Als der Physiker, Erfinder und Forscher Edwin Land vor 70 Jahren, am 21. Februar 1947 Mitgliedern der Optical Society of America erstmals das nach seiner Firma benannte Polaroid Verfahren vorstellte, erfüllte er damit angeblich einen Herzenswunsch seiner quengelnden Tochter. Sie konnte einfach nicht verstehen, dass sie auf die Schnappschüsse aus dem Urlaub immer so lange warten musste.
Bereits 1937 hatte sich Edwin Herbert Land mit einer eigenen Firma selbstständig gemacht, die er passend zu dem auf Polarisationsfolien basierenden Verfahren Polaroid nannte. Polaroid wurde über die Jahrzehnte zu einem Markennamen, der es über eine weltweit bekannte Firmenbezeichnung hinaus dazu gebracht hatte, allgemein als gängiges Synonym für sein Produkt – das Sofortbild – zu stehen. In besten Zeiten wurden von manchen der beliebten Polaroid-Filmen über 100 Millionen Stück im Jahr gefertigt, bevor die Digitalfotografie Sofortbildfilme zunächst zu einem Nischenprodukt machten. Bereits 2001 musste das Unternehmen wegen Zahlungsunfähigkeit Gläubigerschutz beantragen. Schließlich wurde das Unternehmen von einer Investorengruppe aufgekauft und musste dann nach einem Korruptionsskandal 2008 erneut Insolvenz anmelden. In diesem Jahr wurden auch die Produktion der Sofortbildkameras und auch die Polaroid-Filmproduktion im niederländischen Enschede aufgegeben.
Seit einigen Jahren erlebt das Sofortbild eine kaum zu glaubende Renaissance: Im letzten Jahr wurden mit fünf Millionen Kameras weltweit deutlich mehr Aufnahmegeräte für Sofortbildfilme verkauft als in den frühen Boomjahren zu Zeiten der Analogfotografie.
Polaroids waren in den 70 Jahren bis heute nicht nur das bevorzugte Material für Ungeduldige oder jene, die ihre sehr privaten Aufnahmen nicht von Fremden entwickeln lassen wollten, sondern spielten in der professionellen Studiofotografie eine essentielle Rolle. Das ‚Polaroid‘ hatte bei den Profifotografen die Rolle des heutigen Live-View. Mit ihnen wurde Belichtung und Bildaufbau überprüft und in Filmproduktionen die Continuity unterstützt.
Beliebt war das Polaroid aber auch als künstlerisches Medium, dem kein geringerer als Andy Warhol in der Szene zum Durchbruch verholfen hatte.
In den Jahren des Erfolgs hatte Polaroid selbst eine riesige Sammlung von Werken auf Polaroid zusammengestellt. Auf der photokina, wo das Unternehmen in Glanzzeiten eine ganze Halle belegte, war die von Barbara Hitchcock kuratierte Ausstellung von Polaroid Bilder stets ein Publikumsmagnet.
Mit zum aktuellen Hype um die Sofortbildkunst haben nicht zuletzt auch die Aktivitäten des Wiener Galerie- und Auktionshauses WestLicht Schauplatz für Fotografie beigetragen. Dem damaligen Betreiber der Galerie, einer der weltweit bedeutendsten Fotografie-Sammler, Peter Coeln, war es gelungen, sich für WestLicht die Polaroid Collection aus dem Bestand des Musée Elysée in Lausanne zu sichern. Ursprünglich bestand die wertvolle Polaroid Collection aus zwei Teilen, von denen ein Teil in Lausanne und der andere in Boston lagerte. Die Sammlung im Musée Elysée, die schließlich nach Wien wanderte, umfasst einen Schatz von ca. 4400 Werken von 800 Fotografen. Im Jahre 2011 zeigte WestLicht einen repräsentativen Querschnitt von mehr als 350 der legendären Bilder aus dem Schaffen von Ansel Adams bis Andy Warhol. Dort ließ sich auch die künstlerische Vielfalt erleben, mit der Fotografen das Sofortbildmedium mit dem unverwechselbaren weißen Rand verwendet haben.
Eine Besonderheit ist auch die historische Sammlung der Sofortbildwerke im Großformat 20×24 Inch mit dem beispielsweise William Wegman seine berühmten Hundegemälde verwirklicht hat. Die riesige 106 Kilogramm schwere Großformatkamera wurde speziell für 50 x 60 cm große Sofortbilder konstruiert. Nur noch einige wenige dieser Spezialkameras sind weltweit erhalten und noch weniger in Betrieb, weil es kaum noch Material dafür gibt. Ein Modell hatte zum Beispiel der tschechische Fotograf Jan Nizdo in seinem Prager Studio in Betrieb
Auch Helmut Newton hat in den 1970er Jahren das Polaroid-Verfahren ausgiebig während der Shootings zu seinen Mode- und Aktaufnahmen genutzt. Ihn hat die Möglichkeit begeistert, sofort sehen zu können, wie eine Szene im Bild wirken könnte. Auch seine Sofortbilder landeten in Kunstsammlungen. Über 300 davon waren 2011 im Berliner Museum für Fotografie zu sehen. Aufschlussreich für die Arbeit des großen Fotografen sind Newtons handschriftliche Kommentare zu Modell, Auftraggeber oder Aufnahmeort an den Rändern der kleinformatigen Bilder.
Welche Faszination Sofortbilder ausüben zeigt auch der Hype von Apps für Smartphones oder Tablets, die nach der Aufnahme Bilder auf dem Display langsam wie ein Polaroid entwickeln und das Bild schließlich auch mit dem typischen Rahmen versehen. Mit der bekannten iPhone App kann man den Entwicklungsprozess durch Schütteln sogar beschleunigen.
Die besondere Magie des Polaroids gründet jedoch keineswegs nur in der unmittelbaren Verfügbarkeit der Bilder. Sie animieren dazu, kreativ zu werden, sie zu zerkratzen, zu bemalen, zu kolorieren oder zu Collagen zusammenzustellen. Polas erlauben eine unendliche Breite künstlerischer Ausdrucksweisen und inspirieren zu immer neuen Experimenten. Zur Besonderheit der Polas gehört natürlich auch, dass man mit ihm stets auch ein Unikat in den Händen hält, das ganz im Gegensatz zu der unendlichen Verfügbarkeit und Vervielfältigung eines Digitalbildes steht.