Gefühlt bietet jeder zweite Fotograf auf seiner Website einen Blog an. Beim Besuch des Blogs stellt sich aber raus, dass es sich nicht um einen Blog im eigentlichen Sinn handelt, sondern zum Beispiel um das „Making-of“ von Bildproduktionen oder um neue Motive, die das Portfolio erweitern. Eine „Meinungsäußerung“ im Verständnis eines Blogs betreiben wenige Fotografen. Um seinen Kunden und Interessenten neue Bilder zu zeigen oder ein aktuelles Projekt vorzustellen, brauchen Fotografen keinen Blog, dafür ist etwas anderes besser geeignet.
wenn ich an einen Blog denke, assoziiere ich zwei Punkte: Zum einen befällt mich Unbehagen, weil ich mir vorstelle, viel Text lesen zu müssen, den sich irgendwer ausgedacht hat, den ich nicht kenne und von dem ich nicht sicher bin, dass mich seine Meinung interessiert. Und generell lese ich nur Texte, erst recht online, wenn schon die Headline gelungen ist und mich das Thema wirklich interessiert. Obendrein wäre ein bekannter Autor oder Fotograf eine echte Entscheidungshilfe. Aber berühmte Fotografen schreiben keine Blogs.
Zum anderen fällt mir der BFF-Blog ein. Bevor kürzlich die neue Website des Verbandes online ging, hat der BFF eine Blog-Website gelauncht, die als Übergangslösung gedacht war und so gut gelungen war, dass ich die Fotografen-Portfolios darauf oft durchgestöbert habe. Eine simple Konzeption, eingängig präsentiert, mit einer attraktiven Usability und frischer Gestaltung. Der einzelne Fotograf hatte eine „Kachel“, auf der man sein Portfolio abrufen konnte. Ein Blog im eigentlichen Sinn war diese Website nicht. Sie war viel besser. Dieser „Blog“ hat aktuelle Projekte von Fotografen gezeigt, die unkompliziert präsentiert wurden und sich selbst erklärten. Ohne viel Text und Schnörkel legte er den Fokus auf die Bilder und informierte dadurch gezielt und schnell über neue Bildsprache, Themen und Veröffentlichungen der beteiligten Fotografen. Das heißt aber auch: Für wenige Fotografen ist es zielführend, einen Blog im herkömmlichen Sinn zu führen. Denn ein guter Blog benötigt informative und unterhaltsame Texte, die sich auf relevante Themen innerhalb der Branche beziehen. Erfolgreiche Fotografen-Blogs bieten ihren Lesern eine Mischung aus editierten Bildern oder Serien, praktischen Tipps oder Kaufempfehlungen. Sie geben Einblick in ihre Arbeit, sprechen Buchempfehlungen aus und vermarkten eigene Arbeiten scheinbar nebenbei.
Der Weg zum Blog ist relativ einfach. Portale wie wordpress.de, tumbl.com oder blogger.de ermöglichen einen gut beschriebenen und kostenlosen Einstieg. Allein in Deutschland gibt es über 300.000 Blogs, davon zirka 3.000 Foto-Blogs. Deshalb ist es entscheidend, dass ein Blog einen echten Mehrwert für das Publikum bietet. Fotografen, die sich mit ihrer Arbeit an Werbeagenturen oder Magazine im Lifestyle-Segment richten, sollten ihre Arbeiten für diese Zielgruppe aufbereiten. Eine Online-Präsentation, die Bilder in den Fokus stellt und durch zurückgenommene Gestaltung einen hochwertigen Rahmen für das Portfolio bietet ist grundsätzlich empfehlenswert. Wenn die Website zusätzlich einen Bereich integriert, der eine „Blog-Funktion“ übernehmen soll, gibt es allerdings bessere Möglichkeiten, als den Bereich Blog zu nennen. Die meisten Blogs sind keine. Sie informieren ausschließlich über neue Projekte und Aufträge. Da ist es zielführender diesen Bereich der Website dem eigentlichen Zweck anzupassen undeinen News-Bereich anzubieten, der hält, was er verspricht und auch so heißt. Zum Beispiel „News“, „Aktuelles“ oder „Neue Projekte/Referenzen“, etc. Kunden wollen keine langen Texte oder Kaufempfehlungen lesen, wenn sie einen Fotografen suchen. Sie suchen schnell und gezielt nach einem Thema, einer Branche oder einer Bildsprache. Denn immer haben sie einen Kunden im Hintergrund, für den sie produzieren wollen. Sie sind also nicht in der Stimmung und der Situation, sich auf einem Blog unterhalten zu lassen, sondern klickenund scrollen sich gezielt durch das Portfolio und die aktuellen Arbeiten. Überlegen Sie gut, wer Ihre Zielgruppe ist und wen Sie mit Ihrer Online-Präsenz gewinnen wollen. Denn das ist entscheidend, ob Sie sich mit einem Blog und entsprechenden Inhalten an den Markt richten oder mit einem „News-Room“ eine Präsentationsfläche für Ihre aktuellen Arbeiten einrichten.
Und brauchen Sie einen Blog? Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, dem Auftritt und der digitalen Präsentation.
www.silkegueldner.de
Dieser Artikel wurde in der ProfiFoto Ausgabe 5/16 veröffentlicht.