Es gibt viele Plattformen für gute Fotografie, Nachwuchsförderung oder Wettbewerbe. Als Fotograf kann man von einer Portfolio-Sichtung zur nächsten ziehen und ein Festival nach dem anderen besuchen. Immer geht es um besondere Bilder, außergewöhnliche Themen oder eine künstlerische Umsetzung. Aber wie kommen Fotografen zu diesen Ergebnissen und vor allem: Wie können Fotografen sich und Ihre Arbeiten am besten vermarkten? Ein bisher vernachlässigter aber enorm wichtiger Punkt in der professionellen Fotografie. Einige Institutionen haben das jetzt auch für sich als Dienstleistung entdeckt. Endlich.
Rich and famous“ so lautet zum Beispiel ein Workshop, der sich an Nachwuchsfotografen richtet und sie dabei unterstützen soll, besser aufzutreten, sich gut zu verkaufen und die richtigen Leute anzusprechen. Wer, wann und wie? Die großen W-Fragen beschäftigen viele Fotografen und nicht nur den Nachwuchs. Fotografen sind nicht immer Naturtalente in der Selbstvermarktung. Sie brauchen in der Regel Hilfe, ihre Arbeiten erfolgreich auf dem Markt zu platzieren. Das haben einige Institutionen offenbar nun erkannt. Man fragt sich nur, warum diese Themen nicht bereits in den Ausbildungen und Studiengängen integriert werden. Ist es Angst vor der Kommerzialisierung
junger Talente? Wenig förderlich ist es, wenn Fotografen hohe Erwartungen in Portfolio-Sichtungen setzen. Nicht selten sind die SichterInnen in Bezug auf eine gute Gesprächsführung ungeschult. Das subjektive, nicht professionell vermittelte Feedback zu den Arbeiten wirkt, obwohl vielleicht sachlich richtig, im Ergebnis kontraproduktiv.
Jim Rakete hat kürzlich in einem Interview mit Deutschlandradio Kultur gesagt, dass der Beruf Fotograf „heutzutage selbstgewähltes Elend“ sei. Ihn habe die Fotografie „nicht reich, aber glücklich gemacht.“ Wenn man Fotografie als kreatives Unternehmen betrachtet, spielen dieselben Maßstäbe wie in anderen selbständigen Berufen eine Rolle für den Erfolg des Unternehmens. Und gerade, weil es sich um einen eher künstlerischen Beruf handelt, braucht es unternehmerisches Denken und Planen wie in anderen Berufen, um voranzukommen. Ein Grundwissen in Bezug auf Marketing und Akquisition oder ein Bewusstsein, wie ich als Person wirke,
spielt genauso eine Rolle, wie die Qualität der Arbeit. Ich unterstütze Fotografen seit vielen Jahren dabei, ihre Akquise zu planen und bespreche mit Ihnen, an wen sie sich wenden sollen, wie sie den Kontakt am besten herstellen und was sie im Gespräch zeigen können. Dennoch bin ich immer wieder überrascht, dass viele junge Fotografen nicht wissen, wie sie vorgehen sollten. Niemand hat ihnen gesagt, wer der Ansprechpartner in einer Redaktion oder in einer Werbeagentur ist und was in einem Mappentermin wichtig ist. Auch das Thema Social Media als wichtiges Akquise- und Marketingtool wird zu selten ausführlich behandelt. Immerhin steht auf dem Lehrplan einer Hamburger Hochschule für Fotografie, dass die Studenten eine bestimmte (sehr hohe) Anzahl an Instagram Followern am Ende des Semesters erreichen sollen. Vielleicht wird ja als nächstes darüber gesprochen, welche Inhalte für den Stream wirklich relevant sind?
Fest steht: Akquise und Marketing sind kein Hexenwerk, und ich möchte Ihnen Mut machen, sich darum zu kümmern. Gehen Sie raus, zeigen Sie Ihre Arbeiten, suchen Sie Gespräche mit potenziellen Auftraggebern und knüpfen Sie vor allem Kontakte. Besser als jede Kaltakquise ist ein gutes Netzwerk, das Sie für Empfehlungen und Feedback nutzen können. Und suchen Sie die Menschen gut aus, von denen Sie sich Feedback einholen. Ein negatives und unqualifiziertes Feedback wirkt lange nach. Es ist richtig, dass Mappentermine bei der Wunschagentur nicht mehr so leicht zu bekommen sind. Trotzdem sollten Sie es versuchen und sich ergänzende Maßnahmen überlegen, wie Sie Ihr Portfolio oder Ihre Website unter die Leute bringen. Es hilft, sich für die Akquise kleine Ziele zu setzen. Fangen Sie mit einer Stadt oder nur wenigen Kontakten an, schauen Sie, wie es läuft und gehen Sie dann erst
den nächsten Schritt.
Die beste Haltung für erfolgreiche Akquise ist Selbstbewusstsein. Bereiten Sie deshalb alles gut vor, aktualisieren Sie Ihre Website und überprüfen Sie die Themen in Ihrem Portfolio. Eine schicke Visitenkarte mit aktuellen Kontaktdaten oder eine coole Postkarte als Give-away runden Ihren Auftritt ab.
Und wann geht es bei Ihnen los?
Silke Güldner berät Fotografen und Kreative bei der richtigen Positionierung, dem Auftritt und der digitalen Präsentation.
www.silkegueldner.de
Ein Artikel aus der ProfiFoto 4/16.