In der Berliner Akademie der Künste wird am 11. Juli der Käthe-Kollwitz-Preis 2017 an die Fotokünstlerin Katharina Sieverding verliehen, die dort auch im Anschluss mit einer Ausstellung geehrt wird.
Mit der Auszeichnung ehrt die Akademie der Künste eine deutsche Künstlerin, die seit den 1960er Jahren das Zeitalter der großformatigen Fotokunst einleitete. Ihr Grundthema seit ihrer Zeit als Beuys-Schülerin ist die „Identität als Individualität und Dividualität und als kollektives Individuum“. Film und Fotografie standen von Anfang an im Hauptfokus ihres Schaffens.
Die Juroren und Akademie-Mitglieder Jochen Gerz, Karin Sander und Klaus Staeck heben besonders hervor, dass Katharina Sieverding „seit rund fünfzig Jahren grundsätzliche Fragen zu den künstlerischen, politischen und gesellschaftlichen Bedingungen für Produktionsprozesse und für die Rezeption der Kunststellt. Sie vereint in ihrem Œuvre Aspekte des Archivierens und des kulturellen Gedächtnisses, Selbstreflexion, das Politische, die Provokation, das Analytische sowie den Einfluss der Massenmedien und neuester Technologien auf das Individuum. Ihr kreativer Umgang mit dem Politischen, nicht Zitieren, nicht Benutzen, sondern ‚politisch Schaffen‘, zeichnet sie als Käthe-Kollwitz-Preisträgerin 2017 besonders aus.“
Anlässlich der Ehrung wird in der Akademie eine Ausstellung mit rund 20 großformatigen Arbeiten von Katharina Sieverding im Format 252 x 356 cm, die zum Teil seit den 1990er Jahren im städtisch-öffentlichen Raum großflächig plakatiert wurden, gzeigt: u.a. sind Werke zu sehen wie Schlachtfeld Deutschland, das anlässlich der RAF-Debatte 1978 entstanden ist, Bombensicher Bundeskunsthalle Bonn, 1983 in einer Plakatmappe namhafter Künstler für die Bürgerinitiative Bonn gefertigt, Deutschland wird deutscher und Die Pleite1993 und 2005 beide in Berlin großflächig im öffentlichen Raum plakatiert.
Dazu gehört auch die heute gerade wieder hochaktuelle Arbeit Art Goes Heiligendamm, 2007/2008 als Teilkünstlerischer Interventionen vor Ort anlässlich des G8-Gipfels entstanden.
Darüber hinaus werden neun wandgroße Projektionen von jeweils 580 Fotomontage-Triptychen TESTCUTS, 1966-2010 – gezeigt.
Die Berliner Ausstellung gibt einen umfangreichen Überblick über das öffentliche Wirken und Handeln der Preisträgerin, jüngst auch wieder in Düsseldorf mit der Plakataktion fifty-fifty Am falschen Ort.
Katharina Sieverding, in Praggeboren, lebt und arbeitet in Düsseldorf. Nach einem vorzeitig beendeten Medizinstudium studierte sie zunächst an der Hochschule für Bildende Künste Hamburg und arbeitete parallel als Assistentin von Fritz Kortner am Deutschen Schauspielhaus. Nach ihrem Wechsel an die Düsseldorfer Kunstakademie besuchte sie die Bühnenbildklasse von Teo Otto von 1964 bis 1967, wechselte dann zu Joseph Beuys bis 1971 und beendete ihr Studium 1974 in der Filmklasse von Ole John Poulsen. Von 1992 bis 2010 engagierte sie sich an der Universität der Künste Berlin für den von ihr gegründeten Studiengang Visual Culture Studies
Im Deutschen Pavillon auf der Biennale in Venedig 1997 stellte sie ein eigens für diesen Kontext erarbeitetes Statement zum Diskurs „Biopolitik“ vor. Ihre internationalen Ausstellungsbeteiligungen umfassen u.a. die Biennale in Paris (1965, 1973), die Kasseler documenta 5, 6, 7 (1972, 1977, 1982), die Biennale in Venedig (1976, 1980, 1995, 1997, 1999), die Biennale in Sydney (1982), die Shanghai Biennale (2002) und Busan Biennale, Südkorea (2016). 2006 war sie bei „40jahrevideokunst.de“in der Kunsthalle Bremen vertreten. 2004 erhielt sie den Goslarer Kaiserring.
Der Käthe-Kollwitz-Preis, die Ausstellung und der Katalog werden seit nunmehr 25 Jahren mitfinanziert von der Kreissparkasse Köln, Trägerin des Käthe Kollwitz Museum Köln.
Ausstellung von 12. Juli bis 27. August 2017
Bild oben: Katharina Sieverding XVI/80 1980 Peter Dürr, Günter Siebert, Rainer Giese, Blinky Palermo Farbfotografie, 375 × 500 cm © Katharina Sieverding, VG Bild-Kunst, Bonn 2017
Bild links: Katharina Sieverding, 2017 (Ausschnitt)© Katharina Sieverding, VG Bild-Kunst, Bonn 2017 Foto: © Klaus Mettig, VG Bild-Kunst, Bonn 2017