Die 8. Triennale der Photographie Hamburg wird in zwölf Ausstellungen ab dem 20. Mai 2022 das Thema Currency aus verschiedenen Blickwinkeln und in unterschiedlichen Interpretationen beleuchten.
Vom Fotoalbum aus der Kolonialzeit, über bildgewordene Phantasien, experimentelle Aufnahmen bis zur sozialen Dokumentarfotografie reicht die Auseinandersetzung mit den vielfältigen Möglichkeiten, mit denen Fotografien produziert, zirkuliert und interpretiert werden. Den Ausstellungsparcours durch Hamburg haben die künstlerische Leiterin Koyo Kouoh und ihr internationales Team sowie die Kuratoren der zehn beteiligten Museen und Ausstellungshäuser in Hamburg entworfen. Die Ausstellungen werden von zahlreichen Veranstaltungen und einem mehrtägigen Festival im Juni 2022 begleitet.
In der Halle für aktuelle Kunst der Deichtorhallen Hamburg untersuchen Koyo Kouoh, Rasha Salti, Gabriella Beckhurst Feijoo und Oluremi C. Onabanjo das „retinale Zeitalter“, in dem Bilder das Sehen und Gesehenwerden grundlegend prägen. Die Gruppenausstellung Currency: Photographie jenseits der Aufnahme zeigt in experimentellen Aufnahmen, dokumentarischer Praxis und alle Sinne ansprechenden Beschwörungen, wie Wissen entsteht und wie es über künstlerische Ansätze zum Medium der Photographie ergründet werden kann.
Mit Arbeiten von Akinbode Akinbiyi, Ziad Antar, Vartan Avakian, Oroma Elewa, Anne-Marie Filaire, Alfredo Jaar, Clifford Prince King, Marilyn Nance, Guevara Namer, Otobong Nkanga, Rana El-Nemr, Jo Ratcliffe, Cecilia Reynoso, RaMell Ross, Raed Yassin, Paul Yeung und anderen.
Gleich zwei Ausstellungen der Triennale widmen sich dem Fotografen Herbert List: Das Bucerius Kunst Forum zeigt mit Das magische Auge die erste internationale Gesamtschau seines Werks seit mehr als zwei Jahrzehnten. Die Retrospektive spannt den Bogen von seinen surrealistischen Werken über seine bildgewordenen Träume einer lebendigen Antike und die umfassenden Bildreportagen außereuropäischer Kulturen bis zu den Männerakten, mit denen List ein Bekenntnis zur eigenen Homosexualität ablegte.
Im Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg ist „Präuschers Panoptikum. Ein Bilderbuch“von Herbert List zu entdecken. Die Ausstellung präsentiert das noch nie gezeigte Buchprojekt von Herbert List mit Fotografien aus den 1930er und 1940er Jahren sowie Zeitschriftenartikel,
Wachsfiguren aus dem Wiener Wachsfigurenkabinett und den originalen Buchentwurf. Die Schau folgt der Zirkulation von Lists Fotografien seit ihrer Entstehung und zeigt so die historischen Kontexte auf, die die Lektüren seines Werks über die Jahre verändert haben.
Um Zirkulation und den Bedeutungstransfer von Fotografie geht es auch in der Ausstellung der Hamburger Kunsthalle: „Give and Take. Bilder über Bilder“ beschreibt, wie Bilder über geografische, kulturelle und soziale Grenzen hinweg zirkulieren und dabei ihren ursprünglichen
Kontext verlieren; ihre Bedeutung lässt sich kaum noch kontrollieren. Die Künstler der Gruppenausstellung reagieren in ihren aktuellen Fotografien, Filmen und Installationen auf Bilder, die aus einer anderen Zeit stammen oder für einen anderen Zweck entwickelt wurden. Mit
Arbeiten von Viktoria Binschtok, Sara Cwynar, Louise Lawler, Max Pinckers, Walid Raad, Volker Renner, Taryn Simon, Wolfgang Tillmans und anderen.
Zwei Ausstellungen widmen sich den Auswirkungen von Umweltzerstörung: Der Kunstverein in Hamburg präsentiert die Künstlerin und Fotografin LaToya Ruby Frazier in einer Soloausstellung:
Sie hat die anhaltende Wasserkrise in Flint, Michigan, dokumentiert und zeigt in Flint is Family, Act III, dem letzten Teil der Serie ihrer formal scharfsinnig wie politisch eindringlichen Fotografien, wie sich die Vernachlässigung der städtischen Wasserversorgung durch Industrie und Regierung unmittelbar auf das Leben der Gemeindemitglieder auswirkt. Im Kunsthaus Hamburg ist ein umfangreiches Rechercheprojekt des italienischen Designduos formafantasma zu sehen: Cambio zeichnet anhand von filmischen Bildessays die Entwicklung und Regulierung der globalen Holzindustrie nach, die vor gut 200 Jahren vor allem in den kolonialisierten Regionen der Erde entstand und das Verständnis von Natur als Rohstoff und „Währung“ prägte.
Das Museum am Rothenbaum – Kulturen und Künste der Welt hinterfragt seine fotografische Sammlung auf ihre ursprüngliche Bedeutung als eine „Währung“ im globalen Handel. Im Mittelpunkt von Archiv der Erfahrungen steht ein Fotoalbum von 1868 mit Aufnahmen aus Singapur, das aus dem Nachlass einer Hamburger Kaufmannsfamilie stammt. Die Ausstellung thematisiert die vielschichtigen Erinnerungen und umstrittenen Bedeutungen dieses ursprünglich privaten Bildbestandes und lädt den Stipendiaten Kelvin Haizel ein, künstlerisch auf die Sammlung an Fotoalben des Museums zu reagieren.
Die Stiftung Historische Museen Hamburg zeigt in drei Ausstellungen historische Bezüge auf das ewig aktuelle Thema: Macht Mittel Geld, die Ausstellung im Museum für Hamburgische Geschichte, nimmt Currency wörtlich: Die Sammlung verfügt über einen bedeutenden Bestand
an Münzen, die einen besonderen Aspekt der Kolonialgeschichte widerspiegeln. Münzen und Geldscheine waren Ausdruck der herrschenden Kolonialmacht in den entsprechenden Ländern. Sie dienten nicht nur als klassisches Tauschmittel für die Wirtschaft, sondern zeigten auch
symbolstark in Form von Wappen und Inschriften, wer vor Ort das Sagen hatte. Eine fotografische Geschichte der wichtigsten Arbeitskämpfe von den 1960er Jahren bis heute präsentiert das Museum der Arbeit mit Streik! Bewusstsein und Solidarität wurden durch eine visuelle Kultur der Arbeitskämpfe – beispielsweise durch Pressefotografien – verbreitet und beeinflussten sowohl die beteiligten Akteure als auch das Selbstverständnis der Gewerkschaften.
Mit Hamburg im Blick – Fotografien von Hans Meyer-Veden zeigt die Stiftung F.C. Gundlach im Jenisch Haus den Flaneur mit Kamera in der Begegnung mit der Großstadt – zu Fuß unterwegs fotografierte Meyer-Veden mehr als drei Jahrzehnte Architekturensembles und -details in den schmalen Gassen von Altona und zwischen den Kontorhäusern der Speicherstadt sowie technische Apparaturen und Anlagen im Hafen und die immer wieder neu erscheinende Wasseroberfläche der Elbe. Die Deichtorhallen Hamburg richten noch zwei weitere Ausstellungen aus: In der Sammlung Falckenberg wird die Hamburger Mode- und Werbefotografin Charlotte March neu entdeckt. Die groß angelegte Werkschau legt den Fokus auf Fotografien Hamburgs der Nachkriegsepoche zwischen Kolonialerbe, Alltagsleben und moderner Urbanität. Die Ausstellung Behind the Scenes im PHOXXI, dem temporären Haus der Photographie, dreht sich um Prozesse von Austausch und Veränderung, mit denen die Sammlung F.C. Gundlach konfrontiert ist. Christoph Irrgangs Fotografien bieten Einblicke in den Mikrokosmos dieser privaten Sammlung, deren kultureller Wert als machtvolle „Währung“ vor Augen geführt wird. Weitere Informationen zu den Ausstellungen des Triennale-Parcours auf
www.phototriennale.de/de/#parcours