Nach ihrem Wunsch oder Ziel gefragt, wollen nicht wenige Fotografen gerne Mode, am besten für die Vogue fotografieren. Die Aussicht, mit schönen Models in exklusiven Kollektionen und hervorragenden Stylisten für schicke Hochglanzmagazine oder Topmarken zu shooten, ist verlockend. Was ein aussichtsreiches Mode Portfolio ist, ist an anderer Stelle zu diskutieren. Aber es gehört mehr dazu als ein gutes Portfolio, damit Fotografen im Modemarkt eine Chance haben. Modefotografie ist mehr als ein Beruf, es zeigt sich rasch, wer nur die Technik beherrscht und für wen Mode ein Statement oder eine Kunstform ist.
Neulich wurde ich gefragt, ob man es in Bochum schaffen kann, als Modefotografin Karriere zu machen. Das hängt sicher sehr von dem eigenen Anspruch ab, welche Art von Mode verfolgt wird, ob beispielsweise ein aufwändiges Kampagnenshooting für ein Designerlabel oder schlichte Produktfotos für eCommerce Shops. Grundsätzlich stellt sich die Frage, ob es in Deutschland eine aussichtsreiche Modewirtschaft gibt, die es jungen Fotografen ermöglicht, ihr Portfolio im Modebereich zu entwickeln und Jobs zu bekommen. Denn egal ob in München, Düsseldorf, Berlin oder Hamburg, die hochklassigen Labels und Designer produzieren selten in Deutschland. Und wenn, dann nicht mit deutschen Fotografen. In Deutschland wurde im Modemarkt seit jeher eher auf Masse statt Klasse gesetzt. Deutsche Marken produzieren „katalogstyle“ und lassen ihre Kontingente zunehmend in Großstudios produzieren, in denen ein günstiger Motivpreis kalkuliert wird und Fotografen als Freelancer für ein gehobenes Assistentenhonorar engagiert werden. Dieses Prinzip ist irreversibel. Der redaktionelle Modemarkt in Deutschland ist zwar nennenswert, aber die Redakteure arbeiten trotzdem gerne mit den bekannten „big names“ der internationalen Modebranche. Da nützen auch keine Veröffentlichungen in digitalen Modemagazinen, für die viele Fotografen umsonst arbeiten, damit sie eine Publikation bekommen.
Zurück zu der jungen Fotografin aus Bochum. Um Modefotograf zu werden, ist es immer noch am besten, ins Ausland zu gehen und bei guten Fotografen in Paris, London oder New York zu assistieren. So werden Kontakte zur Fashion Industry geknüpft und sie lernt Moderedakteure kennen. Mit der Zeit entsteht ein gutes Modeportfolio und sie macht sich einen Namen im Ausland. Wenn das gelingt, wird sie auch für deutsche Magazine interessant. Viele junge Modefotografen kehren später aus dem Ausland zurück nach Berlin, der inoffiziellen deutschen Modehauptstadt. Sie wollen deutsche Modefotografie mitgestalten und kennen internationale Standards, was relevant ist.
Hinzu kommt die eigene Haltung als Modefotograf. Das Business gut zu kennen und sich für Mode zu interessieren ist wichtig, aber es zählt die persönliche Verbindung zur Mode. Modefotografen leben Mode. Sie nehmen Mode wahr, als individuellen Stil und Lebensform. Wissen, welche Sneaker in sind, sich stylish kleiden, cool sein. Sonst ist es schwer, in der Branche akzeptiert zu werden.
Wenn wir bei dem Beispiel Bochum bleiben, stellt sich auch die Frage, wie gut die Infrastruktur dort ist. Findet sie ein gutes Team für das Modeshooting? Viele Fotografen gehen ohne ihren vertrauten Stylisten nirgendwo hin, denn eine gute Produktion steht und fällt mit dem richtigen Team. Ebenso wichtig ist es, ein gutes Casting zu machen und Modelle zu besetzen, die den Bildern Ausstrahlung verleihen. Weniger ist mehr – viele Modestrecken verlieren aufgrund der Qualität der Modelle und langweiligem „Katalog-Posing“, overload im Styling und furchtbarer Frisur. Als Modefotograf genügt es nicht, die Technik zu beherrschen – Gespür für das richtige Casting in Verbindung mit hervorragenden Stylisten und Visagisten machen aus der Arbeit des Fotografen erst ein Meisterstück mit Stil und Aussage. Und wenn Sie für die „big names“ arbeiten wollen, müssen Sie Ihre Arbeit mit internationalem Maßstab messen.
Ob Mode oder ein anderes Genre – die Fotografie bleibt ein wundervolles Ausdrucksmedium, mit dem Sie nicht nur „schöne Bilder“ machen, sondern Ihre Haltung und Ihre Ideen transportieren können. Daher wählen Sie bitte ein Genre und eine Positionierung, die Ihren Stärken und Kompetenzfeldern entspricht und Ihrem Portfolio gut zur Geltung verhilft. Denn Erfolg hat immer mit Glaubwürdigkeit zu tun.
Und welche Berufung haben Sie?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, einem erfolgreichen Auftritt und der digitalen Strategie.
www.silkegueldner.de