Designer, Kreativprofis und Marketing-Fachleute müssen nicht nur die Design-Trends der Gegenwart verstehen, sondern auch über den Tellerrand hinaus in Richtung Zukunft blicken.
Der preisgekrönte und weltweit aktive Adobe-Evangelist Paul Trani sieht es so: „Ein neuer Design-Trend ist nichts anderes als eine neue Erfindung – Erfindungen verbessern entweder eine Sache oder sie decken ein Bedürfnis auf, von dem wir noch nichts wussten.“ Indem sie sich bestimmter Dinge bewusst werden und sich über aufkommende Trends informieren, können Designer die eigene Kreativität weiter voranbringen.
Das Adobe Stock Team seine Einschätzungen zu den zwölf wichtigsten visuellen Trends im Jahr 2017 aufgeschrieben. In Bezug auf die Technik geht das Team davon aus, dass 2017 das Jahr wird, in dem maschinelles Lernen zum Leben erwacht, voll neuartiger Tools zur Befeuerung kreativer Prozesse. Die Technik bringt immer neue Perspektiven mit sich, wie zum Beispiel bei Luftaufnahmen durch Drohnen oder mit Hilfe von 3D-Programmen für Ansichten aus jedem beliebigen Winkel. Am Ende werden wir, vielleicht als Reaktion auf eine allzu industrialisierte Welt, unseren Blick auf die Popularität einer etwas feineren Kunst lenken sowie – ironischerweise – auf die digitalen Werkzeuge, die zu ihrer Erzeugung verwendet werden.
1. Maschinelles Lernen wird lebendig: „Denken Sie an selbstfahrende Autos und virtuelle Realität, die Möglichkeiten, die sich mit diesen neuen Technologien erschließen, sind endlos“, erklärte Paul Trani. Wir können vielleicht nicht vorhersagen, ob wir im Beruf eines Tages durch Roboter ersetzt werden, aber wir können Technik als einen Partner sehen, der uns hilft, unsere Ängste und unser Ringen um Weiterentwicklung und bei kreativen Unternehmungen zu überwinden. Neue technologische Fortschritte werden für kreative Zwecke gebraucht. Dazu zählen unter anderem die vereinfachte Suche nach passendem visuellen Material bei Adobe Stock oder aber auch die automatische Verschlagwortungsfunktion, mit der Designer die von Ihnen in Adobe Stock bereitgestellten Werke besser finden können.
2. Blick von oben: Die Luftbildfotografie ist mit der zunehmenden Verbreitung von Drohnen in neue Höhen aufgestiegen. Dadurch können wir heute Bilder aus Blickwinkeln erzeugen, die zuvor nicht möglich waren. In diesem Jahr wollen wir herausfinden, inwiefern diese neuen Perspektiven unsere kreative Arbeit beeinflussen. Dazu werden wir Kontroversen beleuchten und einen Blick in die nahe Zukunft der Technologie wagen.
3. 3D: 3D-Programme und Design-Anwendungen nehmen stetig zu und innovative Tools, wie Adobes Project Felix, erleichtern den Gebrauch dieser Technologie im kreativen Prozess ungemein. Je ausgereifter die 3D-Kunst wird, umso mehr schauen sich Designer nach Bildmaterial zur Untermalung ihrer Schöpfungen um.
4.Digitalkunst wird detailverliebt: In einer immer stärker industrialisierten und auf Technik fokussierten Welt ist es nur natürlich, wenn sich die Menschen auf die Handwerkskunst zurückbesinnen. Ironischerweise wird diese Entwicklung mit ihrer detailverliebten Natur durch genau das ermöglicht, worauf sie reagiert: Technik. Tablets und Eingabestifte ermöglichen Künstlern immer realistischere und feinere Kunstwerke. In diesem Jahr rechnen wir mit einem noch schärferen Auge für das Detail in der Digitalkunst und bei der Nachempfindung der Realität, etwa bei Pinselstrichen und Texturen, wobei hier den kleinsten Einzelheiten die größte Aufmerksamkeit zukommen soll. Paul Trani sagt zudem voraus, dass skizzenartige Artworks zu einem Trend als Reaktion auf die große Beliebtheit gestochen scharfer digitaler Werke werden wird.
Gefühlsgeladene Kommunikation und Suche nach Sinn
„Damit ein Trend erfolgreich werden kann, muss er so ansprechend sein, dass er die gesamte Öffentlichkeit erreicht, und sich dabei deutlich als neues Konzept hervortun“, so Trani. Designer wie Verbraucher merken schnell, dass gute Kunst mehr kann, als nur dabei zu helfen, Antworten zu finden oder aktiv zu werden. Sie führt an Grenzen, provoziert Gefühle und regt an. Wir werden Bilder sehen, die ganze Geschichten erzählen, und Fotografie, die sich in noch feinerer Art und Weise mit Videomaterial vermischt. Die Suche nach Sinn wird auch das Hinterfragen von Grenzen und die Erforschung von Perspektiven umfassen. Zunehmend unausgewogene Kompositionen werden dem Betrachter einen Blick jenseits der Normen abverlangen. Eine Lenkung des Augenmerks auf weibliche Kreative und Themen wird schließlich die Bedeutung von Geschlechterrollen und Diversität in dem Streben nach neuartigen Perspektiven in diesem Jahr hervorheben.
5. Es war einmal: 2017 wollen einzelne Bilder oder auch 6-Sekunden Videos genauso wie komplexere Werke Geschichten erzählen – und sie sollen genauso eine Wirkung beim Betrachter hervorrufen und Gefühle in ihnen provozieren. Visuelles Material, das das richtige Publikum anspricht und in Ton und Kulisse stimmig ist, wird den größten Erfolg haben. Suchen Sie zudem nach Geschichten, die auf vielfältigste Weise erzählt werden: Anfang, Mitte und Ende vereint in einer einzigen Ansicht, oder auch ein Element im Fokus mit genügend Freiraum für den Betrachter zur Deutung der Ereignisse vor oder nach der abgebildeten Situation.
6. Gefangen in der Schwebe: „Als Designer haben wir zwei Optionen in Sachen Design-Trends: Entweder wir bestreiten unser Leben, indem wir jede vorhandene Welle bis zum Ende ausreiten, oder wir schauen uns die Entwicklung der Trends an und treten unsere eigenen Wellen los“, erklärt Paul Trani. Boomerangs und Cinemagraphs sind relativ neue Wege, Foto- und Videokunst durch perfekte Loops miteinander zu verschmelzen und so Augenblicke festzuhalten. Unserer Einschätzung nach wird diese Verschmelzung von Medien Schöpfer von Inhalten zu neuer Experimentierfreude und zur Erweiterung der Grenzen ihrer Kunst bewegen.
7. Unausgewogene Komposition: Indem sie den Betrachter dazu drängen, jenseits von Normen zu sehen, sollen Kompositionen dazu dienen, Menschen, Dinge und Situationen in neuen Perspektiven darstellen. Dabei kann es um die Komposition eines Bildes an sich gehen, um die Art und Weise, in der das Foto gemacht wurde, den Winkel und die Platzierung des Gegenstands oder um den Gegenstand selbst, der vielleicht vor einem ungewöhnlichen, verblüffenden Hintergrund erscheint. Denken Sie nur an das verstörende Portraitfoto von Cindy Sherman, in dem bekannte Positionen und Wahrnehmungsmuster so manipuliert sind, dass sich ein völlig verzerrtes Bild ergibt.
8. Weibliche Kreative. Wir freuen uns schon darauf, die Frauen und ihre Kreativität zu feiern – sie sind bemerkenswerte Figuren auf dem Feld der Kreativität, Pioniere ihrer Zeit und haben immer größeren Einfluss. In dieser Entwicklung liegt das Hauptaugenmerk auf Geschlechterrollen und Diversität zum Zwecke einer ausgeglicheneren Perspektive.
Der Wunsch nach Einfachheit
2016 war geprägt von digitalem Chaos, Ablenkung und Ungewissheit. 2017 ist die Welt auf Einfachheit und Wahrheit aus. In der Kunst spiegelt sich dies in einer Rückkehr zur Natur und Gedanken über unser Verhältnis zum Planeten Erde wider. Funktionalität wird beliebter als Form werden und Einfachheit den Weg ebnen zu einem minimalistischen Design getreu dem Motto „weniger ist mehr“. Maximieren Sie Weißräume und Layouts, die simpel, sauber und unverfälscht sind. Redaktionelle Fotografie wird zudem Realitäten beleuchten, die auf moderne Verbraucher und Designer mit einer Vorliebe für Klarheit und Transparenz ansprechend wirken. Sauberes, zweckmäßiges, ungefiltertes Material bestimmt das Streben nach dem Alltäglichen.
9. Niemand ist eine Insel: Bei diesem Trend kommt die Inspiration aus natürlichen Kräften, erforscht wird hier das Verhältnis des Menschen zu allen anderen Organismen auf der Erde. Je mehr wir uns unserer relativen Hilflosigkeit gegenüber den Kräften der Natur bewusst werden, fragen wir uns, wie Natur, Raum und Einsamkeit auf kreative Arbeit einwirken. Wir werden uns bemerkenswerte Beispiele aus der kreativen Szene anschauen, bei denen die Inspiration aus der Weite und der Rohheit der Natur hervorgeht.
10. Zweck vor Schönheit: Funktionalität siegt über Form, wenn beide nicht gemeinsam verfügbar sind. Ein Mangel an Inhalt ist nicht mehr durch schöne Hüllen zu verschleiern – an erster Stelle stehen Gehalt und Gewicht. Soziale Medien haben jedem eine Stimme gegeben und Stars wissen, dass die Menschen mehr von ihnen erwarten als nur ein paar Selfies – wir wollen auch geistreiche Unterstützung bei sozialen Themen. Ein Beispiel hierfür ist die Vogue, die normalerweise bekannt ist für ihre Berichte zu Mode und Aussehen, im vergangenen November aber einen Schwerpunkt Politik hatte – eine neue Richtung mit absoluter Relevanz für die weibliche Leserschaft.
11. Minimalismus: Vorbei sind die Zeiten von Extravaganz. So bewegt, wie die Welt heute ist, kehren wir zu den Grundlagen zurück und konzentrieren uns auf das wirklich Nötige. Gegen Luxus, für natürliche Schönheit und eine Rückbesinnung auf den Gedanken, dass weniger mehr ist.
12. Dokumentarische Realität: In Anbetracht der Wirklichkeit militärischer, gesellschaftlicher, kultureller und politischer Konflikte weltweit schwinden Marotten schnell dahin und rosarote Linsen – Pantones Farbe des Jahres 2016 – erscheinen unzeitgemäß. Brutale, unerwartete, wenig tröstliche – dafür wahrheitsgetreue – Bilder sind gefragt. Durch Fotografie wird die Kraft authentischer Bilder betont werden, wie in den bewegenden Szenen mit Migranten auf dem Versuch, nach Europa zu gelangen, oder die Zerstörung Aleppos. Sie mögen quälend deutlich sein und Schmerz auslösen, aber sie erwecken Gefühle in der Welt, die anderenfalls im Verborgenen bleiben würden.
Mit neuen Tools, neuen Erwartungen und einem neuen Gefühl für Sinn werden Designer mehr Freiheit und Flexibilität genießen können, um originell zu sein und auf der Grundlage von Authentizität und Emotion eindrucksvolle Verbindungen mit ihrem Publikum herzustellen. Vor dem Hintergrund der Diversität werden Erzählkunst und Persönlichkeit wertvoller denn je werden – und das ist ein Grund zur Freude für Verbraucher und Kreative.