Die Leitz Photographica Auction feiert am 18. Oktober 2024 im Rahmen der diesjährigen Fotografie-Versteigerung eine Premiere. Unter dem Titel „Gestures“ findet die Versteigerung erstmals direkt in der Leica Galerie Wien statt, wo ab 4. Oktober über 100 Lose bei freiem Eintritt besichtigt werden können.
Zu den Highlights der Auktion zählen bedeutende Werke von Fotografen wie Nan Goldin, William Eggleston, Alfred Eisenstaedt und William Klein. Im Mittelpunkt der Fotografie-Auktion von Leitz Photographica Auction stehen Gesten, im wörtlichen wie metaphorischen Sinne. In ihrer Gesamtheit spiegeln die zu ersteigernden Werke die enorme Vielfalt der Fotografie-Historie wider und versammeln die unterschiedlichsten Stilrichtungen, Perspektiven und Motive. „Die Faszination Fotografie in all ihren Facetten mit Enthusiasten des Mediums zu teilen – und diese Begeisterung auch in interessierten Neulingen zu wecken – war schon immer der Anspruch unsere Auktionshauses. Das zeigt sich nicht zuletzt in der spannenden Auswahl an Losen, die wir im Rahmen von ‚Gestures‘ anbieten“, so Alexander Sedlak, Geschäftsführer von Leitz Photographica Auction.
Zu weiteren Highlights der Auktion und ihrer zugehörigen Ausstellung zählt unter anderem William Kleins Fotografie „Hand, Beyrouth“. „Das Werk ist ein Paradebeispiel für die direkte, radikale Bildsprache des 2022 verstorbenen Künstlers. Abseits gängiger Konventionen ließ Klein seine Motive mit der Kamera in unerwarteten Bildausschnitten interagieren. Dass dabei – so wie hier – Beobachter am Bildrand mitunter zu ahnungslosen Protagonisten wurden, lag an seiner unkonventionellen Methode. Zum einen verwendete Klein Weitwinkelobjektive, zum anderen arbeitete er mit körnigem Kontrast und Unschärfen, die unsere Wahrnehmung menschengefüllter Straßen und Bürgersteige in Frage stellen“, erläutert Caroline Guschelbauer, Fotografie-Expertin von Leitz Photographica Auction und hauptverantwortlich für „Gestures“. Kleins Fotoessays, die er in heute legendären Bildbänden wie „New York“, „Tokyo“ oder „Rome“ publizierte, fingen die rohe Intensität urbaner Landschaften ein, und zwar so, als wolle er die Stadt intuitiv und radikal neu erfassen. Die Aufnahme „Hand, Beyrouth“ von 1963 verdeutlicht Kleins experimentelle Herangehensweise an die Fotografie.
Während sich Gesten als roter Faden durch Auktion und Ausstellung ziehen, findet sich unter den Highlight-Losen auch das eine oder andere ohne menschlichen Protagonisten. So etwa ein Werk des Farbfotografie-Pioniers William Eggleston. „Sein Faible für gewöhnliche Gegenstände und Alltagssituationen erhob Eggleston mit einer ‚demokratischen Arbeitsstrategie‘ zur vielbeachteten und ästhetisch prägenden Kunstform: Die abgelichtete Wirklichkeit ist bei ihm ein Auszug des Vorgefundenen. Alles im Bild besitzt dieselbe Wichtigkeit, weder der Mensch noch der Gegenstand dominieren“, wie Guschelbauer erklärt. Egglestons Aufnahmen zeigen Wohnhäuser, Autos, Restaurants und ihre Besucher oder, wie hier der Fall, den Springbrunnen im Kaiserpark von Bad Ischl. Als Gast des Steirischen Herbstes verschlug es den Fotografen 1983 ins Salzkammergut, wo die vorliegende Aufnahme entstanden ist. Der ausgewählte Bildausschnitt des touristischen Motivs erzeugt Spannung, weil er nur einen Teil der Geschichte preisgibt und damit gleichzeitig die meisterliche Handschrift des Fotografen selbst enthüllt.
Ein Blick, keine Geste sticht bei Nan Goldins Fotografie „Jimmy Paulette on David’s Bike“ ins Auge, die das Cover der neuen, erweiterten Ausgabe von Goldins ikonischem Bildband „The Other Side“ (ursprünglich 1993 veröffentlicht) ziert. Es ist ein Blick, der voller Zuversicht und Selbstverständlichkeit in eine bessere Zukunft gerichtet ist. Eine Zukunft, in der sich Transgender-Personen und Drag Queens, wie sie Goldin von den frühen 1970ern an in der Bostoner Bar „The Other Side“ porträtierte, ihren Platz in Gesellschaft, Popkultur und Mainstream erkämpft haben. „Die Fotografie, aufgenommen im Jahr 1991, zeigt Goldins enge Freunde Jimmy und David, die sorglos durch die Straßen von New York City radeln. Jimmy sitzt auf dem Gepäckträger des Fahrrads und blickt kühn und voller Zuversicht in Goldins Kamera, als ob er bereits ahnen würde, dass die Selbstbestimmung von Geschlechtern und Identitäten eines Tages keine Illusion mehr sein wird. Die einprägsame Aufnahme vereint damit auch die wichtigsten Attribute von Goldins Werk: die Intimität ihrer Porträts, die Authentizität der dargestellten Subjekte und die subtile, aber kraftvolle Auseinandersetzung mit sozialen und politischen Themen“, so Caroline Guschelbauer.
Ein weiteres Highlight von „Gestures“ dreht sich um eine kunstvoll einstudierte Bewegung – schwungvoll und graziös gleitet René Breguet, Oberkellner des Grand Hotel St. Moritz über das Eis. Zu Beginn der 1930er-Jahre bot sich Gästen dort ein besonders Spektakel. Elegant gekleidete Bedienstete auf Schlittschuhen servierten Champagner und Cocktails auf der bestuhlten Eisbahn vor dem Hotel. Breguet beherrschte dies so gut, dass er selbst bei einem Sprung über die Stühle keinen Tropfen verschüttete. Dass dies einiges an Übung erfordert, dokumentierte Alfred Eisenstaedt in einer dazugehörigen Bildreihe, die Jungkellner beim Training zeigt und 1936 im „LIFE Magazine“ publiziert wurde.
Die Ausstellung „Gestures“ ist ab dem 4. Oktober bis zur Fotografie-Versteigerung am 18. Oktober 2024 in der Leica Galerie Wien zu sehen.
Foto oben: Horst P Horst, Coco Chanel, Paris 1937