejenige Reportage ausgezeichnet, die auf eindrucksvollste Weise eine Alltagsgeschichte erzählt. Der Lammerhuber Photography Award unterstreicht die Philosophie des Lumix Festivals, dass die Auseinandersetzung mit allen Facetten des Lebens die Aufgabe eines humanistisch ausgerichteten Fotojournalismus ist.
Zum zweiten Mal im Rahmen des Lumix Festivals wurde der mit 1.000 Euro dotierte Nachhaltigkeitspreis verliehen, gestiftet von der UmweltDruckerei. Der Preisträger Zen Lefort (24) aus Frankreich zeigt in seinen Bildern den Kampf der jungen Generation der Lakota-Sioux-Indianer gegen den Bau der Ölpipeline „Dakota Access“: Ureinwohner aller Stämme formieren sich Seite an Seite mit Umweltschützern und Menschenrechtsaktivisten im Standing-Rock-Reservat zum Protest – es ist die größte Zusammenkunft amerikanischer Ureinwohner seit 100 Jahren.
Den Publikumspreis der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung (HAZ), der mit 1.000 Euro dotiert ist, verkündete Uwe Janssen, HAZ-Redakteur. In diesem Jahr würdigten die meisten Besucher die Arbeit „Josef“ von Elias Holzknecht (24). Der gebürtige Österreicher studiert derzeit an der Hochschule Hannover Fotojournalismus und Dokumentarfotografie im 2. Semester. Mit seinen anrührenden Bildern erzählt der Fotograf die Geschichte des 84-jährigen Einsiedlers Josef, der seit 1978 allein in einem Bauernhaus ohne fließend Wasser und funktionierende Heizung seinen harten Alltag meistert.
Eine siebenköpfige Jury entschied über die Vergabe des Freelens Award, der drei ehrenvollen Erwähnungen, des Lammerhuber Photography Award und des Nachhaltigkeitspreises: Ruth Eichhorn (GEO), Christian Pohlert (F.A.Z.), Peter Bitzer (laif), Søren Pagter (Danish School of Media and Journalism, Aarhus), Bertram Solcher (FREELENS), Barbara Stauss (mare) und Andreas Trampe (stern).
Der Fachjury für den Lumix Multimedia Award gehörten Bernhard Riedmann (Der Spiegel), Michael Hauri (2470 Media), Fabian Mohr (Die Zeit), Uwe H. Martin (Bombay Flying Club) und Florian Müller (Fotojournalist, Absolvent der Hochschule Hannover) an.
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